“Trinkst du die Whiskys eigentlich alle?“, fragte mich letztens ein guter Freund und deutete auf die unzähligen Proben und Flaschen in meiner Whisky-Vitrine. Denn für jede Flasche, die sich leert, kommen gefühlt zwei neue hinzu. Die Sammlung wächst immer weiter. Tatsächlich gibt es nämlich eigentlich nur zwei Arten von Whiskys: Solche die man nur ein- oder zweimal verkostet und solche wie den 1776 Straight Rye Whiskey Barrel Proof.
Denn diesen amerikanischen Roggen-Whiskey hatte ich über die letzten Monate hinweg immer wieder im Glas. Er ist das was die Amerikaner einen “sipping-whiskey” nennen und damit meinen: Den kann man sich gut zum Feierabend einschenken. Eis ins Tumbler-Glas, Rye Whiskey darauf und fertig ist der Drink. Das hat dazu geführt, dass der Füllstand meines 1776 Rye Barrel Proof dem Glasboden entgegengeht und ich noch keine Zeile über ihn geschrieben habe. Höchste Zeit das nachzuholen und euch diesen Premium-Rye aus dem Hause James E. Pepper vorzustellen!
Die kurze Geschichte der James E. Pepper Destillerie
Der 1776 Rye Whiskey wird ebenso wie der 1776 Bourbon von der Marke James E. Pepper hergestellt. Sebastian hat die Historie des Herstellers auf Galumbi.de sehr schön erzählt, deshalb hier nur eine Kurzfassung für euch: Gegründet wurde die Marke erstaunlicherweise nicht 1776, sondern im Jahr 1780 von Elijah Pepper. Also vier Jahre nach der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Zu dieser Zeit gab es einen Bourbon, aber der trug wohl keine Jahreszahl im Namen.

Auf Elijah Pepper und seinen Sohn Oscar Pepper folgte im Jahr 1867 Colonel James E. Pepper, der wohl am meisten zum Glanz der Marke beigetragen hat. Er benannte den Whiskey in “Old 1776” um – wohl wissend wie gut ein patriotischer Name mit der Jahreszahl der Unabhängigkeit bei den Amerikanern ankommen würde. Dass er Pferderennen im Kentucky Derby ritt, in seinem eigenen Eisenbahnwaggon umherreiste und an der Einführung des Old Fashioned-Cocktails beteiligt gewesen sein soll, sind zwar nur Nebenschauplätze, zeigen aber was für ein kurioser Tausendsassa James E. Pepper gewesen sein muss.
Die Marke lief viele Jahre gut, die James E. Pepper-Destillerie überlebte die Prohibition (durfte währenddessen weiter Whiskey für “medizinische Zwecke” brennen) und ging dann nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1958 sang- und klanglos unter.

Im Jahr 2008 wurden 1776 Bourbon und Rye wiedergeboren
Ziemlich genau 50 Jahre später fand sich im Jahr 2008 mit der Georgetown Trading Co. ein Investor, der die tote historische Marke wieder beleben wollte. James E. Pepper bekam ein neues Design. Der Whisky wird nicht selbst hergestellt, sondern in der Großdestillerie MGP in Indiana gebrannt. Zwar hat die Marke vor kurzem eine eigene Destillerie am historischen Standort in Lexington (Kentucky) eröffnet, aber der Standort mitten in der Innenstadt und das Umfeld samt Pizzeria und Eisladen deuten darauf hin, dass es hier eher um die Show geht, als um eine komplette Verlagerung der Produktion. Und nicht zuletzt ist es natürlich einfacher Besucher auf dem Kentucky Bourbon Trail zu sich zu locken, wo schon etablierte Namen wie Buffalo Trace, Jim Beam oder Maker’s Mark ihre Whiskeys brennen.
Eine Mash Bill mit 90 % Roggen
Wo Rye draufsteht ist auch wirklich Roggen drin: Der Roggenanteil in der Maische des 1776 Rye Whiskey soll 90 % betragen. Es wird vermutet, dass der Whiskey nur für etwas über 2 Jahre in neuen Eichenholzfässern reift. Anschließend wird er in Fassstärke (amerikanisch: Barrel Proof) abgefüllt, hat in unserem Fall also stolze 58,6 % Alkoholgehalt. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die erhöhte Stärke zum jungen Alter verhält: Kann der 1776 Rye uns pur und ohne Unterstützung durch Eiswürfel im Nosing-Glas überzeugen?

Unser Tasting des 1776 Rye Barrel Proof (58,6 %)
Wie riecht er?
Der Roggen ist sofort da: Eine würzig-kräuterige Note durchzieht den Duft des 1776 Rye und kitzelt in der Nase. Sie erinnert an Zitronenpfeffer, Estragon und Thymian. Dazu ein Hauch Mandarinenschale. Dahinter liegen verschiedene Getreidenoten gepaart mit Vanille und Ahornsirup. Ein frischer und trotz des erhöhten Alkoholgehalts von 58,6 % erstaunlich weicher Geruch, der bisweilen ins Cremige tendiert und dann an Quark mit frischen Früchten erinnert.
Wie schmeckt er?
Holla, was für ein Whiskey! Der 1776 Rye trumpft direkt auf, verteilt seine markanten Aromen im Mund. Erneut viel Roggen mit kräuteriger Note, die an Estragon und Thymian erinnert. Auch Knäckebrot mit Kräuterfrischkäse. Würzig und spicy – der Alkohol gibt den Aromen erst Kraft, bringt zugleich aber auch eine pfeffrige Schärfe in den Abgang. Dabei aber nicht unangenehm oder zu jung. Ein robuster Whiskey, der mit einigen Tropfen Wasser oder auf Eis aber doch noch etwas besser funktioniert als warm und pur im förmlichen Nosingglas.
Aktualisiert am 11.12.2023 um 13:46 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Wir haben den 1776 Rye im Rahmen unserer Tasting-Kooperation mit Rum & Co. zur Verfügung gestellt bekommen. Dies hatte keinen Einfluss auf unseren Test und die Bewertung.