Von der Isle of Raasay hat man einen traumhaften Blick auf die wilde Natur der Isle of Skye. Ansonsten gibt es auf der Insel: 120 Einwohner, zwei Geschäfte, ein Hotel – und seit 2017 eine neue Whisky-Destillerie mit Besucherzentrum und sechs Gästezimmern. Die Aussicht stimmt, aber die meisten Besucher sind doch wegen etwas anderem hier: Seit letztem Herbst fließt bei Isle of Raasay frischer Whisky aus den Brennblasen. Beim Whisky-Herbst in Berlin trafen wir Mitgründer Alasdair Day zum Interview: Er verriet uns im Gespräch, wie die Isle of Raasay Single Malts schmecken sollen, warum er kein Age-Statement auf die ersten Flaschen packt und weshalb die Destillerie bald schon expandieren wird…

Aktuell gibt es in Schottland bereits über 100 aktive Whisky-Brennereien. Warum wollten Sie mit Isle of Raasay noch eine weitere eröffnen?
Tatsächlich sind es mittlerweile sogar schon über 120 aktive Destillerien. Daran kann man den aktuellen Boom von Whisky sehr gut ablesen. Die Idee zu Isle of Raasay kam aus einer sehr persönlichen Motivation heraus: Mein Urgroßvater war bereits als Whisky-Blender aktiv. Er gründete sein Geschäft im Jahr 1820.
Im Jahr 2009 begann ich einige seiner alten Blend-Rezepte neu aufzulegen. Ich kaufte Whiskys verschiedener Destillerien ein und komponierte daraus die verschiedenen Abfüllungen des Tweeddale-Blends. Etwa ab 2012 wurde es zunehmend schwieriger an die Whiskys zu kommen. An diesem Punkt wurde mir klar, dass es notwendig war zu investieren, um weiter im Markt bleiben und wachsen zu können. Die Idee reifte, eine eigene Whisky-Destillerie zu gründen, um die Versorgung mit Malts selber sicherstellen zu können.
Im September 2017 war es endlich soweit und wir konnten den ersten ‘Spirit’ destillieren. Im Jahr 2020 werden dann unsere ersten Whiskys fertig sein.
Wir sind gespannt! Welchen Stil sollen die Whiskys von Isle of Raasay denn bekommen?
Wir wollen einen leicht torfigen und zugleich fruchtigen Whisky herstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir zum einen auf lange Fermentationszeiten von 115 Stunden. Und dann verwenden wir für die Gärung neben herkömmlicher ‘distillers yeast’ auch Champagner-Hefen, welche die fruchtigen Komponenten im Whisky unterstützen. Wir stellen zwei Malts her: Einen ‘peated’ und einen ‘unpeated’.
Wie stark getorft ist denn die Gerste?
48 ppm.
Wow, das ist schon eine Menge! Hat es denn Vorteile, einen stark getorften und einen ungetorften Whisky separat herzustellen? Sie könnten die Gerste ja auch einfach mit sagen wir 20 ppm torfen und dann nur einen Malt brennen…
Ja, diese Strategie bietet entscheidende Vorteile. Wir wollen einen Single Malt herstellen, der bereits in einem jungen Alter von drei, vier oder fünf Jahren eine gute Qualität hat. Die Mischung aus getorften und ungetorften Malts bringt Komplexität in den Whisky.
Deshalb verwenden wir auch drei unterschiedliche Fassarten. Zum einen ehemalige amerikanische Rye-Casks, welches eine pfeffrige Charakteristik und etwas Vanillearomen in den Whisky bringen. Dann Virgin Oak Casks aus amerikanischer Eiche. Hierbei handelt es sich nicht wie üblich um Fässer aus der amerikanischen Stieleiche (Quercus Alba), sondern um Fässer der gelben Eiche (Quercus muehlenbergii). Die sind seltener und auch teurer, aber sie bringen eine fruchtigere Charakteristik in den Whisky. Und dann verwenden wir noch Ex-Bordeaux-Weinfässer aus Frankreich.
Auf diese Weise stellen wir in nur einer Destillerie immerhin sechs unterschiedliche Whisky-Stile her!

Wie können Sie denn im Voraus wissen, dass genau diese Fass-Kombination in drei Jahren zum gewünschten Whisky-Stil passt?
Wir haben uns da einen Plan gemacht: Wir haben nach einigen Monaten erste Samples aus den Fässern gezogen und geschaut, ob der Whisky sich so entwickelt hat, wie wir uns das vorgestellt haben. Und wir haben die jungen Destillate aus den verschiedenen Fässern auch schon miteinander vermählt. Schon jetzt kommt der spätere Stil von Isle of Raasay sehr gut hervor.
Wie viel Whisky wird in der Raasay-Destillerie denn aktuell produziert?
Im Juli 2018 haben wir die Destillerie auf zwei Schichten umgestellt, womit wir aktuell rund 188.000 Liter Alkohol pro Jahr herstellen können. Wir sind damit immer noch eine sehr kleine Scotch-Destillerie. Um die Produktion weiter zu steigern, könnten wir auf drei Schichten umstellen und sieben Tage die Woche produzieren. Das würde uns auf ein maximales Volumen von ungefähr 300.000 Litern pro Jahr bringen. Das ist derzeit jedoch noch nicht geplant. Wir produzieren aktuell die Menge, die wir benötigen.
Trotzdem kommt auch so schon eine große Menge Whisky zusammen. Haben Sie auf der Isle of Raasay genügend Platz um ihn zu lagern?
Aktuell haben wir nur ein Lagerhaus auf der Insel. Da wir aber auch in Zukunft allen unseren Whisky vor Ort lagern wollen, müssen wir definitiv ausbauen. Die Planungsanfrage für vier weitere Warehouses läuft bereits. Das soll aber Schritt für Schritt passieren, ein Lagerhaus nach dem anderen. Wichtig ist uns auch, dass wir den Whisky weiterhin vor Ort abfüllen können. Für das Herunterverdünnen des späteren Whiskys auf 46 % verwenden wir übrigens das gleiche Wasser wie für die Herstellung des Whiskys. Es ist stark mineralisch und trägt zum besonderen Geschmack von Isle of Raasay bei.

Stichwort Regionalität. Kommt die Gerste von der Isle of Raasay und mälzen Sie noch selber?
Auf Raasay wird auch Gerste angebaut, die reicht aber bei weitem nicht für die Herstellung unseres gesamten Whiskys aus. Die Insel ist auch einfach sehr klein. Wir brennen aber regelmäßig Batches aus Raasay-Gerste in der Destillerie, ungefähr ein Batch pro Jahr.
Springen wir ins Jahr 2020. Werden die ersten Whiskys von Raasay ein Age-Statement bekommen?
Jeder mag “eine Zahl” auf seinem Whisky und im Idealfall natürlich eine große Zahl. Aber es ist tatsächlich eher schwierig, einen jungen Whisky zu vermarkten. Dabei ist das Alter nur ein Faktor für den Geschmack und ich denke auch, dass ein 50-jähriger Whisky nicht automatisch gut sein muss. Es hängt sehr stark davon ab, wie ein Whisky hergestellt wird. Deshalb werden unsere ersten Single Malts voraussichtlich kein Age-Statement tragen.
Üblicherweise werden Single Malts in Schottland mindestens 10 bis 12 Jahre gelagert. Das ist auch unsere Vision. Wir werden nicht all unseren Whisky sofort abfüllen, sondern ihn weiter lagern und reifen lassen. Denn in Zukunft soll es einen Isle of Raasay mit 10 oder 12 Jahren geben.
Gleichzeitig sind wir uns aber sicher, dass wir einen richtig guten Whisky mit jungem Alter herstellen können. Ob uns das gelingt, werden wir alle erst 2020 wissen. Unsere ersten Samples sind aber schon sehr vielversprechend.

Aktuell sind sie mit einem Whisky unterwegs, der auch schon den Namen Isle of Raasay trägt. Wie geht das denn?
Bis wir im Oktober 2020 den ersten eigenen Raasay Single Malt abfüllen können, haben wir den While We Wait im Programm. Er enthält zwei verschiedene Single Malts aus einer Highland-Destillerie. Einen stark getorften und einen fruchtigen, ungetorften Whisky. Der While We Wait hat also einen ähnlichen Stil wie der Whisky, den wir später in unserer Destillerie abfüllen wollen. Die Malts lagern in Bourbon-Casks und erhalten dann ein Finish in Weinfässern aus der Toskana, welche die Torfaromen um fruchtige Noten ergänzen – ganz so wie es später beim ersten Raasay Single Malt sein soll.
Es ist schon fast ein Running Gag in der Whisky-Welt, dass alle neuen Destillerien auch gleich noch einen Gin destillieren und vermarkten. Haben sie das auch vor?
Nein auf keinen Fall. Mit Gin lässt sich zwar gut die Zeit überbrücken und man kann schneller Geld verdienen. Aber wir wollen ganz klar als Whisky-Destillerie wahrgenommen werden und konzentrieren uns aus diesem Grund auf unseren Whisky. Und der soll richtig gut werden!
1 Kommentar
Informatives Interview, welches mir nochmal gut in Erinnerung ruft, was mir Calum – der Headtourguide – am vergangenen Samstag bei meinem Besuch auf Raasay erzählt hat. Der New-Make schmeckt äußerst interessant, wie ein getorfter Grappa… Lässt auf einen interessanten Whisky hoffen. Danke fürs Interview, Ph