Es ist der Traum vieler Whisky-Liebhaber, einmal im Leben eine Destillerie zu besitzen. Das unvergleichliche Gefühl zu erleben, wenn die erste Maische blubbernd in der Mash Tun gärt, die Brennblasen angefeuert werden und die ersten Tropfen des eigenen New Makes endlich fließen. Der Australier David Prior hat sich diesen Traum erfüllt und 2015 die eingemottete Bladnoch-Destillerie in den schottischen Lowlands gekauft. Auf welches Abenteuer er sich da eingelassen hat und wie der Bladnoch 10 Jahre schmeckt, erfahrt in diesem Artikel.
Der neue Besitzer von Bladnoch wurde mit Bio-Joghurt reich
David Prior hat nicht einfach gespart, um sich den Traum von der eigenen Destillerie zu erfüllen. Er war vorher schon erfolgreich: In Australien gründete er die Bio-Joghurt-Marke five:am und machte sie groß. Erdbeer, Mango, Vanille – kleine Becher mit 170 Gramm und Große mit 700 Gramm. Eigentlich nichts spannendes, aber im Jahr 2009 stand der Organic-Food-Trend am Anfang und der Joghurt, der in seiner Werbung glückliche Kühe auf grünen Wiesen zeigt, kam bei den Kunden gut an. “If you’ve got a great story to tell – milk it.”, ist auf der five:am-Webseite zu lesen. Und David Prior tat genau das: Er melkte das Joghurt-Geschäft und verkaufte es im Jahr 2014 für 80 Mio. US-Dollar an einen britischen Konsumgüter-Konzern.

Bladnoch: Eine Lowland-Destillerie mit 200-jähriger, wechselvoller Geschichte
Er war wieder frei. Und hatte Lust auf ein neues Projekt: Eine eigene Brennerei in Schottland. Aber nicht eine neu gegründete, sondern eine Destillerie mit Tradition sollte es sein. Bladnoch in den Lowlands stand zu dieser Zeit zum Verkauf. Wieder einmal, muss man sagen. Denn in der 200-jährigen Geschichte hat die Brennerei so häufig den Besitzer gewechselt, wie andere ihre Unterhose. Immer wieder erkalteten die Brennblasen. Auch der irischen Familie Armstrong brachte Bladnoch anscheinend kein Glück, sie hatte den Betrieb der Destillerie bereits eingestellt und die Firma liquidiert, als der Australier im Jahr 2015 zuschlug.

Mit Ian MacMillan ist bei Bladnoch ein Whisky-Veteran mit an Bord
David Prior tat das vermutlich einzig richtige, was man in so einer Situation tun kann: Er holte sich einen echten Experten an Bord. Ian MacMillan ist seit über 40 Jahren im Whisky-Geschäft und mit der Destillation von Malts bestens vertraut. Der gebürtige Schotte hat sein Handwerk bei Glengoyne gelernt, er brannte Grain Whisky für Port Dundas bei Glasgow und half 1991 der abgerockten Deanston-Destillerie wieder auf die Beine. Engagements für Tobermory und Bunnahabhain folgten.
Im Gespräch mit Scotchwhisky.com beschreibt Ian MacMillan seinen neuen Job bei Bladnoch als große Herausforderung: “Es ist eine wirklich traditionelle, alte Destillerie und die originalen Gebäude sehen fast noch genauso aus, wie zu der Zeit, als sie 1814-1817 in eine Brennerei umgebaut wurden. Aber als ich reinging, um eine komplette Studie von der Anlage zu erstellen, musste ich feststellen, dass es praktisch ein Schrottplatz war. Es gab sehr wenig, was ich retten konnte.”

Große Investitionen waren nötig, damit bei Bladnoch jetzt wieder Whisky fließt
Am Ende war wohl nur die alte Getreidemühle noch zu gebrauchen, alles andere musste neu gekauft werden: Der fünf Tonnen schwere Maischebottich aus Edelstahl ebenso wie die sechs Washbacks aus Douglasien-Holz und die zwei Brennblasen-Paare. Früher gab es bei Bladnoch nur ein Paar Stills. Die Kapazität beträgt nach dem Umbau immerhin 1,5 Mio. Liter Alkohol im Jahr. Bladnoch ist damit keine kleine Craft-Destillerie mehr, wird von seinen Lowland-Nachbarn aber dennoch überragt: Bei Auchentoshan können 2 Mio. Liter, bei Glenkinchie sogar 2,5 Mio .Liter Alkohol pro Jahr gebrannt werden.
Gemessen an der geringeren Bekanntheit von Bladnoch zeigt diese Investition aber auch, dass David Prior mit der Destillerie und der Marke noch Großes vor hat. Diesen Anspruch der “Queen of the Lowlands” sieht man auch im folgenden Werbespot:
Alter Bladnoch in neuen Flaschen
Der Kauf einer gebrauchten Destillerie bringt nicht nur Ärger wie veraltetes Equipment und undichte Dächer mit sich, er hat auch handfeste Vorteile: Zur Kaufmasse von Bladnoch gehörten nämlich auch mehrere Tausend Fässer Whisky, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen. Ian MacMillan machte sich daran, sie alle nacheinander zu probieren (ich bin sicher, da wäre jeder von uns gerne dabei gewesen!).
Einige Malts reiften in schlechten Fässern und wurden in neue Casks von besserer Qualität umgefüllt. Das ist ein völlig legitimes Vorgehen und ein 30 Jahre alter Whisky bleibt natürlich genauso alt, auch wenn er zwischendurch in ein neues (ggf. ebenfalls gebrauchtes) Fass umgefüllt wird. Auf der anderen Seite kann man einem mittelprächtigen alten Whisky zwar ein kräftiges Holz- oder Sherry-Finish “überbügeln”, aber er wird dadurch natürlich noch lange nicht zu flüssigem Gold. Es bleibt zu hoffen, dass Ian MacMillan behutsam mit seinen Möglichkeiten umgegangen ist.
Bladnoch bleibt damit das Schicksal vieler neugegründeter Scotch-Destillerien erspart, die über viele Jahre hinweg erst mit New Make und dann mit sehr jungem Whisky handeln müssen. Es musste auch kein Gin erschaffen werden, der den noch reifenden Malt Whisky querfinanziert. Stattdessen gibt es die ersten Abfüllungen von Bladnoch aus den noch vorhandenen Beständen.

Die aktuellen Abfüllungen von Bladnoch
Die Malts sind fantasievoll benannt. Die neuen Hausnummern bei Bladnoch lauten: Bladnoch Adela 15 Jahre (Ex-Oloroso-Sherrycasks aus spanischer und amerikanischer Eiche), Bladnoch Talia 25 Jahre (Mix aus Ex-Bourbon, Ex-Sherry, Ex-Scotch-Whisky-Casks und Finish in neuen amerikanischen Eichenholzfässern), Bladnoch Talia 27 Jahre (der gleiche Mix, aber ein Finish in Ex-Bourbon-Fässern). Und wer auch ohne Hausnummer leben kann, findet mit dem Bladnoch Samsara (was im Buddhismus und Hinduismus so viel wie ‘Wiedergeburt’ bedeutet) einen NAS-Single Malt, der in Bourbon-Fässern und kalifornischen Rotweinfässern gereift wurde.
Bevor wir derlei exotischen Genüssen auf die Spur gehen, kommt heute aber erst mal der Bladnoch 10 Jahre ins Glas. Der wurde ganz traditionell in Ex-Bourbon-Fässern gereift – diese stammen wohl aus den Jahren 2007 und 2008, als die Produktion von Bladnoch schon weit heruntergefahren war. Der Single Malt kommt ungefiltert und ohne Farbzugabe in die markant gestaltete Flasche. Beziehungsweise jetzt in unsere Nosing-Gläser.
Unser Tasting des Bladnoch 10 Jahre
Wie riecht er?
Frisch geschnittenes Gras, ein Schober voller Heu. Herb-bittere Birnenschale und grüner Apfel, eine Spur Vanille. Mit etwas Standzeit zunehmend floral und parfümig. Alles in allem leicht, aber nicht komplett belanglos.
Wie schmeckt er?
Ganz anders die Geschmacksprobe: Noch bevor es losgeht mit den Aromen, überrascht der Bladnoch 10 mit seinem spannenden, öligen Mundgefühl. Das habe ich selten so intensiv erlebt wie hier! Dann macht der Malt seinem Namen alle Ehre und trumpft kräftig malzig und getreidig auf. Ein voller Körper, der umgeben ist von kitzelnden Noten: Apfelschalen, Limette und Ingwer. Eine feine Bitterkeit durchzieht den Lowlander an dieser Stelle. Das kommt vielleicht auch vom Alkoholgehalt, der mit 46,7 % spürbar erhöht ist. Im Mittelteil etwas Vanille, aber sie spielt hier nur eine Nebenrolle. Im Abgang kickt dann das Holz rein: Zigarrenkiste und eine Spur Asche. Holzig und trocken bleibt der Bladnoch im Mund zurück.
Aktualisiert am 11.12.2023 um 03:10 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
1 Kommentar
Naja, ich dachte 10 Jahre ein bissel jung und hab ihn mir eigentlich wegen der kantigen Flaschenform gekauft. Aber Hallo, der schmeckt ja hammermäßíg. Der ist glaub ich sogar mein Lieblingswhisky neben dem violetten 12er von Glenallachie und Glendronach 21 Jahre