Im Universum des Spirituosen-Giganten Diageo steht Cardhu eher in der zweiten Reihe: Nur wenige Abfüllungen, ein altbackenes Design, keine besonderen Features, die das Herz von uns Whisky-Fans normalerweise höher schlagen lassen. Gut ablesen lässt sich das am Cardhu 18 Jahre, der gefiltert und gefärbt mit 40 % erst in die dröge gestaltete Flasche und dann in einen reichlich dünnen Pappkarton kommt.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass andere Destillerien mittlerweile so viel in die Gestaltung investieren, dass das Flaggschiff von Cardhu so abgerissen wirkt. Denn Whisky brennen müssten sie eigentlich können in der Speyside-Destillerie: Jedes Jahr werden über 3 Millionen Liter Alkohol bei Cardhu destilliert, ein Großteil für die bekannten Blends von Johnnie Walker. Die große Produktion hält den Preis niedrig: So ist der Cardhu 18 Jahre schon für rund 70 Euro zu haben. Doch bietet er dafür auch eine gute Qualität?
Cardhu ist nicht so berühmt wie andere Whisky-Marken in der Speyside
Die Single Malts von Cardhu gibt es schon relativ lange: Bereits 1965 entschied sich Diageo die Speysider auch als Single Malt Whisky zu vermarkten. Doch an die Berühmtheit so großer Namen wie Glenfiddich, Glenlivet oder Macallan reichte Cardhu dennoch nie heran. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Destillerie weiterhin einen großen Teil ihrer Malt Whiskys an Johnnie Walker liefert. So werden die Cardhu Single Malts vom Eigentümer eher etwas stiefmütterlich behandelt. Wer sie kennt, der trinkt sie – aber groß Werbung wird für Cardhu nicht gemacht.
Eher konservativ wirken auch die Abfüllungen: Cardhu 12 Jahre, Cardhu 15 Jahre, Cardhu 18 Jahre und ein Cardhu 21 Jahre. Die Age-Statements werden flankiert von zwei eher uninspirierten No-Agern, dem Cardhu Amber Rock (doppelte Reifung in Bourbonfässern) und dem Cardhu Gold Reserve (handverlesene getoastete Eichenholzfässer). Wie sieht es nun aber beim Fassmanagement aus – kann uns der Cardhu 18 in diesem Bereich vielleicht überraschen?

Was steckt drin im Cardhu 18 Jahre?
Was auffällt: Viele Fakten sind über die Herstellung des Cardhu 18 Jahre nicht bekannt. Laut Scotchwhisky.com wird die Gerste der Cardhu-Whiskys leicht getorft, der New Make auf eine Stärke von 71 % gebrannt und nach dem Einstellen auf 63,5% in Eichenholzfässer gefüllt.
Für die Reifung des Cardhu 18 Jahre sollen sowohl Ex-Bourbon-Barrels, als auch ehemalige Sherryfässer zum Einsatz kommen. Auch hier also alles wieder ganz klassisch, keine aufregenden Experimente bei der Speyside-Brennerei.
Abgefüllt wird der Cardhu 18 Jahre mit dem Mindestalkoholgehalt von 40 % und sowohl gefiltert wie auch gefärbt. Ob der Whisky seine Zeit im Fass genutzt hat oder er völlig zu Recht besser im Blend aufgehoben ist, wollen wir nun in unserem Tasting herausfinden.
Unser Tasting des Cardhu 18 Jahre
Wie riecht er?
Der Geruch wirkt mild, voll und intensiv. Er wird von einer fast sirupartigen Süße geprägt. Wir riechen reife Äpfel, süße Birnen, Aprikosenmarmelade, Weingummi und Walnüsse. Honig und Marzipan treffen auf Zitrusnoten. Auch eine Spur würzig-trockener Sherry ist erkennbar.
Wie schmeckt er?
Der erste Schluck des Cardhu 18 Jahre überrascht: Nach dem üppigen und süßen Nosing, hätten wir auch im Mund einen vollen und fruchtigen Whisky erwartet. Tatsächlich ist der Speysider zwar sehr weich, wirkt im ersten Augenblick aber recht kurz und schmal von den Aromen. Der Cardhu 18 Jahre wird von einer saftigen Süße durchzogen, die an Äpfel und reife Birnen erinnert. Dazu eine Spur Milchschokolade. Hinten ist ein schmales Brett Eichenholz ausgelegt, welches den Abgang dezent herb und würzig gestaltet.
Aktualisiert am 28.03.2023 um 11:52 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Cardhu 18 Jahre bei MySpirits bestellen…
Wir haben den Cardhu 18 Jahre im Rahmen unserer Tasting-Kooperation mit MySpirits zur Verfügung gestellt bekommen. Dies hatte keinen Einfluss auf unseren Test oder die Bewertung.
1 Kommentar
Hallo Samuel,
mach nicht so viel Werbung – bin froh, dass der immer noch so günstig ist 😉
Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob tatsächlich noch so viel Cardhu im Johnnie Walker drin ist. Die Brennerei Roseisle arbeitet seit 2010, seit 2013 kann Diageo den Whisky von Roseisle in seinen Blends einsetzen. Je älter der Whisky von Roseisle wird, desto mehr kann man dadurch die traditionellen Brennereien “entlasten” und hat mehr für Single-Malt-Abfüllungen übrig. Leider ist Diageo in diesen Dingen so gar nicht kommunikativ – sehr zu meinem Bedauern 😉