Das Gute an einem All-Inclusive-Urlaub ist, dass man sich frei an der Bar bedienen kann. Bier, Wein, Cocktails, Spirituosen – ist ja alles schon bezahlt.
Das Schlechte ist, dass häufig an der Qualität gespart wird. Das Bier aus dem Zapfhahn schmeckt dann wässrig dünn, die Cocktails sind ein farbenfrohes Feuerwerk verschiedenster Sirups und bei den “harten Sachen” werden unbekannte No-name-Fusel ausgeschenkt. Genießer haben es bei diesen Optionen schwer.
Was also trinken?
Meine goldene Regel: Wenn es nichts gibt, gibt es Scotch.

Denn bei dieser Gattung weiß ich wenigstens, was drin ist: Verschiedene schottische Malt Whiskys und ein ordentlicher Anteil Grain Whisky. Gefärbt werden darf ein Scotch Blend, aber anders als bei Rum sind weitere Zusatzstoffe ausgeschlossen.
In meinem Hotel an der türkischen Riviera hatte ich vor kurzem aber Glück. Es gab gleich drei Scotch Blends zur Wahl: Long John, J&B und Cutty Sark. Letzteren habe ich mir ins Nosing-Glas geholt und mit Blick auf das azurblaue Meer verkostet.
Wer oder was ist Cutty Sark?
Cutty Sark heißt auch ein bekanntes historisches Segelschiff. Der englische Tee- und Wollfrachter wurde 1869 zur See gelassen und war eines der schnellsten Segelschiffe seiner Zeit. Mit seinen drei Masten und maximal 43 gespannten Segeln konnte er immerhin 17,5 Knoten erreichen, das sind etwa 32 Stundenkilometer.
Eine vollbusige Hexe als Inspiration
Der Schiffs- und Whisky-Name Cutty Sark geht auf ein bekanntes Poem von Schottlands Nationaldichter Robert Burns zurück, dem 1791 veröffentlichten Tam o’Shanter. Darin ist eine Hexe namens Nannie mit einem “linen sark” – also einer Art Unterhemd unterwegs, welches zudem noch “cutty” ist, also viel zu kurz um ihre weiblichen Vorzüge zu verdecken. Ein besseres Vorbild für eine Gallionsfigur als eine solche vollbusige Schönheit konnte es praktisch gar nicht geben und so gestaltete Fredrick Hellyer of Blackwall die Cutty Sark für das Segelschiff.

Auf der Whiskyflasche des Cutty Sark ist von solcherlei erotischen Reizen nichts zu sehen, das gelbe Etikett ziert ganz schlicht das Segelschiff bei voller Fahrt.
Ein leichter Whisky für den amerikanischen Geschmack
Cutty Sark gibt es schon seit über 90 Jahren: Es war 1923, vier Jahre nach Beginn der Prohibition in den USA, als die ersten Flaschen des Whiskys verkauft wurden. Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Die erfolgreichen Wein- und Spirituosenhändler Berry Bros. & Rudd aus London hatten vielmehr den amerikanischen Markt fest im Blick. Und so kreierten sie einen Scotch Whisky aus Speyside-Malts mit eher leichtem, dezent süßem Charakter, der dem amerikanischen Gaumen munden sollte. Single Malts von Glenrothes bilden bis heute den Kern des Blends.

William McCoy schmuggelte Cutty Sark in die USA

Alkohol-Schmuggler wie der legendäre William McCoy (auch bekannt als “Bill” McCoy) brachten Cutty Sark auf dem Seeweg in die Vereinigten Staaten. Das Geschäft lief wie folgt ab: Die Briten verschifften die Spirituose zunächst zu ihren Niederlassungen nach Nassau oder Bimini auf den Bahamas. Dort wurden sie an William McCoy verkauft, umgeladen und an die Ostküste geschippert. Ein legales Geschäft, welches den schottischen Whiskyhändlern natürlich sehr gelegen kam.
Vor allem in den Bars von Chicago und New York florierte der heimliche Ausschank von Scotch Whisky. Und so erzählt die Marke Cutty Sark heute ein Stück weit auch Prohibitionsgeschichte.
Jetzt gehen wir aber endlich an Bord und sagen: Leinen los zur Verkostung!
Unser Tasting des Cutty Sark Scotch Whisky
Wie riecht er?
Frisch geschälte Äpfel und Zitronenzeste sind die markantesten Noten des Leichtmatrosen. Süß und herb zugleich. Dazu Vanille, Orangensaft und der getreidige Grain-Geruch. Hinten ein ganz feiner Hauch Torf, gepaart mit Asche. Wie eine vage, schon fast verschwommene Erinnerung an rauchige Whiskys. Allerdings natürlich kein Vergleich zu smokigen Blends wie etwa White Horse.
Wie schmeckt er?
Ein leichter Whisky mit interessantem Aromenprofil: Orangenschale, eine Spur Wacholder und Baumharz. Cutty Sark ist eher süß und mild, dabei aber keineswegs klebrig. Immer wieder schimmert der Grain leicht bitter durch. Der Abgang ist eher kurz und ganz leicht torfig.
Cutty Sark Whisky mit oder ohne Eis trinken?
Eis im Whisky ist ja ein ewiger Streitpunkt unter Genießern. Bei Scotch Blends ist es ja durchaus nicht unüblich diese “on the rocks” auf ein paar Eiswürfeln zu servieren.
Während Jason in seinem Scotch Reviews Blog strikt von Cutty Sark mit Eis abrät (“Cutty Sark is one of those blends that actually does not need ice added to it for the scotch newbie.”), konnte ich im Test den gegenteiligen Effekt ausmachen: Mir schmeckte der Cutty Sark auf Eis deutlich besser. Die bitteren Noten wurden gemildert, die zugegeben eher leichten Aromen verteilten sich im Schmelzwasser. Zum easy-sipping fand ich das ganz angenehm. Probiert am besten selbst aus, welche Variante euch mehr zusagt.
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Aktualisiert am 7.06.2023 um 04:56 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
1 Kommentar
Hmm, das Kommentarsystem hier frisst meine Kommentare. Zweiter Versuch:
Ich kann den Cutty Black – entstammt wohl der gleichen Brennerei – empfehlen, wenn es mal was anderes sein darf. Riecht und schmeckt wie ein Lakritzlikör (deutlich weniger süß als der klebrige Dirty Harry allerdings), ist aber ein Blend.