Nicht nur in Schottland wird Whisky hergestellt, auch in Deutschland gibt es mittlerweile einige kleinere Brennereien, die sich an der Spirituose versuchen. Das jüngste Whiskyfest in Berlin-Köpenick bot daher eine gute Gelegenheit, auch einige deutsche Whiskys unter die Lupe zu nehmen. So zum Beispiel von der Kleinbrennerei Fitzke aus dem Schwarzwald. Eigentlich brennt Fitzke vor allem Korn- und Obstbrände, aber auch Vodka gibt es und einen Whisky unter dem klangvollen Namen Derrina.
Das Besondere: Für die Derrina-Whiskys werden auf den ersten Blick eher ungewöhnliche Getreidesorten verwendet. So gibt es Whisky aus Buchweizenmalz, aus Dinkelmalz oder aus Hafermalz. Letzteren wollten wir zu gerne mal verkosten.
Gut auch ohne lange Lagerung?
Nicht nur die Zutaten sind außergewöhnlich, auch die Art der Herstellung weicht vom klassischen schottischen Brennverfahren ab. So heißt es auf der Webseite:
“Wir brennen zweifach und vollkommen aromaschonend nach dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik auf einer modernen Kolonnen-Brennerei und können auch aufgrund unserer inzwischen über 40-jährigen Brennerfahrung die gesundheitsschädlichen Stoffe im Vorlauf (wie z.B. das Acetaldehyd) und die Fuselalkohole im Nachlauf eines Brandes exakt abtrennen.
Unser Rohdestillat – der sog. Mittellauf eines Brandes – benötigt somit nicht die jahrelange sog. “subtraktive Reifung” (6 – 8 Jahre !!!) im Holzfass, in der durch die Offenporigkeit des Holzes die gesundheitsschädlichen Stoffe des Vor- und Nachlaufes verdunsten können und dadurch das Destillat erst genussreif wird. ” Reifen ” muss nur das, was ” unreif ” ist ! Unser Mittellauf, das “Herzstück” eines Brandes, ist also gleich nach der sauberen und aromaschonenden Destillation genießbar, mild, rund, harmonisch und bedarf eigentlich keiner langen Lagerung.”
Diese Aussagen überraschten uns sehr. Entstehen doch nach gängiger Expertenmeinung rund 60-80 % des Whisky-Geschmacks überhaupt erst durch die Lagerung in Holzfässern. Ein ungereifter Whisky (in Schottland auch New Make oder New Spirit genannt), hat dann auch eher Ähnlichkeit mit einem Kornbrand, als mit dem klassischen Scotch, wie wir ihn kennen. Und: Erst nach drei Jahren Lagerung im Fass darf man das Erzeugnis auch Scotch Whisky nennen. Kann der deutsche Derrina-Whisky also tatsächlich ohne lange Lagerung mit den schottischen Abfüllungen mithalten?
Drei Jahre im Holzfass müssen für diesen deutschen Whisky reichen
Immerhin: Auch die Brennerei Fitzke lässt ihren Whisky nicht ganz ungelagert auf die Kunden los. So heißt es auf der Webseite: “Da die EG-Spirituosenverordnung für Whisky (s. dort die Begriffsbestimmung unter L 39/29 und L 39/30) aber eine mindestens dreijährige Holzfasslagerung vorschreibt, legen wir unsere Whiskys zur Farbgebung und Aufnahme von Holzaromen zuerst ein halbes Jahr auf neue leicht getoastete 30 Liter Fässer aus slowenischer Eiche, danach zweieinhalb Jahre auf eigene gebrauchte Fässer, die vorher mit der gleichen Whisky-Sorte belegt waren und durch die vorherige Auslaugung nicht mehr soviel Gerbstoffe (Tannine) abgeben können.“
Der Derrina Hafermalz Whisky wird also insgesamt drei Jahre in Holzfässern gelagert, bevor er abgefüllt wird. Etwas seltsam fanden wir die Formulierung des Textes aber schon: Es klingt fast so, als ob der Derrina nur wegen gesetzlicher Vorschriften eine Lagerung erfährt, und nicht weil dies seine Qualität verbessert. Umso gespannter waren wir natürlich auf die Verkostung.
Unser Tasting des Derrina Hafermalz Whisky
Wie riecht er?
Der Geruch des Derrina Hafermalz ist zuerst scharf und klebstoffartig mit einer bananigen Note. Deutlich sticht der Hafer hervor. Von der Charakteristik ist der Whisky nicht fruchtig, sondern von Kräuteraromen geprägt. Wir riechen: herben und dumpfen Salbei. Insgesamt aber ein nicht sehr komplexer Duft.
Wie schmeckt er?
Im Geschmack kommt der Derrina Hafermalz Whisky süß und eher flach daher. Die Süße erinnert hierbei an Hustenbonbons (etwa Wick Blau). Der Whisky wirkt jung, sehr einfach und unkomplex. Der Trinkgenuss bleibt wegen des nichtssagenden Geschmacks leider auf der Strecke. Insgesamt eine ziemliche Enttäuschung.
Fazit: Schwache Vorstellung
Dem Derrina Hafermalz Whisky hätte möglicherweise eine längere Lagerzeit über die drei Jahre hinaus gut getan, um zu einem richtigen Whisky heranzureifen. “Reifen muss nur was unreif ist” erläutert uns der Hersteller, vergisst aber hierbei offensichtlich, dass selbst gute schottische Whiskys, die von erfahrenen Brennmeistern hergestellt werden, fast immer mehr als 10 sehr häufig sogar 16 oder 20 Jahre reifen, bevor sie durch die während der Fasslagerung aufgenommenen Aromen den optimalen Geschmack erreicht haben.
In Geruch und Geschmack ist das Destillat nicht ausgewogen, sehr unkomplex und erinnert unserer Meinung nach gar nicht mal unbedingt an Whisky. Sicher hat die Kleinbrennerei Fitzke eine hohe fachliche Expertise auf dem Gebiet der Brände – mit dem Hafermalz-Whisky tut sie sich aber in der aktuellen Form keinen Gefallen.
In Anbetracht des sehr hohen Flaschenpreises von 39,20 € für eine kleine 350ml-Flasche dreijährigen Whiskys (eine 0,7 Liter-Flasche würde stolze 78,40 Euro kosten), können wir von einem Kauf dieses deutschen Whiskys leider nur abraten. Zumal für den gleichen Literpreis bei schottischen Destillerien schon Single Malts mit 16-18 Jahren Lagerzeit aufgerufen werden, die wesentlich komplexer und ausgewogener sind, als das hier vorgestellte Produkt.
1 Kommentar
Ein sehr schöner Beitrag! Witzig und interessant sowie sehr aufschlussreich geschrieben. Kompliment!
Ich muss mich “leider” dem Résumé inhaltlich anschließen. Dabei, und um ehrlich zu sein, kenne ich den genannten Whisky nicht einmal. Dennoch steht er für mich als symptomatisch für die “heutige deutsche Whiskykultur”. Möchte wahrlich nicht jeden Whisky aus unseren Landen verteufeln, aber der Beitrag regt doch heftig zum Nachdenken an.
Auf 2 Messen hatte ich die Gelegenheit schwäbischen und bayrischen Whisky ausgiebig zu probieren und mich länger mit den Herstellern zu unterhalten. Unter anderem auf der slow-food Messe in Bremen mit der Botschafterin des schwäbischen Whiskytrails. Ich hatte zudem die Gelegenheit eine Brennerei auf Rügen zu besichtigen und konnte mir vor Ort ein Bild zu machen.
Unbegreiflich und vor allem unvereinbar für mich waren dabei die Qualitätsstufen der Destillate und die Preise. Es wurden und werden für einige Whiskys aus deutschen Landen Summen aufgerufen, die für mich nicht nachvollziehbar sind.
Danke Dir Sam für einen (endlich) mal kritischen Bericht.