Whisky wird mittlerweile nicht mehr nur in den schottischen Highlands, in den sanften Hügeln von Kentucky oder den japanischen Alpen gebrannt. Auch in Deutschland versuchen Brennmeister seit einiger Zeit mit ihren Malts die Kenner zu begeistern. Seit 2002 feuert die Hammerschmiede-Destillerie im Harz regelmäßig ihre Brennblasen an, um den hauseigenen “The Glen Els” Single Malt Whisky herzustellen. Höchste Zeit für einen Besuch und den Check: Wie gut ist deutscher Whisky heute? Was macht ihn besonders und wo liegen die Unterschiede?
Hinter Elend und Sorge wird der Harz plötzlich schottisch. Die Landstraße L600 verengt sich zur einspurigen Single Track Road, die an den Ausläufern des Brockens entlang talwärts führt. Dichter Mischwald zu beiden Seiten der Straße. Schwaden von Nebel liegen im Tal und lassen die Konturen verschwinden. Kühe grasen auf einer Wiese, ansonsten ist keine Menschenseele zu sehen. Mehr Schottland-Flair geht in Deutschland nicht!
Tatsächlich gibt es wohl kaum eine passendere Umgebung wie den südlichen Harz, um einen Single Malt Whisky nach schottischem Vorbild zu brennen. Genau das versucht Alexander Buchholz mit Glen Els seit 2002 in der familieneigenen Hammerschmiede-Destillerie. Die Brennerei gibt es schon länger, seit 1985 brannte sein Vater hier einen typischen Harzer Kräuterlikör namens Schmiedefeuer. Der Sohn war hingegen mehr vom Whisky angetan und von einer kühnen Idee: Den ersten Harzer Single Malt Whisky zu brennen.

Whisky aus dem alten Kurhaus
Im ehemaligen Kurhaus von Zorge, einem flachen, grauen Mehrzweckbau am Ortsausgang, ist an diesem Nachmittag ordentlich was los. Männer in Motorradkluft begutachten neugierig Dosen mit Harzer Whisky-Schmorwurst. Frauen in Funktionsjacken überlegen, welcher Fruchtlikör am besten zu Vanilleeis passt. So gut besucht wie das Besucherzentrum der Hammerschmiede-Destillerie war es hier wohl nur zu alten Zeiten, als der Tourismus im Harz noch richtig rund lief und das Kurhaus noch das Kurhaus war und keine Destillerie. 2005 zog Glen Els in das leerstehende Gebäude und sorgte so für einen neuen Anziehungspunkt im strukturschwachen Ort.
Julian Belz macht durch lautes Rufen auf sich aufmerksam. Der Tour-Guide mit hippem Vollbart wird uns heute zeigen, wie bei Glen Els aus gemälzter Gerste, Hefe und Wasser ein echter Single Malt Whisky wird. Und zwar ein ungetorfter, wie er gleich zu Beginn schon betont. Denn das Torfen des Malzes habe in der Region keine Tradition, hätte also auch nicht zu einem Harzer Whisky gepasst. Nun hat zwar eigentlich auch das Whiskybrennen keine längere Historie hier im südlichen Harz, aber man will ja nicht kleinlich sein. Und für alle die es etwas rauchig mögen, gibt es schließlich auch einen Single Malt namens The Alrik im Programm, dessen Malz komplett über Holzrauch getrocknet wurde.
Bis zu 25.000 Liter Whisky können pro Jahr gebrannt werden
Schon geht es in die Destillerie: Wir sehen glänzende Washbacks aus Edelstahl, wo die gemälzte Gerste mit Portweinhefe zu 8 % starkem “Bier” vergoren wird. Die Ausstattung von Glen Els ist sehr modern. Hier wurde einiges investiert, um auf dem aktuellen technischen Stand produzieren zu können. Gleich zwei kompakte kupferne Brennblasen stehen zum Whiskybrennen bereit.

Bis zu 25.000 Liter Whisky können in ihnen pro Jahr gebrannt werden, zusätzlich zu den Obstlikören, deren Alkohol aus einer Säulenbrennanlage kommt. Im direkten Vergleich zu schottischen Kleinbrennereien wie Kilchoman (200.000 Liter pro Jahr) ist die Harzer Brennerei also noch mal ein gutes Stück kleiner. Zumal Glen Els aktuell nicht mal am Limit produziert.
In den zwei bauchigen Brennblasen wird aus der Maische zunächst 500 Liter Rohbrand erzeugt, nach einem zweiten Brennvorgang in den holzbefeuerten Stills bleiben 250 Liter übrig. Von denen sind nur 125 Liter (das sogenannte Herzstück) für den Whisky nutzbar.
Glen Els setzt für die Reifung auf besondere Weinfässer
Dieser New Make, der hier auch “Baby-Whisky” genannt wird, kommt in die Fässer. Und zwar nicht in irgendwelche: Besonders stolz ist man bei Glen Els auf die Fassauswahl, die vom Chef persönlich vorgenommen wird. Darunter befinden sich viele Weinfässer von Spitzenweingütern aus Frankreich, Spanien oder Italien. 500-600 Euro kostet so ein leeres Weinfass – wobei es mit “leer” so eine Sache ist. “Bis zu 50 Liter Wein stecken noch in den Dauben”, erklärt Julian Belz. Der Wein im Holz soll den Whisky während der Lagerung geschmacklich prägen.

Damit das mit dem Prägen des Geschmacks funktioniert, darf man die Fässer nicht zu häufig verwenden: Nur ein bis zwei Fills pro Fass sind es bei Glen Els. Direkt nach Anlieferung und Prüfung der Fässer wird entschieden, ob es zu einer oder zwei Befüllungen kommen wird.
Das vermutlich einzige Lagerhaus auf der Welt mit Parkettboden
Julian Belz deutet auf den glänzenden Parkett-Boden des Lagerhauses. “Nicht dass Sie denken wir hätten ein Faible für absurden Luxus”, sagt er und schmunzelt. “Das hier ist der ehemalige Ballsaal des Kurhauses.” An den Wänden befinden sich funktionale Hochregallager voller Fässer. Hier lagert das flüssige Gold von Glen Els. Es ist eines von drei Warehouses der Harzer Whiskybrenner. Ein weiteres befindet sich im Keller des Gebäudes in der früheren Kegelbahn.

Insgesamt 500 Fässer lagert Glen Els aktuell (auch das im Vergleich zu schottischen Destillerien eine sehr geringe Menge). Die Lagerflächen sind dabei nicht klimatisiert, der Whisky ist stark schwankenden Temperaturen ausgesetzt. Im Sommer heizt sich das ehemalige Kurhaus von Zorge auf 30 ° C auf, im Winter wird es drinnen bis zu 8 ° C kalt.
Die hohen Temperaturen führen zu einem erhöhten Angels’ Share von 4 bis 10 % pro Jahr, der Whisky verdunstet einfach aus dem Fass. In schottischen Lagerhäusern im feucht-kühlen Klima der britischen Insel liegt der Angels’ Share häufig bei nur 1-2 %.
Reift deutscher Whisky schneller als schottischer?
“In fünf Jahren haben wir hier so viel Reifung wie schottische Destillerien in zehn Jahren”, sagt Julian Belz. Manche Besucher nicken anerkennend, andere runzeln die Stirn. Denn ganz so einfach ist die Sache nicht. Was nicht erklärt wird: Die Reifung eines Whiskys bei höheren Temperaturen verläuft keineswegs gleich wie bei niedrigeren. Ein bei hohen Temperaturen in fünf Jahren gereifter Whisky hat also keineswegs die gleiche Qualität wie einer, der bei niedrigen Temperaturen zehn Jahre im Fass verbracht hat. Das erklärt auch, warum die Schotten ihre Lagerhäuser nicht einfach konstant auf 30 ° erhitzen und die Single Malts dann in bester Qualität nach den minimal erlaubten drei Jahren (statt in zehn, zwölf oder noch mehr) auf den Markt bringen. Die Reifezeit eines guten Whiskys lässt sich nicht einfach abkürzen, der Malt braucht die Zeit im Fass.

Bei Glen Els sieht man das allerdings etwas anders: So habe habe man herausgefunden, dass das beste Alter für die Glen Els Malts bei vier bis acht Jahren liege, heißt es während der Tour. Zudem setze man teilweise kleinere Fässer ein, die eine größere Berührungsfläche mit dem Whisky haben. Auch dies sorge für eine schnellere Reifung. Es sind die gleichen Argumente, die auch von vielen schottischen Destillerien angeführt werden, um die hauseigenen NAS-Abfüllungen zu rechtfertigen.
Junge Single Cask Whiskys in großer Variation
Auch die meisten Whiskys von Glen Els haben kein Alter auf dem Etikett. Einen 15 Jahre alten Single Malt, den es ja theoretisch dieses Jahr geben könnte, habe ich vor Ort vergeblich gesucht. Die meisten Malts der Harzer Brenner liegen besagte vier bis acht Jahre im Fass, werden dann abgefüllt und direkt verkauft. Der kleine Fassbestand und die begrenzte Lagerfläche lassen es auch nicht zu, große Mengen im Fass zu belassen und erst nach vielen Jahren zu vermählen und abzufüllen. Dies ist ein entscheidender Unterschied zu größeren schottischen Destillerien, die sich mit einem ausreichenden Finanzpolster im Rücken genau das leisten können.
Als kleine Destillerie konzentriert sich Glen Els vor allem auf Single Cask-Whiskys, also Abfüllungen einzelner Fässer. Unglaubliche 25 Fassarten – von Sherryvariationen über Port bis hin zu diversen Weinsorten – listet die Webseite auf. Häufig gibt es nur einige hundert Flaschen, ungefärbt und meist in Fassstärke abgefüllt. Das Sortiment von Glen Els wechselt also ständig. Gut für die Abwechslung und Vielfalt, nicht so gut für alle, die eine Abfüllung liebgewonnen haben: Wer sich nicht gleich mehrere Flaschen sichert schaut bei begehrten Single Casks rasch in die Röhre.
Der Vorteil der Glen Els-Methode liegt darin, dass auch seltene Fassexperimente mit raren Weinfässern zur Abfüllung gelangen. Statt aufwändiger Marketing-Story gibt es im besten Fall einen einzigartigen Single Malt Whisky ins Glas, der die Qualitäten des exzellenten Fasses in sich vereint.
Der Glen Els Journey reifte in verschiedenen Weinfässern
Als einzige Standardabfüllung ist aktuell der Glen Els Journey verfügbar. Es handelt sich um einen Single Malt Whisky, der aus mindestens sechs verschiedenen Fässern komponiert wurde. Die enthaltenen Malts wurden für vier bis sieben Jahre in Sherry-, Port-, Madeira-, Malaga-, Marsala- und GrandCru-Fässern gelagert. Eine bunte Mischung diverser südeuropäischer Süßweine und Weinspirituosen soll für einen milden, gleichbleibenden Geschmack sorgen. Kann dieser Rundumschlag im Tasting überzeugen oder sind sechs Fässer zu viel des Guten?

Unser Tasting des Glen Els Journey
Wie riecht er?
Der Auftakt ist direkt sehr fruchtig und süß, er erinnert mich an Dosenfrüchte in Sirup. Ich rieche Pfirsiche, Aprikosen und Birnen. Eine helle Holznote bringt etwas Würze ins Spiel, erinnert entfernt aber auch an Spanplatten aus dem Baumarkt. Die Noten von Getreide und Korn kommen durch, etwas junger Alkohol vom New Make ist auch noch zu erkennen.
Wie schmeckt er?
Ein süßer, ja ein sehr süßer Whisky. Ich schmecke Honig, Birnen und Ananas mit starker Tendenz zum Sirup. Nuancen von lieblichem Dessertwein oder Eiswein treten hinzu. Die helle Holznote liegt über der Mischung aus Sirup und Fruchtnektar, doch sie bringt nur wenig Tiefe in den Whisky. Den Aromen fehlt eine klare Struktur. So bleibt der Eindruck eines matschigen Fruchtweinkompotts zurück, in welchem keine Geschmacksnote richtig den Ton angibt.
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Aktualisiert am 1.06.2023 um 09:55 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
6 Kommentare
Natürlich ist jede Bewertung subjektiv und hängt von den persönlichen Vorlieben des Bewerters ab.
Bei einer Verkostung in der Glen Els Destillerie kommentierte der Mitarbeiter dort, “wer keinen Whiskey mag, der hat nur noch nicht den richtigen gefunden” . So war es auch bei mir, so richtig überzeugt hat mich kein Single Malt, insbesondere die, die der Bewerter hier als Bewertungsgrundlage heranzieht. Und genau dort liegt dann auch der Grund für die vergleichsweise schlechte Bewertung, man hat eine Vorliebe oder Erwartung, die nicht eintritt.
Und bei mir war es genau andersrum, mich hat The Journey vollkommen überzeugt, genau aus den Gründen, die hier zu dem negativen Urteil führen. Ich mag die leichte Süße und den milden Abgang, da mir torfige oder rauchige Whiskeys nicht schmecken. Und genau dafür steht The Journey.
Übertrieben ist aber der Vergleich mit Rum oder Sirup, subjektiver Geschmack hin oder her.
Warum? Ich wette, dass ich dir beim Blind Tasting einen Rum unterjubeln könnte, den du für einen Whisky halten würdest. 😉 Je stärker der Einfluss der Fasslagerung bei verschiedenen Spirituosen ist, umso schwieriger sind sie auseinander zu halten. Rum – sofern der nicht nachgepanscht wird – und Whisky sind sich sehr ähnlich.
Mich würde interessieren, wie ihr die Distillery Edition und den Winterwhisly (Cosy Winter) von Elsburn (früher Glen Els) findet.
Ich habe selten einen solchen Unsinn in einem fachbezogenen Blog gelesen. Von Whisky scheinen Sie eher wenig Ahnung zu haben.
Hallo Alfons, worauf genau bezieht sich deine Kritik? So pauschal hilft dein Kommentar leider weder uns noch unseren Lesern weiter…
Nun, ich vermute einmal dass dem Herrn Alfons Levefre die Bewertung des Glen Els Journey hier nicht zusagt.
Ich vermute dies deshalb, weil auch ich irritiert bin, angesichts dieser Beschreibung.
Allein die Einordnung des Glen Els als sehr süß mit den entsprechend angeführten Beispielen vermag dem Unkundigen die Vorstellung zu vermitteln es handele sich um ein pappsüßes Getränk – ähnlich einem Southern Comfort.
Wenn man sich jedoch anschickt den Glen Els zu verkosten wird man feststellen, dass er eben mitnichten derartig süß ist.
Auch die restliche Bewertung wird diesem Whiskey meines Erachtens nicht gerecht.
Natürlich ist jede Bewertung eine subjektive, doch scheint mir der Autor hier ein wenig stark zum Überschwang zu neigen.
Stimme zu. Mich als Whisky- und Rum-Liebhaber nervt es zudem, dass Rum hier quasi automatisch mit Süße assoziiert wird. Merke: Sauberer, ungepanschter Rum ist nicht süßer als ein Single Malt – Zucker karamelisiert beim Erhitzen, er kann nicht destilliert werden, d.h. frisch gebranntes Zuckerrohr-Destillat ist nicht süß, jedenfalls nicht süßer als New Make bzw. White Dog. Durch lange Reifung z.B. in PX- oder Sauternes-Fässern kann Rum eine süßliche Note bekommen wie entsprechend gereifter Whisky, aber keineswegs mehr. Und je stärker die Fassreifung wird, umso weniger kann man beide Spirituosen voneinander unterscheiden. Der pappig süße Mainstream-Rum jedenfalls ist immer nachträglich gesüßt.