Die Geschichte von Tobermory bzw. Ledaig ist wechselvoll: Gegründet im Jahr 1798 gehört die einzige Brennerei auf der Isle of Mull zu den ältesten Whisky-Destillerien in Schottland. Doch in den Jahrzehnten nach ihrer Gründung glich der Betrieb bei Tobermory einer On-Off-Beziehung mit zahlreichen Eigentümerwechseln und zeitweiligen Schließungen. Für einige Zeit war die Destillerie unter dem Namen Ledaig (ausgesprochen “Led-chig”) bekannt. Heute heißt die Brennerei wieder Tobermory.
Ledaig oder Tobermory – was ist der Unterschied?
Die Tobermory-Brennerei stellt zwei verschiedene Whisky-Stile her:
– Die Tobermory Single Malts sind ungetorft und verfolgen einen getreidig-maritimen Stil
– Die Ledaig Single Malts sind Peated Whiskys, sie werden also aus getorfter Gerste hergestellt und verfolgen einen rauchigen Stil
Ledaig steht für getorfte Whiskys von der Isle of Mull
Das Darren der Gerste über Torfrauch hat in der Brennerei Tradition, auch wenn es für einige Jahrzehnte in Vergessenheit geraten war. Seit dem Jahr 1996 werden wieder getorfte Malts gebrannt und unter dem Name Ledaig abgefüllt.
Dabei hat man sich für eine Teilzeitregelung entschieden: In der einen Hälfte des Jahres werden die gleichnamigen ungetorften Tobermory-Whiskys gebrannt. Die andere Jahreshälfte ist für die rauchigen Ledaig Single Malts reserviert.
Neben dem hier vorgestellten Ledaig 10 Jahre sind der auf etwa 5.400 Flaschen jährlich limitierte Ledaig 18 Jahre sowie verschiedene Sonderabfüllungen erhältlich. Das Portfolio der rauchigen Whiskys ist alles in allem aber angenehm übersichtlich.
Was steckt drin, wo Ledaig 10 Jahre draufsteht?
Wenn der Ledaig 10 Jahre in den vier kupfernen Brennblasen gebrannt wird, schwebt der süßlich-würzige Geruch von Torfrauch über der Bucht. Die Gerste für die Ledaig-Whiskys wird mit etwa 35 ppm getorft. Ein Wert der vergleichbar mit dem Phenolgehalt bei Lagavulin oder Caol Ila ist.
Eigene Malzböden betreibt die Brennerei nicht. Das verwendete Gerstenmalz stammt von Port Ellen Maltings, die ihren Sitz auf der weiter südlich gelegenen Insel Islay hat.
Für die Reifung des Ledaig 10 Jahre kommen ausschließlich klassische amerikanische Ex-Bourbon-Barrels zum Einsatz. Diese bringen angenehm milde Aromen in den Single Malt, lassen aber auch viel Raum für Torfaromen.
Wie die Abfüllungen der beiden Schwester-Destillerien Bunnahabhain und Deanston werden auch die Ledaig-Whiskys mit Alkoholgehalt von 46,3 %, sowie ungefärbt und ungefiltert abgefüllt.
Unsere Verkostung des Ledaig 10 Jahre
Wie riecht er?
In der Nase präsentiert sich der Ledaig 10 Jahre schwer und torfig. Starke warme Aromen breiten sich aus: Wir riechen Johannisbeeren, Preiselbeeren und Himbeeren. Dazu kommen Noten von getrockneten Aprikosen sowie Weingummi. Der Mittelteil ist pikant-würzig mit gebratener Paprika, grünen Oliven mit einem Schuss Essig, herber Grapefruitschale und Meersalz. Der Abgang des Ledaig 10 Jahre wird begleitet von tiefen Torfnoten und ausgeprägtem Eichenholz wie von einer Zigarrenkiste. Ein komplexer Duft, an dem man eine Weile knobeln kann.
Wie schmeckt er?
Nach dem prägnanten Nosing sind wir vom weichen Mundgefühl fast ein wenig überrascht. Der Charakter des Ledaig 10 Jahre lässt sich als torfig, fruchtig und würzig beschreiben. So treffen erdige, torfige und salzig-mineralische Noten auf Orangeat, getrocknete Mangostreifen, Aprikosen und herbe Grapefruitschale. Die Süße ist dezent eingebunden. Dann wird der Ledaig 10 Jahre würziger mit Noten von Chili, Cayennepfeffer und Zimt. Der Abgang ist von ordentlich Eichenholz und üppigem Torfrauch geprägt.
Aktualisiert: 18.04.2024 um 22:11 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Für diesen Bericht haben wir den Ledaig 10 Jahre vom Hersteller Distell zur Verfügung gestellt bekommen. Dies hatte keinen Einfluss auf den Artikel oder die Bewertung.
3 Kommentare
Kurz und knapp! Kraftvoll, ursprünglich stimmt. Peated and well balanced. Für einen 10-jährigen echt ne Harke…
Wer es genauer nimmt, merkt natürlich den Unterschied. Aber für den Preis hat er einen Fixplatz in meinem Regal!
Sincerely Roland
Ich hatte noch nie einen schlechten Ledaig und ich habe schon viele probiert, auch unabhängige Abfüllungen.
Leider ist Ledaig wie auch Clynelish kein Geheimtipp mehr. Ich rechne leider damit, dass die Preise bei Ledaig deswegen stark ansteigen werden, da mittlerweile die breite Masse die Qualität erkannt hat. Für mich besser als die meisten Islay-Raucher.
Naja, was soll denn an Clynelish ein “Geheimtipp” sein. Es gibt ja quasi nur den (sehr guten) 14er wirklich käuflich zu erwerben. Darüber hinaus kann man ja schon froh sein, dass Diageo der Brennerei 2022 mal wieder eine (recht teure) SE spendiert hat. Die wenigen anderen in den 2000er erschienen Abfüllungen sind ja quasi Sammlerstücke, die man besser nicht aufmacht (sonst muss man sich den Geschmack aufgrund der teils absurden Preise schön reden).
Dagegen ist ja Ledaig bzw. Tobermory wirklich aktiv und hat zumindest irgendeine Art von Core-Portfolio, wobei Tobermory jetzt auch nicht unbedingt besonders preiswert oder überdurchschnittlich gut ist. Der Trend hin zu Virgin Oak bei der Distell jedenfalls ist nicht so meins. Der Ledaig 10 ist schon gut, aber jetzt preislich und qualitativ auch kein besseres Paket als die von der anderen Insel.