Straßenszene in Oaxaca / Mexiko (Foto: Sierra Madre)
Da ich kein großer Freund von Tastings bin in denen erst die trockene Theorie vermittelt wird und am Ende die Verkostung stattfindet, stelle ich zu jedem Produktionsschritt einen Mezcal vor, der meiner Meinung nach das Beschriebene am besten verdeutlicht. Dennoch komme auch ich nicht ganz ohne Theorie aus:
Denn anfangs muss ich kurz erklären, worum es sich bei Mezcal überhaupt handelt. Wenn man überhaupt schon einmal von Mezcal gehört hat, dann meistens unter der Bezeichnung „Tequila mit Wurm“. Dabei ist diese Beschreibung eigentlich im doppelten Sinne falsch, zwar wird Mezcal auch aus Agaven gebrannt, jedoch handelt es sich bei Tequila um eine Unterkategorie des Mezcals, der nur aus blauen Weber-Agaven im Bundeststaat Jalisco gebrannt werden darf.
Auch den Mythos des „Wurmes“ muss ich leider zerstören! Manchen Mezcalabfüllungen wird zwar ein Insekt beigegeben, aber dabei handelt es sich um die Larve eines Falters, welche sich von Agavenherzen ernährt. Man sollte diese Zugabe allerdings eher als Marketing-Gag sehen, denn qualitativ hochwertiger Mezcal enthält in der Regel keine Insekten jeglicher Art!
Wenn man noch nie Berührungspunkte mit Mezcal hatte, empfehle ich als Einstieg den Mezcal Amores Espadín. Er liefert deutliche Agavennoten in Kombination mit etwas Mineralität, bei einer angenehmen Rauchnote. Der Amores Espadín besitzt auch keine ausgeprägten Klebstoff- oder Lösungsmittelaromen, die viele Mezcals aufweisen. Hierbei handelt es sich nicht um Fehltöne, sondern, vergleichbar mit Bourbon, um komplexe chemische Verbindungen und somit eher um ein Qualitätsmerkmal.
Mezcal Amores Espadin Joven | |
Alkohol | 41 % |
Preis | 57 € pro Liter |
Anblick | Klar, große Fenster, schnelle Tränen |
Geruch | Blumig, etwas Raucharoma, mineralisch, nach einiger Zeit: Bienenwach, Gras und Schokolade |
Geschmack | Mild zu Beginn, leicht süßlich, etwas Rauch, Wachs, Salz und Mineralien |
Nachgeschmack | Lang mit Rauch, Mineralien und einem Hauch von Menthol |
Wichtige Unterschiede zu Tequila
Im Gegensatz zu Tequila darf Mezcal in acht Bundesstaaten Mexicos und aus den unterschiedlichsten kultivierten oder wilden Agavenarten destilliert werden. Dabei dauert es zwischen fünf und 35 Jahre, bis die „Piña“ einer Agave geerntet werden kann. Die Ernte oder „Jima“ erfolgt im Regelfall per Hand und ist bei einem Gewicht eines Agavenherz von bis zu 100 kg entsprechend anstrengend.
Am besten lernt man diese lange Wartezeit und harte Arbeit zu schätzen, in dem man einen aus Wildagaven gebrannten Mezcal probiert. Zum Beispiel den Marca Negra Tobala, der aus der gleichnamigen Agavensorte gebrannt wurde. Mir ist durchaus bewusst, dass dieser Mezcal nicht gerade günstig ist. Bedenkt man aber, dass ein Agavenherz dieser Sorte für gerade einmal zwei Flaschen Mezcal ausreicht, kann man den höheren Preis etwas nachvollziehen.
Marca Negra Tobalá | |
Alkohol | 52 % |
Preis | 151 € pro Liter |
Anblick | Klar, kleine Fenster, sehr langsame Tränen |
Geruch | Kerzenwachs, Klebstoff, Gewürze, Pfeffer, Menthol, Lösungsmittel, Hauch von Rauch |
Geschmack | Mild, süßlich, Klebstoff, Früchte, Vanille, Pfeffer, Menthol; |
Nachgeschmack | Mittellang, mit Klebstoff, Holzkohle und Citrusnoten; |
Nach der Ernte werden die Agavenherzen meist in einfachen Erdöfen mit Hilfe von verschiedenen Hölzern gekocht, bzw. geräuchert. Dieser Arbeitsschritt unterscheidet sich ebenfalls deutlich von der Tequila-Herstellung bei welcher ausschließlich oberirdische Öfen zum Einsatz kommen und somit kein Raucharoma an die Piñas abgegeben wird.
Je nach verwendeter Holzart entsteht somit ein mehr oder weniger rauchiger Mezcal. Im Falle des Alípus San Baltazuar wird Mesquite Holz verwendet und somit ist es auch nicht verwunderlich, dass das Ergebnis ein kräftig rauchiger Mezcal ist.
Alipús San Baltazar | |
Alkohol | 47,2 % |
Preis | 67 € pro Liter |
Anblick | Klar, kleine Fenster, langsame Tränen |
Geruch | Rauch, Klebstoff, Agave, Lösungsmittel, leichte Salzigkeit, pinke Pfefferkörner, Vanille, Kräuternoten; |
Geschmack | Rauch, süße Agave, Anklänge von Klebstoff, Menthol und Vanille; |
Nachgeschmack | Mittellang, mit Klebstoff, Holzkohle und Citrusnoten |
Nach dem Kochen der Agaven werden sie traditionellerweise in Steinmühlen, den sogenannten „Tahonas“ zerkleinert, bevor sie in einfachen Behältern zur natürlichen Gärung mit Wasser verdünnt werden. Doch in manchen Betrieben hat auch hier etwas moderne Technik Einzug gehalten, beispielsweise beim von Don Valente Àngel Garcia Juárez destillierten Alípus San Andrés.
Wagt den Schritt in die Moderne: Der Alipus San Andres Mezcal.
Alipús San Andrés | |
Alkohol | 47,3 % |
Preis | 67 € pro Liter |
Anblick | Klar, kleine Fenster, langsame Tränen |
Geruch | Fruchtig, Marzipan, Klebstoff, etwas Rauch, Paprika, Mango, Agavennoten, nasser Lehm, ein Hauch von Leder |
Geschmack | Süß, fruchtig, Klebstoff, ein Hauch Menthol, Agaven, Mangos |
Nachgeschmack | Verlängerter Abgang mit exotischen Früchten und Klebstoff |
Ist die Gärung abgeschlossen, wird die Agavenmaische entweder traditionell nach der Filipino-Methode oder etwas moderner auf kupfernen Pot-Stills destilliert. Dabei besteht bei der Filipino-Methode die Brennblase aus einem Holzbottich, in dem sich die Maische befindet, unter dem ein Feuer entfacht wird und einem Kupfergefäß mit Wasser zum Kühlen der alkoholischen Dämpfe sowie einem Auslauf.
Ein Mezcal, der noch nach dieser Methode hergestellt wird, ist der Derrumbes Michoacan. Destilliert wird er aus einer Mischung von Cenizo und Cupreata Agaven.
Derrumbes Michoacan | |
Alkohol | 46 % |
Preis | 71 € pro Liter |
Anblick | Klar, kleine Fenster, schnelle Tränen |
Geruch | Gummi, Rauch, Wurmsalz, Honig, Menthol, mineralisch, Lösungsmittel |
Geschmack | Süße Agavennoten, Rauch, fruchtig, Erde, verbranntes Gummi |
Nachgeschmack | Relativ lang mit Klebstoff, Rauch und Agavennoten |
Nach der Destillation wird der Mezcal in der Regel kurz in Glasgefäßen gelagert, bevor er auf Trinkstärke versetzt und abgefüllt wird. Jedoch gibt es genauso wie bei Tequila auch die holzfassgelagerten Varianten des Reposados oder Añejos. Allerdings ist die ungelagerte Variante, der Joven Mezcal, mit Abstand am häufigsten anzutreffen, denn bei ihr kann man das volle, unverfälschte Aroma aus Agavennoten, überreifen Früchten und Rauch wahrnehmen.
Aber nicht nur pur bereitet Mezcal Freude, auch in Cocktails hat die rauchige Agavenspirituose einiges zu bieten! Am einfachsten ist das Ersetzen von anderen Basisspirituosen mit Mezcal in klassischen Drinks. Natürlich kommen einem zuerst Tequila Drinks wie der Margarita, Paloma oder dem Tequila Old-Fashioned in denn Sinn. Aber sogar Gin lässt sich in einigen Cocktails ganz einfach mit Mezcal austauschen, wie der La Ultima Palabra beweist.
Auf Grund seines hervorragenden Preisleistungsverhältnisses ist in meinen Augen der San Cosme Espadín am besten zum Mixen geeignet.
San Cosme Espadín | |
Alkohol | 40 % |
Preis | 43 € pro Liter |
Anblick | Klar, mittel große Fenster, langsame Tränen |
Geruch | Rauch, mineralisch, etwas Klebstoff, Citrusfrüchte, Agave, Hauch Menthol, Chilipulver, Paprika, Kerzenwachs und Rosenblüten |
Geschmack | Süß, Klebstoff, Agave, etwas Rauch, fruchtig, Äpfel |
Nachgeschmack | Mittel lang mit Klebstoff und etwas Rauch |
Wir danken Matthias für seinen schönen Gastartikel. In seinem englischsprachigen Blog Augustine Bar findet ihr viele weitere Infos zum Mezcal und selbst entwickelte Cocktail-Rezepte, um das erworbene Spirituosenwissen direkt am praktischen Beispiel auszuprobieren.