Groß prangt der Schriftzug “The Maritime Malt” in goldenen Lettern auf der dunkelblauen Verpackung des Old Pulteney 17 Jahre. Doch mal ehrlich Leute: Ein richtiger Seemann ist dieser Whisky nicht, allenfalls ein gemütlicher Binnenschiffer auf dem Dorfweiher! Zumindest stelle ich mir unter einem maritimen Malt etwas völlig anderes vor.
Und noch mit etwas anderem wirbt die 1826 in der Hafenstadt Wick gegründete Destillerie, sie soll die nördlichste in Schottland sein. Natürlich nur auf dem Festland. Denn zur tatsächlich nördlichsten schottischen Destillerie, Highland Park in Kirkwall auf der Insel Orkney, fehlen noch etwas über 60 Kilometer Luftlinie. Ungefähr soviel Unterschied dürfte auch zwischen der Charakteristik dieser beiden Scotch-Whiskys liegen. Der Titel der nördlichsten Festlandbrennerei allerdings in ernster Gefahr, denn seit dem Jahr 2013 wird auch in der lange Zeit stillgelegten Wolfburn-Destillerie wieder produziert.
In der Vergangenheit hatten wir bereits die Gelegenheit den Old Pulteney 12 Jahre zu verkosten, den wir eher mittelmässig und wenig komplex in Erinnerung hatten. Ob fünf weitere Jahre im Holzfass dem alten Mann auf die Beine helfen können?
Unser Tasting des Old Pulteney 17 Jahre
Wie riecht er?
Genutzt hat er die Zeit jedenfalls. Wirkte die 12jährige Abfüllung noch wenig ausgebaut, verfügt die älter Version schon über eine gewisse Aromendichte. Er riecht außerordentlich süß, so dass man unweigerlich an ein blühendes Tulpenbeet denken muss, hinzu kommen Honig, Vanille und im Hintergrund trockene Eichenholzaromen. Auch ein paar Früchte sind mit von der Partie, wir riechen Kiwi und reife Mirabelle. Im Hintergrund weht eine ganz leichte Meeresbrise vorbei. Für einen “Maritime Malt” müsste da aber mehr rüberkommen. Wie es mit älteren Herrschaften so ist: Sie brauchen etwas bis sie auf Touren kommen, es lohnt sich also dem Old Pulteney 17 ein wenig Zeit im Glas zu geben.
Wie schmeckt er?
Ein Teil des Old Pulteney 17 wird in Ex-Bourbon-Fässern ein anderer in ehemaligen Sherryfässern gelagert, der Verschnitt erfolgt erst im Anschluss. Die Vermischung dieser beiden Fasstypen ist ein guter Schachzug der Destillerie, da es dem Malt im Vergleich zur mittelmässigen jüngeren Abfüllung doch mehr Komplexität verleiht. Im Antritt ist dieser Highland-Malt von großer Milde geprägt, erst im Anschluss breitet sich eine intensiver werdende Pfefferschärfe und Würze aus. Darüber hinaus schmecken wir helles Leder, Griesbrei und wie beim Geruch Vanille und Honig sowie im Abgang trockenes Eichenholz. Danach kommt leider nicht mehr viel: Die Früchte können sich vom Geruch nicht in den Geschmack herüberretten, sie erleiden unterwegs Schiffbruch. Um im Konzert der großen Whiskys mitspielen zu können, fehlt dem Old Pulteney 17 in meinen Augen ein Catch – ein Alleinstellungsmerkmal mit hohem Wiedererkennungswert.
Titelbild: “The old man and the sea” von Neil Moralee unter der Lizenz CC BY-NC-ND 2.0
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Aktualisiert am 11.12.2023 um 15:31 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API