Die Port Charlotte-Destillerie gibt es schon lange nicht mehr. Schon 1929 war Schicht im Schacht bzw. in der Brennblase. Hält man heute eine Flasche Port Charlotte-Whisky in den Händen, bedeutet dies jedoch nicht, dass es eine seltene Sammlerflasche ist. Denn die noch junge Islay-Brennerei Bruichladdich sicherte sich die Rechte und vertreibt seitdem ihre stark getorften Whiskys unter dem Namen Port Charlotte.
Viel Torf, schottische Gerste und kein Alter
Beim Port Charlotte Scottish Barley versucht sich Bruichladdich an einem mit 40 ppm (parts per million) ordentlich stark getorften Whisky, der als No-Age-Statement produziert wird. Zum Vergleich: Auch Laphroaig verwendet Malz mit ungefähr 40 ppm.
Darüber hinaus wirbt man bei diesem Single Malt damit, dass nur Gerste aus Schottland zur Herstellung verwendet wird. Was bei den gigantischen Mengen Whisky, die jährlich produziert werden (man denke auch an die massenweise hergestellten Blends), schon eine Besonderheit darstellt. Ökologisch sinnvoll ist es allemal, die Gerste nicht von weit her nach Islay zu schaffen, sondern auf lokale Erzeugnisse zu setzen. Doch macht sich das auch im Geschmack bemerkbar? Hier sind zumindest vorsichtige Zweifel angebracht, die uns jedoch nicht von der Verkostung abhalten sollen.
Der Port Charlotte Scottish Barley im Tasting
Wie riecht er?
Diese Flasche sollte man nicht entkorken, wenn Vegetarier im Raum sind: Hier ist eindeutig Räucherspeck im Spiel! Im Zusammenspiel mit erdigem Torf und Salz läuft einem als gepflegtem Carnivoren schon mal das Wasser im Mund zusammen. Erst im Hintergrund ist leichte Frucht wie Pfirsich aber auch eine Portion Leder zu riechen. Ein angenehmer Geruch, der gut ausbalanciert ist und seine Stärken im ganz eigenen Torfaroma hat.
Wie schmeckt er?
Liebt ihr Torf? Das solltet ihr, denn kräftig torfig und rauchig ist dieser Whisky. Der Geschmack ist hierbei jedoch anders als bei Klassikern wie Ardbeg oder Laphroaig. Die Torfnote wirkt wärmer, weicher, ohne medizinische Noten. Zwar kommen mineralischen Aromen, Erde und Salz, sowie Leder hinzu – viel mehr ist aber nicht drin im Dram. Kein komplexes Schwergewicht, sondern ein gelungener Alltagswhisky mit klarer Stärke bei der Torfnote, den ich gerne wieder bestelle.
Und was ist jetzt mit der schottischen Gerste?
Wir haben unsere Sensorik geschärft, doch den Unterschied zwischen fremder und schottischer Gerste haben wir nicht geschmeckt. Überhaupt ist ja die Frage ob etwa Gerste aus etwa Deutschland überhaupt anders schmeckt als welche aus Schottland. Liegt das nicht vielmehr an der Sorte? Wenn die Fasslagerung rund 70-80 % des Whiskygeschmacks ausmacht, bleibt für die gute alte Gerste ohnehin nicht mehr all zuviel Einfluss übrig. Die Auszeichnung mit Scottish Barley ist sicher nett, wenn man regionale Landwirte unterstützen will, für den Geschmack hat sie in unseren Augen eher wenig Einfluss.
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Aktualisiert am 1.04.2023 um 10:52 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
2 Kommentare
Danke für den netten Test und die Einschätzung dieses Tropfens. Ich habe da eine Frage:
Eine Messung von “TORF” in “ppm” ist mir nicht zugänglich, weil, was wird da gemessen? Wir der Schwefel gemessen oder das CO oder das CO2 oder was? Einen Geschmack in “ppm-Torf” oder “ppm-Schinken” oder was einstufen zu wollen, ist das nicht ein wenig verwegen?
Hallo Herr Sprock,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Beim Mälzen der Gerste wird insbesondere bei den Islay-Whiskys Torf verbrannt, um zum einen das weitere Keimen der Gerste zu stoppen und zum anderen dem Whisky eine rauchige und torfige Note zu verleihen. Maßgeblich für die ppm-Angabe ist der Gehalt beim Mälzen. Während der Destillation und der Lagerung geht der ppm-Gehalt zum Teil verloren.
In den meisten Fachforen wird tatsächlich “nur” von zum Beispiel 40 ppm gesprochen. Im einzelnen ist das natürlich nicht mit 40 ppm “Torf” erklärbar, wie sie richtig anmerken. Hinter dem ppm stecken verschiedene Phenole die wichtige Geschmacksträger und wichtig für zum Beispiel rauchige Aromen sind. Mit der ppm-Angabe ist also der Phenol-Anteil zum Zeitpunkt des Mälzens gemeint. Ein Teil der Phenole kann allerdings auch aus der Fasslagerung stammen, wie zum Beispiel Tannine (wie beim Wein).
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen.