Bisher waren die von der SWA (Scotch Whisky Association) aufgestellten Regeln für schottischen Whisky relativ streng: Die Fässer mussten aus Eichenholz sein und es sollten Cask-Arten eingesetzt werden, die auch schon traditionell eingesetzt wurden. Hierzu zählten die beliebten Ex-Bourbon und Sherry-Casks, aber auch frische Eichenholzfässer (virgin oak casks) sowie ehemalige Cognac-, Rum- und Weinfässer. Mit der Verwendung von Bier-Fässern (man denke an den Glenfiddich IPA Experiment) wurden die Regeln schon bis zum Rand gedehnt.

Ab sofort darf schottischer Whisky in fast allen Spirituosenfässern reifen
Die Regeln bei der Fasswahl wurden nun abgeschwächt und so darf Scotch Whisky nun in einer großen Vielzahl an Fässern reifen.
Was ist konkret möglich?
So dürfen Scotch Whiskys nun zum Beispiel in ehemaligen Tequila- oder Mezcal-Fässern aus Mexiko reifen. Auch asiatische Spirituosen-Fässer etwa von japanischem Shochu oder von chinesischem Baijiu kommen in Betracht. Und last but not least können wir uns auf Whisky aus Calvados-Fässern und vielleicht sogar aus Cachaça-Barrels freuen.
Folgende Fasstypen sind nach den angepassten Regeln für Scotch Whisky erlaubt:
- frische Eichenholzfässer
- ehemalige Weinfässer (darunter fallen auch fortifizierte Weine wie Sherry)
- ehemalige Bier- und Ale-Fässer
und sehr breit gefasst:
- ehemalige Spirituosenfässer
Einige Einschränkungen gibt es noch: So dürfen keine Fässern verwendet werden, die einen Wein oder eine Spirituose aus Steinfrüchten enthielten. Und auch Getränke, denen nach der Fermentation extra Früchte, Geschmacks- oder Süßungsstoffe zugesetzt wurden, sind bei der Fasswahl tabu.
Unabhängig vom verwendeten Fasstyp soll der Whisky den typischen Charakter von Scotch Whisky aufweisen, insbesondere was die Farbe, den Geschmack und das Aroma betrifft. Das ist allerdings so weit gefasst, dass wohl relativ viel möglich sein wird. Und insbesondere bei der Farbe muss man natürlich schon etwas schmunzeln, wird doch den allermeisten Single Malts ohnehin Farbstoff zugesetzt.

Warum wurden die strengen Regeln aufgeweicht?
Die Änderung der Regularien für die erlaubten Fässer ist kein Zufall: Branchengigant Diageo hat sich wohl bei der Scotch Whisky Association für eine Anpassung stark gemacht, berichtet Scotchwhisky.com. Der Konzern besitzt man mit Don Julio Tequila auch einen Agavenbrand im Portfolio, dessen Barrels man so nun zur erneuten Befüllung mit Malt Whisky nutzen könnte.
Durch die Freigabe der Whiskyfässer können Hersteller nun auch andere und teilweise günstigere Fässer für die Reifung von Whisky verwenden. Hierbei werden zum einen Fässer von breit verfügbaren Spirituosen eine Rolle spielen, die nun mit der Befüllung durch Scotch Whisky ein zweites Leben erhalten. Zum anderen werden sicher viele Casks speziell hergestellt und mit den neu zulässigen Spirituosen befüllt und quasi geimpft werden, um ihre Aromen dann an die Single Malts weiterzugeben. Beide Varianten gibt es auch jetzt schon etwa bei Sherryfässern, die nur selten echte Bodega-Casks sind.
Auf welche neuen Whisky-Aromen dürfen wir uns bald freuen?
Viele Destillerien werden den erweiterten Spielraum sicher für neue Fass-Experimente nutzen. Dass bald Single Malts komplett in ehemaligen Tequila-Fässern reifen ist dabei eher unwahrscheinlich – zu lange dauert die Reifezeit, zu ungewiss ist das Ergebnis.
Wahrscheinlicher ist, dass die schottischen Destillerien ausgewählte Whiskys mit einem Finish versehen und ihre Malts zum Abschluss der Reifung für einige Monate etwa in ein Calvados-Cask oder ein Baijiu-Barrel packen – spannende und ungewöhnliche Aromen im Whisky wären die Folge.
Als Whisky-Genießer können wir uns also auf viele neue, aufregende Abfüllungen freuen. Am Ende wird es aber so wie bei den No-Age-Statement-Experimenten sein: Bestehen bleiben nur die Abfüllungen, die auch Käufer finden. Die Whisky-Szene ist in diesem Sinne ein ganz guter Regulator, dass sich allzu schräge und womöglich mäßige Qualitäten auch in Zukunft nicht durchsetzen werden.