Die Sherry-Industrie spielt bei der Herstellung von Whisky eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wie viele Leser mit Sicherheit wissen und vielleicht sogar manchmal etwas ausschweifend, weniger enthusiastischen Freunden lang und breit erklären, muss Whisky für mindestens drei Jahre in Eichenholzfässern gelagert werden. Für Scotch eignen sich dafür in der Regel keine jungfräulichen Eichenfässer, da hierbei die Tannine, Lignine und Vanilline des Holzes sehr schnell den Charakter der Spirituose überlagern. Über die Zeit führt dies zu einem unangenehmen Geschmack des Whiskys.
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Stattdessen verwenden viele Destillerien für die Lagerung des Whiskys Fässer, in denen zuvor schon eine andere Spirituose gelagert wurde. Hauptsächlich sind dies für Scotch-Whisky Fässer aus der Bourbon-Industrie oder Sherry-Herstellung, zunehmend jedoch auch Weinfässer. Ganz simpel gesagt geht es bei der Whiskylagerung darum, organische Stoffe beziehungsweise Geschmack aus dem Fass zu extrahieren. So spielt für den finalen Whisky ohne Zweifel eine Rolle, welche Flüssigkeit zuvor in dem Fass gelagert wurde.
Scotch Whisky wird meistens in Ex-Bourbon-Fässern gelagert
Wie bereits gesagt wird aktuell der größte Teil des schottischen Whiskys in ehemaligen Bourbon-Fässern gelagert. Diese werden in einem großen industriellen Maßstab in der Bourbon-Industrie der Vereinigten Staaten an. US-Fässer fassen üblicherweise 190 Liter. Da, das US-amerikanische Bourbon-Gesetz sehr streng ist, dürfen Fässer nicht wiederverwendet werden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass man sie entweder wegwerfen muss oder besser noch zu Geld macht und nach Schottland an die dortige Whisky-Industrie verkauft. Doch von Bourbonfässern wollen wir heute gar nicht sprechen, vielmehr interessieren uns die etwas selteneren und teureren spanischen Sherryfässer.

Die Rolle von Sherryfässern in der schottischen Whiskyindustrie
Neben Bourbon-Fässern erfreuen sich Sherryfässer ebenfalls einer großen Beliebtheit in der schottischen Whiskyindustrie. Diese Fässer sind üblicherweise deutlich größer und fassen rund 500 Liter. Sherryfässer werden für Scotch-Whisky bereits seit über 200 Jahren verwendet, blicken also auch eine lange Tradition zurück. Nach dem Whisky-Buch “The Science and Commerce of Whisky” (Buxton and Hughes) “halten Sherryfässer länger” und “verleihen der Spirituose wünschenswerte Aromen und Farbe..” Weiterhin erläutert das Buch, dass durch die Diskrepanz zwischen importiertem Sherry und produziertem Whisky eine Knappheit an Sherryfässern herrscht. Dies macht die Anschaffung schwieriger und auch teurer für die Produzenten.
Was ist Sherry eigentlich?
Sherry ist ein aufgespriteter Wein. Also Wein dem vor dem Abfüllen in das Fass zusätzlicher Alkohol zugesetzt wird. Dies ist üblicherweise Brandy. Für gewöhnlich wird Sherry aus weißen Weintrauben hergestellt, welche in der Nähe von Jerez de la Frontera in Andalusien im Südwesten von Spanien wachsen. (Das Wort Sherry leitet sich übrigens auch von “Xeres” beziehungsweise “Jerez” ab.) Die verwendeten Traubenvarianten sind Palomino, aus dem trockene Sherrys hergestellt werden, Pedro Ximénez für süße Sherryweine sowie Moscatel, eine weitere süße Weintraube. Diese Trauben werden gepresst und fermentiert, wobei jeweils leicht abweichende Techniken eingesetzt werden. Erst dann wird der destillierte Alkohol zugegeben und verblendet. Anschließend kommt der Sherry in die Eichenholzfässer oder in ein Solera-System, welches eine andere Lagerungsmethode darstellt. Hierbei wird älterer und jüngerer Whisky gemischt, die Altersangabe nach der Abfüllung in die Flasche, bezieht sich anschließend, anders als bei Whisky, auf den ältesten enthaltenen Tropfen.

Wie werden Sherryfässer hergestellt?
Sherryfässer werden überwiegend aus amerikanischer Eiche (quercus alba) hergestellt, zu einem viel kleineren Teil auch aus europäischer Eiche (quercus robur). Obwohl es schon eine Debatte darüber gibt, wieviel von jeder Eichenholzart dann tatsächlich in der Sherry-Herstellung eingesetzt wird. Nicht erwähnen braucht man, dass die spanische Eiche im Verhältnis verschwindend geringe Vorkommen hat und die Fässer aus dieser Eiche dahingehend deutlich teurer sind.
Sind die Bäume erstmal gefällt, werden die Dauben geschnitten und für ein Jahr in der heißen spanischen Sonne gelagert, so dass der Feuchtigkeitsanteil im Holz auf ungefähr 15% sinkt. Spanische Böttchereien, in welchen die Fässer hergestellt werden, arbeiten noch weitaus handwerklicher als große Fass-Fabriken es tun. Nachdem die Fässer zusammengebaut wurden, werden sie über einer Flamme von innen langsam “getoastet”, so dass die karamell-ähnlichen Aromen aus dem Holz aktiviert werden. Im Vergleich zur Herstellung von Bourbon-Fässern ist dies ein sehr langsamer Prozess, was ohne Zweifel zu den hohen Kosten von Sherryfässern beiträgt.

Wie beeinflussen Sherryfässer den Whiskygeschmack?
Die Interaktion zwischen Holz und Spirituose ist eines der großen Geheimnisse der schottischen Whisky-Herstellung. Man muss sogar so fair sein zu sagen, dass die Holzart den Whisky mehr beeinflusst, als das was zuvor in dem Fass gelagert wurde. Von der europäischen Eiche weiß man, dass sie der Spirituose den Geschmack von getrockneten Früchten und Toffee hinzufügt, während amerikanische Eiche für Honig-, Zitrus- und Vanillearomen bekannt ist. Eine ganz andere Geschichte wiederum ist die Mizunara-Eiche, welche in Japan bei einigen Abfüllungen zum Einsatz kommt.
Da in der Sherryindustrie zum größten Teil das Holz der amerikanischen Eiche verwendet wird und die europäische Eiche knapp ist, wird es zunehmend auch schwieriger die Unterschiede zwischen Sherry- und Bourbon-Einfluss im Whisky zu unterscheiden. Und tatsächlich verwenden auch Whisky-Destillerien Fässer, die zuvor ganz unterschiedliche Typen und Varianten von Sherry beinhalteten. Dalmore zum Beispiel verwendet Methusalem-, Apostoles- und Amoroso-Fässer. GlenDronach und Auchentoshan wiederum verwenden Pedro Ximénez- und Oloroso-Sherry-Fässer. Glenfarclas hingegen Oloroso- oder Fino-Fässer. Glengoyne hat Parlo Cortado-Fässer verwendet. Ihr versteht was ich meine…
Die Whiskylagerung und das Finish sind sehr komplex. Nicht nur die Holzart, auch wie lange der Sherry im Fass war, was die verschiedenen Sherrysorten aus dem Fass herausziehen und wo das Fass im Lagerhaus stand sind wichtige Komponenten. Außerdem ist es sehr entscheidend, ob das Fass ein first fill, second fill oder schon der xte fill ist. Ein first fill Fass bedeutet, dass es zum ersten Mal Whisky beinhaltet. Ein second fill Fass wiederum, dass bereits zuvor einmal Whisky darin gelagert wurde. Je öfter ein Fass verwendet wird, umso stärker schwächen sich dabei auch die positiven Effekte des Holzes auf den Whisky ab. Irgendwann ist so ein Fass dann auch mal durch und gibt kaum noch guten Geschmack ab. Das Fassmanagement der Destillerie hat folglich einen großen Anteil am guten (oder schlechten) Geschmack des Whiskys.
Wie Sherryfässer den Whiskygeschmack beeinflussen war die anfängliche Frage. Es ist sehr komplex, ist die kurze und vielleicht nicht ganz befriedigende Antwort.
Der Artikel ist im Original in Englisch bei Malt Review erschienen. Vielen Dank an Mark, dass wir eine Übersetzung des Artikels anfertigen und hier veröffentlichen durften.