Ein wichtiger Punkt vorab: Die Sorte Single Estate Whisky ist gesetzlich nicht geschützt, kann also von Brennereien frei verwendet werden. Und so gibt es ganz unterschiedliche Destillate, welche unter dem Single Estate-Label angeboten werden. Genießer sollten sich also genau anschauen, was genau die entsprechende Destillerie selber macht und inwiefern sich diese Schritte von anderen Brennereien unterscheiden.
Die Destillerie: Viele Single Estate-Brennereien befinden sich auf einem Landgut oder einer Farm. Das hat praktische Gründe: Denn wer seine Gerste oder ein anderes Getreide zum Brennen von Whisky selber anbauen möchte, braucht natürlich genug Platz und gute Bodenverhältnisse.
Das Mälzen: Schon beim Keimen der Gerste gibt es aber Unterschiede. Während manche Destillerien diesen aufwändigen Schritt auf eigenen Malting Floors selbst durchführen, setzen andere Brennereien auf externe Mälzereien in der Umgebung. Diese sind spezialisiert auf die Herstellung von Gerstenmalz und liefern eine beständige Qualität nach vorher festgelegten Spezifikationen.
Die Destillation: Bei den meisten Single Estate Whiskys handelt es sich im Kern um Single Malts, welche in kupfernen Brennblasen zweifach (gelegentlich auch dreifach) destilliert werden. Doch auch Rye Whiskeys und weitere Sorten werden als Single Estate-Variante angeboten.
Die Reifung: Spannend wird es bei der Lagerung: Während etwa viele schottische Whiskys nach dem Brennen in zentral gelegene High-Rack-Warehouses transportiert werden, reifen Single Estate Whiskys grundsätzlich in unmittelbarer Nähe zur Brennerei. Hierfür werden häufig traditionelle Dunnage-Warehouses mit drei Lagen verwendet, aber auch höhere und modernere Lagerhäuser sind möglich.
Das Terroir: Hinter dem aktuellen Trend zu Single Estate Brennereien steckt im Kern die Idee des Whisky-Terroirs: Die Vertreter dieses Konzept sind überzeugt davon, dass sich das Wasser, die Gerste, die Hefe, etwaiger Torf und die Lagerung auf den Geschmack des Whiskys nicht nur auswirken, sondern ihn vielmehr regional prägen. Die Idee des Single Estates als Ursprungsort des gesamten Whiskys vom Feld bis zur Flasche ist in diesem Sinne die direkte Fortsetzung des seit einigen Jahren im Trend liegenden Terroir-Gedankens.
Single Estate Brennereien im Überblick
Arbikie Highland Estate Distillery
Die junge Arbikie-Brennerei befindet sich im Nordosten der schottischen Highlands auf einem 2.100 Hektar großen Landgut. Die Single Estate Distillery wird von drei Brüdern betrieben, welche verschiedene Gerstensorten und weiteres Getreide rund um die Brennerei selbst anbauen und die Felder bewirtschaften. Das Mälzen findet bei einem Anbieter im Nachbarort statt. Gebrannt wird neben Single Malt Whisky aus Gerstenmalz auch ein Rye Whiskey aus Roggen. Die Reifung findet in Lagerhäusern auf dem Landgut statt. Der Single Malt soll den vollmundig-maritimen Stil der Coastal Highlands in sich tragen.
Ballindalloch Distillery
Mitten in der malerischen Speyside brennt Ballindalloch seine Single Estate Whiskys. Die Brennerei aus dem Jahr 2014 war die erste Neugründung in Schottland, welche den Begriff Single Estate für sich beanspruchte. Die Gerste für den Whisky von Ballindalloch wächst auf den Feldern rund um die kleinen Farm-Gebäude, wird jedoch nicht vor Ort gemälzt. Das Brennen des Whiskys und die Lagerung in den Casks findet aber vor Ort statt. Der Whisky soll robust und charaktervoll schmecken.
Lochlea Distillery
Die junge Lochlea Distillery befindet sich nur einige Meilen südlich von Glasgow. Das Farmgebäude, welches heute die Brennerei beherbergt, hat eine lange Geschichte. Von 1777 bis 1784 hat der schottische Nationaldichter Robert Burns hier gelebt und gearbeitet. Das Getreide für die Herstellung des Whiskys wird auf den umliegenden Feldern angebaut und auch die Reifung der Whiskys in hauptsächlich Bourbon-Barrels und Sherry-Casks findet komplett lokal statt. Als Master Blender konnte man keinen geringeren als John Campbell (ehem. Laphraoig) gewinnen.