Es ist ein beliebtes Spiel, welches mein Bruder Lukas und ich manchmal in der Bar spielen: Flaschen raten.
Aus einer Distanz von mehreren Metern versucht man im Schummerlicht durch den häufig dichten Rauch der Kneipe die Flaschen im Barregal anhand ihrer Form zu erraten.
Bei vielen großen Marken funktioniert das erstaunlich gut. So gut, dass wir schon vermutet haben, dass die Marketing-Leute von Johnnie Walker, Chivas Regal, Famous Grouse, Ballantines und Co. genau dieses Spiel auch regelmäßig in einer Versuchsbar spielen. Ganz einfach um sicher zu stellen, dass möglichst viele Kunden ihren Whisky auch unter erschwerten Bedingungen bestellen können. Denn klar ist auch: Wessen Flasche auf zwei oder drei Meter Entfernung in einer Bar nicht klar erkennbar ist, der wird seltener bestellt.
Mit der auffälligen Ziege auf dem Etikett und der markanten, bauchigen Flasche erfüllt Smoky Goat schon einmal alle Voraussetzungen für einen Bar-Klassiker. Doch kann der neue Scotch Blend von Diageos Spirituosenschmiede Whiskey Union auch geschmacklich überzeugen?
Hippe Whiskys in schicken Flaschen: Das Konzept von Whiskey Union
Whiskey Union tritt als Startup an, um einen jüngeren und experimentelleren Ansatz in die traditionelle Whisky-Welt zu bringen. Wo Marken wie Johnnie Walker, Famous Grouse, Ballantine’s oder Chivas Regal häufig seit vielen Jahrzehnten bestehen und höchstens behutsam in der Gestaltung aktualisiert werden, will Whiskey Union etwas Neues schaffen. Das ist zunächst einmal erfreulich – wenn denn das Ergebnis überzeugt. Der erste Versuch, ein zuckersüßer Flavoured Whisky namens Boxing Hares, kann aus unserer Sicht geschmacklich nicht überzeugen. Zumal es fraglich erscheint, ob man einem Whisky unbedingt noch Aromen und Zucker zugeben muss. Hier lest ihr unseren ausführlichen Test zum Boxing Hares.
Dennoch könnte das Experiment aufgehen: Denn wo immer noch viele Whiskys mit schnarchlangweiligen Flaschen im Regal stehen, fallen die originellen Etiketten und Designs der Whiskey Union umso mehr auf. Auf Altersangaben und allzu viel Fachsprache wird verzichtet, fast scheint es, als wolle man Neueinsteiger nicht überfordern – und vielleicht gleich schon an eine alterslose Whiskywelt gewöhnen. Die No-Age-Statements lassen grüßen.
Mit Smoky Goat erscheint parallel zu den boxenden Hasen nun ein klassischer Scotch Blend in Deutschland. Entsprechend werden hier die Regularien eingehalten: Mindestens 3 Jahre muss der Whisky für den Smoky Goat im Holzfass reifen, es darf Grain Whisky zugegeben werden – die Zugabe von Aromen oder Zucker ist aber gesetzlich ausgeschlossen. Das schränkt die Vielfalt des Getränks nicht ein: Immerhin kann sich Whiskey Union für den Smoky Goat aus dem breiten Portfolio von Diageos Whisky-Destillerien bedienen. Die rauchige Ziege soll dabei zwei aromatische Gegensätze in sich vereinen: Die Rauchigkeit von Islay und die Süße der Highlands.
Welche Whiskys stecken im Smoky Goat Blend?
Islay und Diageo – da kommen eigentlich nur Lagavulin oder Caol Ila in Frage (zumindest wenn nicht fremde Marken eingetauscht wurden). Und da die Lagavulins eigentlich immer wie geschnitten Brot laufen und Caol Ila um einiges größer ist, würden wir fast auf letztere Whiskys als Zutat im Smoky Goat tippen.
Bei den Highlands sieht es schon schwieriger aus. Hier besitzt Diageo mit Dalwhinnie, Clynelish, Royal Lochnagar und Oban gleich eine ganze Reihe von Destillerien, die als Lieferant für den Blend in Frage kommen. Vermutlich wird es auch hier aber eine der größeren Destillerien sein, die ihre Malts für die “rauchige Ziege” zuliefert.

Unser Tasting des Smoky Goat Blended Scotch Whisky
Wie riecht er?
Zum Glück nicht nach Ziege! Zuerst hatte ich befürchtet, dass der Name auf einen strengen Geruch des Blends hinweist. Doch weit gefehlt: Eine salzig-rauchige Note hebt sich aus dem Glas. Dazu Speck und Lakritz / Salmiak. Doch die kantigen Aromen von Islay sind dezent und werden abgemildert durch weichere Noten. Wir riechen dunkle Schokolade, Kakao, Griespudding, Zitrussschalen und etwas Grapefruit. Nussige Noten und etwas Holz sorgen für einen harmonischen Eindruck. Ein angenehmer und zugleich spannender Geruch, der so gar nicht an Ziege oder Bauernhof erinnert.
Wie schmeckt er?
Schmal, leicht und wässrig präsentiert sich die Ziege uns beim ersten Schluck. Nach dem starken Geruch eine ziemliche Enttäuschung auf der Zunge. Wir probieren dennoch weiter und schmecken Kakaopulver, kohlige, salzige und mineralisch-erdige Noten. Hinten ist der Blend trocken, dezent bitter (der Grain!) und nur sehr leicht rauchig. Wer Islay-Whiskys liebt, wird damit nicht glücklich werden. Zwar wartet Smoky Goat nach etwas Wartezeit noch mit etwas fettigem, in Öl gebratenen Gemüse auf – insgesamt ist der Scotch aber doch etwas harmlos. Da tröstet auch der dezente Nachgeschmack aus Asche und Rauch nicht drüber hinweg. Schade, für einen experimentellen Whisky hätte man sich wirklich mehr trauen können!
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