Nach dem Tasting des Springbank 10 Jahre habe ich mehr Fragen als vorher. Vor allem aber hat mir dieser Malt gezeigt, warum es so wichtig ist, jeden Whisky selbst zu probieren. Alles fing mit einigen sehr vielversprechenden Rezensionen im Netz an. Der Springbank 10 wird überwiegend positiv besprochen, vor allem die amerikanischen Whisky-Blogger sind über alle Maßen begeistert.
So heißt es etwa bei Scotchnoob.com zum Geschmack:
“Flavor starts with smoked meats, vanilla, big wet earthy peat but no campfire. Saltiness continues with mid-palate cerealy sweetness… Complex and spicy, a bit vegetal. Water brings out a sweetness like refined white sugar, but covers up some of the eccentric meaty flavors. Definitely savory. Finish is long and complicated, more spices, salted fish, boggy peat. Evolves as it fades.”
Das klingt nach einem pikanten, zugleich süßen und ordentlich komplexem Küstenwhisky mit ausgeprägter Torfnote. Oder wie der ScotchNoob zusammenfassend wertet: Ein “Must Try”.
Bei Jason’s Scotch Reviews wird der Springbank 10 wie folgt angepriesen:
“Brine, salty, lemon rind, green apple, Brazil nuts, an oily body, and sherry makes an appearance in a cloud of black smoke and sooty peat.”
Eine Wolke aus schwarzem Rauch und Torf hüllt hier die Fruchtaromen ein. Jason überschlägt sich fast vor Begeisterung:
“All the dogs howled in approval at Springbank. It’s like the moon rose high in the night sky and we were going to croon to it all evening. Wow! Springbank 10 years is a great malt. Not good. Great!”
Ok, er hat ihn mit zwei Johnnie Walkers und einem indischen Malt verglichen, aber dennoch.
Donnerwetter, dachte ich, was für ein Whisky. Den musst du unbedingt trinken, so vielschichtig und intensiv wie er zu sein scheint. Ich freute mich auf einen Whisky, dessen Aromen nie wieder von meiner Zunge verschwinden würden. Der nach geräuchertem Fleisch und feuchtem Torf schmeckt, nach salzigem Fisch, nach brasilianischen Nüssen und nach grünen Äpfeln.
Erste kleine Enttäuschung beim Tasting des Springbank 10
Jetzt habe ich den Springbank 10 Jahre an zwei unterschiedlichen Abenden verkostet. Es ist kein schlechter Whisky. Ein guter 10-jähriger Single Malt. Aber auch keine Sensation, wie ich sie nach dem Lesen der Whisky-Tests im Netz erwartet hätte. Waren meine Erwartungen zu hoch?
An den Blogs liegt es sicher nicht: Alle beiden Autoren sind erfahrene Whisky-Tester, die ihre Sache schon seit Jahren gut machen. Und doch habe ich teilweise etwas völlig anderes herausgeschmeckt. Nicht eine Nuance anders, sondern komplett. Ich habe mich schon gefragt, ob ich vielleicht einen ganz anderen Whisky getrunken habe. Oder ob Springbank die Rezeptur für seinen 10-jährigen klammheimlich geändert hat. Doch bevor ich hier nur spekuliere, meine Tasting-Notizen:
Wie riecht er?
Zunächst jung und recht alkoholisch. Er wirkt fast schlicht. Eine ausgeprägte Milde mit cremigem Honig und Blüten. Süßlich nach Mandeln und Marzipan. Könnte bis zu diesem Punkt auch ein milder Speysider oder Highlander sein. Erinnert mich spontan an den Glenfarclas 10 Jahre. Eine leichte, subtile Würze tritt hinzu. Birne mit einer Prise Pfeffer und einem Walkers Shortbread. Dazu ganz leichter Rauch.
Wie schmeckt er?
Rund und mild, er kitzelt die Zunge mit feiner Säure wie von einem Weißwein. Wirkt nicht so komplex wie vermutet. Auch hier wieder der Alkohol, der Whisky wirkt recht jung. Hinten eher trocken mit Eichenholz und Sherry. Dazu dezentes Meersalz. Im Abgang dann eine pfeffrige Schärfe, gepaart mit dezentem Rauch. Dieser wird stärker, wenn der Springbank 10 mehr atmet. Der Whisky bleibt nach dem Abgang mit Rauch und Torf im Mund zurück. Aber sonst? Das geräucherte Fleisch, der salzige Fisch und die Nüsse müssen irgendwoanders abgebogen sein. Lässt man diese Erwartungen hinter sich, macht der Springbank 10 Jahre aber durchaus Spaß im Glas. Es ist ein ungewöhnlicher, fast schon altmodischer Single Malt mit Noten, die mich an feuchte Taue und Seetang erinnern.
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Aktualisiert am 1.04.2023 um 03:12 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
1 Kommentar
Der Springbank 10 Jahre ist m.E. für das Alter (und für den Preis) ganz ordentlich gelungen, aber sicherlich keine Sensation