Tobermory hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Gegründet 1798 am Ufer der Isle of Mull ist sie eine der ältesten Destillerien Schottlands. Doch Besitzerwechsel, Schließungen und finanzielle Probleme sorgten für eine Historie, die eher einem Flickenteppich gleicht als einem fein gewebten Wollplaid, wie ihn die Weber der Insel interessierten Gästen bei einem Besuch gerne anbieten.
Heute gehört Tobermory zur südafrikanischen Distell-Gruppe und somit den gleichen Eigentümern wie Deanston und Bunnahabhain. Sofort erkennt man Gemeinsamkeiten, wie etwa der höhere Alkoholgehalt, mit welchem alle drei Marken inzwischen abgefüllt werden: Ordentliche 46,3 % sind es, was einem als Whisky-Liebhaber naturgemäß gut gefällt – schließlich lassen sich die Single Malts so perfekt mit ein paar Tropfen Wasser aufschließen.

Was steckt drin, wo Tobermory 12 Jahre draufsteht?
Die Gerste: Mit ihrer „Signature Expression“ macht die Destillerie auf Mull keine Experimente: Der Tobermory 12 Jahre wird wie schon erwähnt aus ungetorfter Gerste gebrannt. Unter der Marke Ledaig entstehen in der Brennerei jedoch auf getorfte Malts.
Die Fässer: Anschließend kommt der Insel-Malt in Bourbon-Fässer aus den USA. Keine Sherry-Casks, keine exotischen Hölzer, kein besonderes Finish. Ein ehrlicher, unverschnörkelter Whisky also.
Die Abfüllung: Dazu passt, dass der Tobermory 12 Jahre weitgehend naturbelassen abgefüllt wird: Ohne Kältefiltration, ohne Zusatz von Farbstoff und mit dem schon erwähnten höheren Alkoholgehalt von 46,3 % kommt er in die Flasche. Die Tönung des Single Malts schimmert angenehm kräftig im Glencairn-Glas, welches wir für dieses Tasting verwenden.

Unser Tasting des Tobermory 12 Jahre
Wie riecht er?
Der Duft des Tobermory 12 Jahre ist von süßen und getreidigen Noten geprägt. Wir erfreuen uns an frischen Stachelbeeren und Karamell-Sahnebonbons. Dazu erinnert uns der Duft an Kokos und Ananas – ein tropisches Timbre umweht den Tobermory 12 Jahre. Mit Knäckebrot und trockenem Heu wird der Whisky dann angenehm breit und malzig. Auch eine ordentliche Prise Meersalz findet sich in der Mischung. Mit einer trockenen Holznote verabschiedet sich der Insel-Whisky.
Wie schmeckt er?
Taadaaa, da geht der Vorhang auf! Schön breit ist der Tobermory 12 Jahre im Mund, seine malzigen und getreidigen Noten sind voll und präsent. Dazu passt das cremige Mundgefühl. Wir schmecken Porridge aus Haferflocken mit Stachelbeer-Gelee und Vanillezucker. Dezente salzige Noten erinnern an kleine Laugenbrezeln. Im trockenen Abgang dann die feine Bitterkeit von getrockneten Orangenschalen und viel Eichenholz. Die holzigen Noten sind erstaunlich ausgeprägt für einen 12 Jahre alten Malt, in einem Blind-Tasting könnte man den Tobermory durchaus älter schätzen.
Aktualisiert am 9.12.2023 um 21:52 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
3 Kommentare
Hi, bin neu in der Whiskey-Welt und auf der Suche nach leckeren aber dennoch preiswerten Whiskys. Der Bericht verleitet mich den Tobermory mal zu kosten, aber eine Sache ist mir nicht ganz klar bzw. irritiert mich. Ex-Bourbon-Fässer waren ja schon in Benutzung, gibt das Fass dann überhaupt noch Aroma ab? Klar spart der Hersteller Geld in der Produktion wenn er keine neuen Fässer kaufen muss aber ist der Whisky durch die Ex-Fässer generell schlechter oder wie kann ich das einsortieren?
Hallo Tobias,
vielen Dank für deine Nachfrage. Tatsächlich reifen fast alle schottischen Single Malts in Fässern, die zuvor schon mit Bourbon, Sherry oder einem anderen Wein/Spirituose vorbelegt waren. Diese Fässer sind nicht schlechter, ganz im Gegenteil: Sie prägen mit ihren Aromen den schottischen Whisky und bringen überhaupt erst eine große Vielfalt in die Sorte. Zwar bringen neue Virgin Oak Casks mehr Eichenholzaromen in einen Whisky, aber man kann einen Single Malt üblicherweise nicht zu lange darin lagern, da die würzig-scharfen Noten aus dem Holz sonst die Überhand gewinnen.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Probieren und keine Sorgen wegen Ex-Bourbon-Barrels, einige der besten Single Malts der Welt reifen in diesen gebrauchten Fässern.
Viele Grüße
Lukas vom MALT WHISKY Magazin
Hallo,
vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
Auch wir waren dieses Jahr in der Tobermory Destillery und waren von dem 12jährigen Tobermory sehr angetan.
Gerade das Preis- Leistungsverhältnis sollte nicht unerwähnt bleiben.
Und wenn man schon mal vor Ort war, sind Berichte und Tests besonders interessant.
Klasse!