Erst ein zuckersüßes Getränk auf Whisky-Basis, dann ein milder Blend und jetzt eine Mischung aus Scotch, amerikanischem und kanadischem Whiskey – die Jungs und Mädels von Whiskey Union scheinen wirklich nichts auslassen zu wollen. Kein Wunder, schließlich bezeichnen sie sich selbst als “Experimental Whiskey Makers” und wollen die Welt des Whiskys “a little more interesting” machen. Das Ergebnis sei unorthodox, verrückt und wunderbar, kurz: etwas was man noch nie zuvor geschmeckt habe.
Das sind große Versprechen und bisher – so muss man leider konstatieren – hat die Whiskey Union nicht viele davon eingelöst. Denn die ersten drei Releases Boxing Hares, Smoky Goat und jetzt Huxley sind so milde und unscheinbare Getränke, dass sie wirklich niemanden herausfordern.
Das Dilemma von Huxley und Co.
Kann ich mich als ernsthafter Genießer mit einer der drei Flaschen blicken lassen? Eigentlich nicht. Das liegt nicht etwa am Design, welches überaus gelungen ist. Die Hasen des Boxing Hares sind ein Hingucker, Smoky Goat ist zurückhaltend elegant in Brauntönen gestaltet und den Huxley ziert ein Fabelwesen. Wer Hipster ist oder Grafikdesign studiert, stellt sich so eine Pulle sicher gerne ins Regal. Das ganze Dilemma offenbart sich nach dem Öffnen: Bei diesen drei Whisky-Getränken ist rein gar nichts revolutionär oder ungewöhnlich. Es fehlt der Charakter, der Mut zur Kante und zu Aromen, die vielleicht nicht jedem schmecken.
Nun ist es sicher noch etwas früh, um über den Verkaufserfolg der Union-Whiskeys zu spekulieren. Aber so langsam fragt man sich schon, wer überhaupt die Zielgruppe für diese absolut dem Mainstream verpflichteten, lieblichen Spirituosen sein soll. Als einzige Zielgruppe fallen einem eigentlich Nicht-Whisky-Trinker ein. Mit rund 20 Euro für den Boxing Hares, 25 Euro für die Smoky Goat und 30 Euro für den Huxley langt man kräftig zu. Doch ob Einsteiger ins Whisky-Genre wirklich einen Premium-Aufschlag nur für ein schickes Design und eine hübsche Marketing-Story bezahlen wollen?
Zumal klassische Qualitätsangaben wie die Lagerdauer, die verwendeten Whiskys, ja überhaupt jegliche Details zur Herstellung fast komplett fehlen. “Flavour-led”, also geleitet vom Geschmack, nennt man dieses Konzept bei Diageo. Doch dafür müsste geschmacklich überhaupt erst mal etwas passieren, was das Getränk deutlich von vergleichbaren Spirituosen mit Qualitätsmerkmal abhebt. Aktuell scheint bei der Whiskey Union vor allem viel Marketing im Spiel zu sein. Ob das allein auf Dauer in der Preislage ausreicht, halten wir für fraglich.
Woraus besteht der Huxley Whiskey Blend?
Der Huxley ist eine Mischung aus Whiskeys aus gleich drei Ländern: Schottischer, kanadischer und amerikanischer Whiskey wird miteinander geblendet. Über die Zusammensetzung schweigt sich der Hersteller aus. Es gibt keine Angaben, ob etwa Malt Whiskys, Grain Whiskys, Corn Whiskeys oder Rye Whiskeys verwendet werden.
Hat der Huxley ein Alter? Nein, es wird keines angegeben. Scotch und Canadian Whiskey müssen drei Jahre gereift werden, der amerikanische Whiskey nur zwei Jahre. Letzteren sollte man zudem nicht mit Bourbon verwechseln. American Whiskey darf aus so ziemlich allen Getreidesorten hergestellt werden, er kann gelagert werden oder auch nicht und darf sogar Farb- und Geschmackszusätze enthalten. 2,5 % Zusatzstoffe sind erlaubt, beim kanadischen Whiskey sogar 9,09 % (mehr dazu bei Whsky.buzz). Es ist also ziemlich viel möglich…
Etwas mehr Informationen auf dem Etikett würden sicher helfen, mehr Vertrauen zu dem neuen Produkt aufzubauen. So muss man erst mal davon ausgehen, dass der enthaltene Whiskey nicht allzu alt ist und dass die Macher ihn preisbewusst bei irgendwelchen Destillerien des Mutterhauses Diageo ausgesucht und dann verblendet haben.
Wer ist eigentlich dieser Huxley?
Bei dem Namen Huxley denken sicher viele an den berühmten britischen Schriftsteller Aldous Huxley. Er schrieb den dystopischen Roman “Schöne Neue Welt”, in welchem die Menschen durch künstliche Fortpflanzung und Indoktrination ein starres Kasten-System geschaffen haben, in welchem jeder Mensch nur seiner ihm zugewiesenen Aufgabe folgen darf.
Doch dieser Huxley hat gar nichts mit dem hier vorliegenden Whiskey zu tun, wobei wir beim Tasting durchaus dystopische Zustände bekommen haben. Nein, der Name bezieht sich auf den englischen Biologen Thomas Henry Huxley, der auf einer Expedition nach Amerika angeblich das Fabelwesen “Mobsprey” entdeckt hat. Es handelt sich um eine Mischung aus Moose (Elch), Bobcat (Raubkatze) und Osprey (Fischadler).
Der Mobsprey soll die Whiskymacherin Caroline Martin angeblich zu dem Drei-Länder-Blend inspiriert haben – was für ein Glück, dass es Elch, Raubkatze und Fischadler in Schottland, den USA und Kanada gibt. Sonst wäre die schöne Geschichte wohl nicht aufgegangen…
Eine geheimnisvolle Lieferung erreicht unsere Redaktion…
Eines Tages liegt eine Benachrichtigungskarte für ein Einschreiben in unserem Briefkasten. Auf dem Postamt drückt uns die übellaunige Postbeamtin ein mysteriöses, kleines weißes Paket überreicht. Der Absender ein gewisser Heimo Tscherne. Kennen wir nicht, also auspacken: Im Karton ein kleines halb gefülltes Tasting-Fläschchen, eingewickelt in eine Weltkarte mit handgeschriebener Botschaft. Das ist er also, der Huxley, und er hat den Weg in unser streng geheimes Tasting-Labor gefunden. Na dann:
Unser Tasting des Huxley Whisky Blends
Wie riecht er?
Der Huxley riecht ziemlich jung und frisch. Er bedient vor allem die süßen Aromen: Vanillepudding und Apfel sind zu riechen, auch Sahne und eine Spur Griesflammeri mit Rosinen prägen den süßen und etwas harmlosen Geruch.
Wie schmeckt er?
Rund, mild und weich schmiegt sich der Huxley Blend an den Gaumen. Vanille und Mandelblättchen scheinen die einzigen Aromen zu sein, die aus der dezent süßen Mischung hervorragen. Hinten kommt etwas Bitterkeit hinzu, die an Zitronen- oder Grapefruitschale erinnert. Es ist kein Holz zu schmecken. Es ist überhaupt recht wenig zu schmecken. Der Huxley wandert in seiner milden, völlig durchgeblendeten Form ereignislos durch den Mund. Nach dem Abgang ist er sofort verschwunden. Er schmeckt dabei nicht unangenehm, aber lässt jegliches Erlebnis vermissen. Ein Whiskey, der geschmacklich nicht stattfinden will. Das habe ich so auch noch nicht erlebt…
Warum der Huxley so enttäuschend ist
Ihr merkt schon, dem Huxley Blend von Whiskey Union hapert es komplett an einem eigenen Charakter. Er ist ein Whisky für Leute die keinen Whisky mögen, ein Getränk für Leute, die sich nicht zu einem richtigen Geschmack durchringen wollen, die sich nicht entscheiden können und dann einfach irgendeine Mainstream-Flasche kaufen, weil das Etikett so schön ist.
Oder um es mit den Worten von Whiskey Union zu sagen: “Der Huxley ist deswegen der ideale Drink für Menschen, die sich nicht mit der erstbesten Lösung zufriedengeben. Die nicht aufhören, Fragen zu stellen – auch wenn die Antworten schon sicher erscheinen. Und vor allem für diejenigen, die fest daran glauben, dass es auch in einer Welt, die scheinbar keine Geheimnisse mehr kennt, noch viele unentdeckte Schätze gibt.”
Oh, hoppla…das ist garnicht das Gleiche? Hm, nunja da können wir auch nichts machen…sorry, Whiskey Union!
Kreative Whiskys bei Amazon bestellen
Aktualisiert am 28.03.2023 um 10:52 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
1 Kommentar
“Etwas mehr Informationen auf dem Etikett würden sicher helfen, mehr Vertrauen zu dem neuen Produkt aufzubauen.”
…oder auch das Gegenteil bewirken. Ich vermute, die sind selbst nicht sehr stolz auf das, was sie da in die Flasche kippen. Zumindest beim “Boxing Hares” mussten sie den schlimmen Sprit mit kiloweise Zucker kaschieren; ich will daher gar nicht wissen, was in den anderen Produkten noch so an halbseidenen Mittelchen drin ist. “Whisky Union” ist eine Experimentalklitsche für die Konzerne, wie weit sie mit Kundenverdummung gehen können.