Reifen Whiskys in der Flasche nach?
Mit diesem Mythos wollen wir gleich zuerst aufräumen: Nein, ein Whisky reift in der Flasche nicht mehr weiter. Eine tatsächliche Reifung findet nur in den Eichenholzfässern statt, in welchen der Whisky zuvor gelagert wurde. Mit der Abfüllung in das reaktionsneutrale Glas wird dieser Prozess abgeschlossen.
Gleichwohl kann sich ein Whisky in der Flasche über eine längeren Zeitraum hinweg verändern: Dies passiert durch den Einfluss von Luft, von Licht und Temperatur. So werden Korken bei Single Malts und auch Schraubverschlüsse bei Scotch Blends bei langer Lagerung häufig undicht. Es gelangt Sauerstoff in den Whisky und beeinflusst den Geschmack – er wird fast immer schlechter. Auf lange Sicht oder bei viel Luft in der Flasche kann der Whisky sogar verderben.
Kenner dichten ihre Flaschen deshalb häufig mit Parafilm-Klebeband ab: Anzuraten ist auch eine dunkle, stehende Whisky-Lagerung in einem trockenen und nicht zu warmen Raum. Whiskys mögen auch keine großen Temperaturschwankungen.
Wie alt ist ein alter Whisky wirklich?
Da der Whisky in der Flasche nicht weiterreift, entwickelt er sich auch vom Geschmack her nicht mehr weiter. Ein 10 Jahre alter Whisky von 1970 bleibt also genau das: Ein 10 Jahre alter Whisky, der für über 50 Jahre in einer Flasche war. Er wird aufgrund der langen Standzeit nicht zu einem 50 Jahre alten Single Malt, wie einige Finder dieser alten Flaschen teilweise fälschlicherweise vermuten.
Das hat auch einen entscheidenden Einfluss auf den Wert der alten Whisky-Flasche: Ein 50 Jahre alter Single Malt hat einen anderen Wert, als eine 50 Jahre alte Flasche mit jungem Whisky. Wobei nicht gesagt ist, dass diese Fundstücke wertlos sind. Im Gegenteil gibt es auch hierfür Liebhaber und Sammler, die teilweise hohe Preise zahlen. Das hängt aber auch von der Marke und Seltenheit der Abfüllung ab.
Scotch Blends bekannter Marken in alten Flaschen gibt es zum Beispiel sehr zahlreich und ihr Wert ist viel geringer als bei vielen alten Single Malt Flaschen. Bei einem Kellerfund lohnt sich also der Blick in bekannte Whisky-Auktionsplattformen. Hier erfährt man am schnellsten, ob die vermeintliche Rarität wirklich eine ist oder ob man besser beraten ist, den „flüssigen Schatz“ einfach mit ein paar guten Freunden selbst zu genießen.
Titelfoto: Grant’s Blended Scotch Whisky von mikepmiller unter BY-NC-ND 2.0
1 Kommentar
Wie alt ist ein alter Whisky wirklich?
Vielen Dank für die Ausführung zu diesem Thema. Auf welchen Plattformen kann man sich denn mal umschauen, wenn man einen vermeintlich oder doch echten guten Kellerfund hatte?