Der Multiple-Casks-Trick
Das Vorwissen: Ein Whisky erhält einen Großteil seiner Aromen (rund 80 %) aus den Eichenholzfässern in denen er lagert. Diese waren zuvor häufig mit Bourbon, Sherry oder Wein vorbefüllt. Viele Hersteller setzen nur eine Fasssorte ein, während andere ihren Whisky in zwei oder drei Arten reifen lassen.
Der Trick: Findige Whisky-Macher verwenden noch deutlich mehr verschiedene Fässer mit den unterschiedlichsten Vorbefüllungen. Auf diese Weise kommen schnell mehr Aromen in einen häufig jungen Single Malt und der Eindruck von Vielschichtigkeit entsteht.
Das Problem: Der Whisky erhält durch die kurze Lagerung in vielen verschiedenen Fässern vor allem oberflächliche Aromen, jedoch keine wirkliche Reife und Tiefe. Gerade Einsteiger sind schnell beeindruckt von der großen Fassauswahl auf dem Papier und dem Potpourri an Geschmacksnoten im Mund. Wer genauer hinschmeckt merkt aber schnell, dass die Aromen relativ flach und wie „darübergebügelt“ wirken. Hinter der ersten Ebene kommt häufig nicht viel. Zugleich wirken viele Multiple-Casks-Whiskys in ihrer Komposition schlicht unrund und überladen – mehr Fässer sind häufig nicht besser, als wenige gute Casks.

Der Virgin Oak-Trick
Das Vorwissen: Neue Eichenholzfässer bezeichnet man auch als Virgin Oak Casks. Sie werden in der schottischen Whisky-Industrie traditionell eher zurückhaltend eingesetzt. Das liegt daran, dass diese Fässer sehr intensive Holznoten in den Whisky bringen. Lagert ein Single Malt nun aber für 10 Jahre oder länger in diesen Fässern, entsteht oft eine scharfe, holzige Note.
Der Trick: Füllt man einen frisch gebrannten Whisky in Virgin Oak Casks, dann lässt sich schnell Reife simulieren. Schon nach drei Jahren hat das Destillat eine gut erkennbare Eichenholznote. Auch langweilige ältere Whiskys aus dem Lagerhaus lassen sich in den neuen Fässern gezielt „aufpeppen“ und mit zusätzlichen Holzaromen versehen.
Das Problem: Der flüchtige Genießer schmeckt die intensiven Eichenholznoten und verbindet sie mit einer langen Fassreife. Wer aufmerksam verkostet merkt aber schnell, dass hinter der prägnanten Holznote nur wenige andere Aromen warten. Das frische Eichenholz dominiert den Geschmack und lässt kaum Raum für andere Noten. Tatsächlich gibt es natürlich auch gute Virgin Oak-Whiskys. Bei jungen Whiskys überdecken die Holzaromen aber häufig gezielt das unreife Alter des Single Malts. Erhält ein alter Whisky nach vielen Jahren im Fass plötzlich noch ein Finish in Virgin Oak Casks, dann ist häufig Vorsicht angebracht.

Der Sherry-Cask-Trick
Das Vorwissen: Sherryfässer haben den Ruf, besonders komplexe Aromen in den schottischen Whisky zu bringen. Wir haben sofort das Bild von uralten Bodega-Casks vor Augen, die im Dämmerlicht alter Gewölbe in Spanien nur darauf warten, dass ein schottischer Whisky-Macher sie abholt und sie mit feinstem Single Malt befüllt.
Der Trick: Bei den meisten Fässern handelt es sich um so genannte Sherry-seasoned casks, die nach festgelegten Spezifikationen speziell für die Whisky-Brennereien gefertigt werden. In riesigen Hochregallagern lagern diese mit frischem Sherry befüllten Fässer für einige Monate – sie werden mit dem Sherry aromatisiert. Was viele Genießer nicht wissen: Bis zu 10 Liter Sherry befinden sich bei Lieferung nach Schottland noch im Fass, weitere 20 Liter sind in den Fasswänden. Bei einem Sherry-Hogshead mit 250 Litern ist das schon ein ordentlicher Anteil, welcher den Whisky schnell aromatisch prägen wird.
Das Problem: Mit einem Finish in Sherryfässern lassen sich in kurzer Zeit kräftige Fruchtaromen in einen Whisky bringen. Mit der Lagerung in den spanischen Fässern lassen sich so auch langweilige Malts schnell aufhübschen. Single Malts, die komplett und über viele Jahre hinweg in Sherryfässern reifen, sind diesen Whiskys mit Finish häufig überlegen. Es ist anzunehmen, dass Sherry-seasoned-Casks nicht die gleiche aromatische Tiefe und Vielfalt in einen Whisky bringen wie alte Bodega-Casks. Ehrlicherweise muss man aber zugeben, dass der enorme Bedarf an Sherry-Casks ohne die Seasoned-Casks kaum zu decken wäre.

Der Farb-Trick
Das Vorwissen: Ein Whisky mit kräftiger Farbe wirkt automatisch reifer. Die Destillerien können hier ganz legal nachhelfen und ihre Whiskys mit dem Lebensmittelfarbstoff Zuckerkulör (E150) nachfärben. Offiziell heißt es häufig, dass es um die Einheitlichkeit der Farbe über viele Flaschen hinweg geht und man den Käufer nicht verwirren will.
Der Trick: Gerade bei jüngeren Whiskys wird bei der Farbe mit deutlich mehr Zuckerkulör (E150) als nötig nachgeholfen. Und so sind die No-Age-Statements im Portfolio vieler bekannter Brennereien teilweise die Whiskys mit der dunkelsten Tönung.
Das Problem: Die Beurteilung der Whisky-Farbe wird durch die Zugabe von Zuckerkulör ad absurdum geführt. Da das Nachfärben nur kosmetische und verkaufstechnische Gründe hat, könnte sie beim Naturprodukt Whisky eigentlich entfallen. Solange naturbelassene Whiskys sich aber nicht deutlich besser verkaufen als ihre gefärbten Pendants, wird sich daran wohl leider sobald nichts ändern.
Whisky-Tricks vermeiden – bessere Single Malts genießen
Die Reifung eines Whiskys lässt sich nicht verkürzen und im Schnelldurchlauf absolvieren. Mit den oben genannten Tricks können Whisky-Macher aber gezielt Reife vortäuschen und ihre Abfüllungen älter und vielschichtiger wirken lassen, als sie es in Wirklichkeit sind. Denn jedes gesparte Jahr im Fasslager bedeutet am Ende bares Geld – vor allem, wenn man seine jungen Whiskys dennoch zu hohen Preisen abgesetzt bekommt. Dies geht zulasten von Whisky-Brennereien, welche ohne Tricks produzieren und einfach warten, bis ihre Destillate wirklich reif für die Abfüllung sind.
Vor den meisten der oben genannten Tricks kann man sich beim Whisky-Kauf schützen. Hier unsere Tipps:
Das Alter: Ein hohes Age Statement ist zwar kein zuverlässiger Garant für einen großartigen Whisky – aber in Kombination mit einer seriösen Fassauswahl doch ein wichtiger Indikator. Die Chance einen x-beliebigen Whisky mit Age Statement zu wählen und eine Pleite zu erleben ist viel geringer, als wenn man den gleichen Versuch mit einem beliebigen Whisky ohne Altersangabe unternimmt.
Die Anzahl der Fässer: Die Auswahl der Fässer muss zum Whisky passen. Reift ein junger Whisky in sehr vielen unterschiedlichen Fässern, ist häufig Vorsicht geboten. Hier sollte man hinterfragen, welchen Einfluss vier oder mehr Fässer in so kurzer Zeit überhaupt auf den Whisky haben können. Weniger ist hier häufiger mehr.
Die Qualität der Fässer: Je frischer ein Fass ist, umso intensiver sind die Aromen, die es in den Whisky bringt. Im Idealfall geben Brennereien an, wie viele Vorbefüllungen ihre Fässer haben.
- First-fill-Fässer werden nach ihrer Vorbefüllung (etwa mit Bourbon oder Sherry) das erste Mal mit Single Malt Whisky befüllt und bringen besonders viele Aromen in den Whisky
- Second-fill-Fässer werden das zweite Mal mit einem Single Malt befüllt, die Intensität ist hier schon geringer
- Refill-Casks werden dreimal, viermal oder noch häufiger verwendet. Sie bringen trotz Aufarbeitung des Fasses deutlich weniger Aromen in den Whisky
Die Transparenz der Destillerie: Einige Whisky-Brennereien sind transparenter als andere, was die Nennung der verwendeten Fässer angeht. So können sich Genießer schon vor dem Kauf fundiert informieren. Wichtig ist auch hier, dass die verwendeten Fässer zum Whisky passen und in ihrer Auswahl Sinn ergeben.
Naturbelassene Qualität: Wer keine Lust mehr auf Tricks mit E150 hat, der wird bei den Single Malts ohne Farbstoff fündig. Hier gibt es längst eine große Auswahl an exzellenten Single Malts, die zum gleichen Preis eine ungefärbte und ungefilterte Qualität ins Glas bringen.
2 Kommentare
Auch wenn es nicht ganz zum Thema passt, hätte man trotzdem noch die Kühlfiltrierung hinzunehmen können.
Unterm Strich ist es ja doch ein “Trick”, ähnlich wie die Zugabe von Zuckerkulör, um eine breiter Käuferschaft zu erreichen.
Der Nachteil dabei ist ja, dass durch das Rausfiltern der ganzen congeners ja doch auch der Geschmack beeinflusst wird.
Ich bin mir aber jetzt nicht sicher, ob das Kühlfiltrieren insgesamt günstiger ist als das Anheben des Alkoholgehalts.
Sehr schöner Beitrag. Um Vorurteile zu vermeiden könnte man vielleicht noch anfügen, dass Second-fill-Fässer oder Refill-Casks an sich erstmal nichts schlechtes sind, sondern hier gezielt Aromen zugeführt werden können. Je nachdem wie sehr der Alkohol das Holz bereits bearbeitet hat kommen schließlich unterschiedliche Aromen zur Geltung. Glenfarclas arbeitet zum Beispiel mit vielen solcher Fässer und hat gar nicht den Anspruch eine reine Sherrybombe zu sein, sondern bietet einen sehr vielschichtigen Whisky.