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Wer eine Flasche Whisky in die Hand nimmt, stolpert schnell über Begriffe wie „Aged in First-fill European Oak Sherry Casks“. Doch was verbirgt sich hinter diesen und anderen Wort-Ungetümen? In unserem Ratgeber wollen wir die wichtigsten Fakten rund um Whiskyfässer kurz und leicht verständlich darstellen.
Schottische Single Malt Whiskys werden aus nur drei Zutaten hergestellt: Gerste, Wasser und Hefe – und doch unterscheiden sich die vielen zehntausend verfügbaren Abfüllungen entscheidend voneinander, schmeckt jeder Whisky unterschiedlich. Das Geheimnis liegt in den Fässern, die den Whisky nicht nur über viele Jahre hinweg sicher beherbergen, sondern in dieser Zeit auch seinen Charakter und Geschmack prägen.
Doch Fass ist nicht gleich Fass: Von der verwendeten Eichenholz-Sorte über die Vorbelegung des Fasses mit Bourbon oder Sherry bis zur Art der Reifung und der Frische der Fässer gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die den fertigen Whisky beeinflussen.

Das Holz: Die wichtigsten Eichenholzarten für Whiskyfässer
Wer Eiche sagt, muss auch Quercus sagen: Unter dem lateinischen Namen sind über 600 Eichenarten versammelt. Für die Whisky-Herstellung sind aber nur vier wirklich bedeutend:
American Oak (Quercus Alba)
Das Holz der amerikanischen Weißeiche wird bevorzugt zur Reifung von Bourbon Whiskeys verwendet. Doch auch ein Großteil der schottischen Whiskys reift in American Oak Casks. Bei Quercus Alba handelt sich um ein besonders dichtes Eichenholz, sodass der Whisky weniger stark mit dem Holz interagiert. Dafür ist der Werkstoff stabil genug, dass die Fässer mit Maschinen gefertigt werden können. Quercus Alba enthält viel Vanillin: Es bringt eine gewisse Süße, aber auch Aromen von Vanille und eine Spur Kokosnuss in die das Destillat.
European Oak (Quercus Robur)
Fässer aus europäischem Eichenholz haben eine lange Tradition in den spanischen Sherry-Bodegas. Die Sorte ist aber überall in Europa zu finden. Quercus Robur wächst langsamer als Quercus Alba, das Holz ist poröser – der Whisky kann stärker mit dem Fass interagieren. Die Holzsorte soll würzige Aromen, sowie Noten von Trockenfrüchten in den Whisky bringen.
French Oak (Quercus Petraea)
Die französische Limousin-Eiche wird vor allem zur Lagerung von Wein und Cognac eingesetzt. Sie stammt aus den gleichnamigen Wäldern und erlaubt durch ihren porösen Charakter eine hohe Interaktion des Whiskys und sorgt so für einen erhöhten Tannin-Einfluss.
Mizunara Oak (Quercus Mongolica)
Das Holz der Mizunara-Eiche wird vor allem von japanischen Whisky-Destillerien geschätzt, ist jedoch auch dort selten: Das liegt daran, dass die Bäume sehr langsam wachsen. Es dauert 200 bis 500 Jahre bis sie bereit für die Fassherstellung sind. Das Holz ist ausgesprochen porös und die Fertigung von dichten Fässer entsprechend anspruchsvoll. Suntory stellt zwischen 150 und 200 Mizunara-Fässern pro Jahr in seiner Küferei her – nur 1 % des gesamten Whisky-Bestands lagert in den Fässern aus japanischer Eiche.

Die Reifung: Was macht der Whisky im Eichenholzfass?
Durch den Kontakt des Whiskys mit dem Fass beginnt die Reifung. Generell unterscheidet man zwischen drei Arten der Reifung, die gleichzeitig ablaufen:
- Additive Reifung: Das Eichenholz fügt dem Whisky während der jahrelangen Reifung seine Farbe, seine Aromen und seinen Charakter hinzu.
- Subtraktive Reifung: Während der Reifung verliert der Whisky mit der Zeit seinen jungen Charakter und raue Alkoholnoten.
- Interaktive Reifung: Zwischen dem New Make und dem Eichenholz finden komplexe Reaktionen statt, welche den Whisky beeinflussen. Dazu gehören die Verdunstung von Wasser und Alkohol, aber auch die Interaktion mit der Luft. Florale und fruchtige Noten sollen durch letzteres begünstigt werden. Eine ganze Reihe von Prozessen der interaktiven Reifung sind noch nicht zu Ende erforscht.

Die Aromen: Was war vorher im Whiskyfass?
Die wenigsten schottischen Whiskys reifen in Virgin Oak Casks – also jungfräulichen, neuen Eichenholzfässern. Diese sind für eine längere Reifung über viele Jahre hinweg häufig nicht so gut geeignet, da sie sehr intensive, würzige Aromen an die Spirituose abgeben. Diese Noten überlagern häufig feinere Noten des Whiskys, bisweilen kann das Eichenholz sogar scharf schmecken.
Fast alle Scotch Single Malts werden daher in Fässern gelagert, die zuvor bereits eine andere Spirituose oder einen fortifizierten Wein enthielten.

Amerikanische Bourbon-Barrels
Rund 97 % aller schottischen Single Malts reifen in so genannten Ex-Bourbon-Barrels aus den USA. Das ist kein Zufall: Da Bourbon Whiskey per Gesetz immer in neuen Fässern reifen muss, gibt es jede Menge nur einmal verwendeter Ex-Bourbon-Barrels. Da die Fässer maschinell hergestellt werden und der Whiskey eine konstant gleiche Qualität aufweist, sind die Barrels für schottische Destillateure zudem relativ berechenbar.
Das Holz: Fast immer amerikanisches Eichenholz, auch wenn es gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.
Die Größe: Amerikanische Standardfässer haben 200 Liter, für schottische Destillerien werden sie häufig zum Hogshead mit 225 bis 250 Litern umgebaut.
Die Aromen: Typische Bourbon-Aromen wie Vanille, Karamell und nussige Noten finden ihren Weg auch in den Single Malt. Röstige Noten kommen je nach Intensität des Ausbrennens des Fasses hinzu.

Spanische Sherry-Casks
Spanische Sherryfässer werden schon seit Jahrhunderten für die Lagerung von schottischem Whisky eingesetzt. Der fortifizierte Wein kam in großen Fässern auf dem Seeweg nach Großbritannien, waren die „Butts“ ausgetrunken, standen die Fässer zur Zweitbefüllung zur Verfügung. Heute ist Sherry etwas aus der Mode gekommen und viele Sherry-Casks werden auf Bestellung speziell für die Scotch-Destillerien angefertigt.
Das Holz: Traditionell bestanden Sherry-Butts aus europäischem Eichenholz, heute wird häufig auch American Oak verwendet.
Die Größe: Ein klassisches Sherry-Butt hat ein Fassungsvermögen von 500 Litern. Speziell angefertigte Sherry-Casks können aber zwecks einfacherer Lagerung in den schottischen Warehouses auch Hogsheads sein.

Oloroso-Sherry-Casks
Oloroso ist eine kräftige, trockene Sherry-Sorte. Die Fässer sind besonders beliebt für die Nachreifung von Single Malts.
Die Aromen: Whiskys, die in Oloroso-Sherry-Casks gereift wurden, sind häufig von holzig-würzigen sowie fruchtigen Aromen geprägt. Prägnante Aromen sind häufig Trockenfrüchte wie Feigen, Pflaumen und Rosinen. Die Fruchtnoten werden oft durch markant würzige Eichenholznoten ergänzt.
Pedro-Ximénez-Casks
Pedro Ximénez (abgekürzt PX) ist eine Rebsorte, die vor allem im Süden Spaniens angebaut wird. Sie ist für ihren hohen Zuckergehalt bekannt. Aus den Trauben wird der süße und cremige Pedro Ximénez-Sherry hergestellt. Pedro-Ximénez-Casks sind besonders beliebt, da sie Whiskys um fruchtige und süße Charakterzüge ergänzen können.
Die Aromen: Typisch für in Pedro-Ximénez-Fässern gereifte Whiskys ist ein volles und weiches, cremiges Mundgefühl – wobei hierfür natürlich auch der Charakter des Ursprungswhiskys entscheidend ist. Die Aromen sind häufig ausgeprägt süß. So sind häufig Aromen von Brombeeren, aber auch Trockenfrüchte wie Aprikosen, Datteln oder Rosinen in PX-Cask-Whiskys zu schmecken.

Portugiesische Port-Casks
Bei Portwein handelt es sich um einen verstärkten portugiesischen Süßwein, welcher traditionell im portugiesischen Duoro-Tal hergestellt und in Eichenholzfässern gelagert wird.
Die Aromen: Port-Casks werden häufig nur zum Finish eingesetzt, da die Aromen des Süßweins sehr intensiv sind und den Whisky schnell überlagern können. Typische Port-Cask-Whiskys haben einen dunklen Charakter mit schweren Aromen von dunklen Früchten und würzigem Holz.

Weitere Whiskyfässer
Lange Zeit waren die Regeln der Scotch Whisky Association (SWA) für schottischen Whisky relativ streng: Es sollten nur Fassarten eingesetzt werden, die auch traditionell schon verwendet wurden.
Seit 2019 dürfen schottische Whiskys aber in fast allen Spirituosenfässern reifen. Erlaubt sind zum Beispiel:
- Mexikanische Tequila-Fässer
- Japanische Shochu-Fässer
- Chinesische Baijiu-Fässer
- Französische Calvados-Fässer
Einige Ausnahmen gibt es weiterhin: Es dürfen keine Fässern verwendet werden, die einen Wein oder eine Spirituose aus Steinfrüchten enthielten. Und auch Getränke, denen nach der Fermentation noch Früchte, Geschmacks- oder Süßungsstoffe zugesetzt wurden, sind für den Einsatz als Whisky-Cask nicht erlaubt.

Die Fasslagerung: Komplette Reifung vs. Finish
Es macht einen wichtigen Unterschied, ob ein Whisky für die komplette Reifezeit in einem Fass verbringt oder mehrere Casks ins Spiel kommen. Diese drei Arten der Reifung sind besonders wichtig:
- Komplette Reifung: Der Single Malt reift für die ganze Zeit zum Beispiel in Sherry-Casks
- Parallele Reifung: Ein Teil des Single Malts reift in Sherry-Casks, der andere in Bourbon-Barrels, am Ende findet eine Vermählung statt
- Reifung mit Finish: Der Single Malt reift für einen Großteil der Zeit in Bourbon-Barrels und wird dann für mehrere Monate bis über ein Jahr zum Beispiel in besonderen Fässern nachgereift

First-fill vs. Refill-Casks: Was ist der Unterschied?
Whiskyfässer werden nicht nur einmal verwendet, sondern können über viele Jahre hinweg immer wieder befüllt werden. Dabei nimmt die Intensität des Fasses kontinuierlich ab. Um den Überblick zu bewahren, hat sich folgende Einteilung etabliert:
- First-fill-Cask: Ein Fass, welches zuvor eine andere Spirituose oder Sherry enthielt und nun das erste Mal mit Scotch Whisky befüllt wird
- Second-fill-Cask: Ein Fass, welches eine Vorbefüllung und eine erste Befüllung mit Whisky enthielt und nun zum zweiten Mal verwendet wird
- Refill-Casks: Ein Fass, welches mehr als zweimal mit Scotch Whisky befüllt war und wiederverwendet wird
Interessant (und bisweilen etwas verwirrend) ist die Zählweise für diese Begriffe: So wird die Vorbefüllung nicht mitgezählt, die erste Befüllung mit Scotch wird als „First-fill“ gezählt, dann folgt der „Second-fill“.
6 Kommentare
Guter Artikel. Ich wäre noch etwas mehr auf das Toasting bzw. Charring eingegangen. Wenn man mehr dazu erfahren will, empfehle ich einen Besuch in der Speyside Cooperage. Eine mindestens so interessante Erfahrung wie der Besuch einer Destille an sich.
Danke für die sehr interessanten Beiträge, diese sind immer von großem Nutzen. Besonders für mich, da ich nun wirklich ein Neueinsteiger bin und diese professionelle Richtung gerne näher kennen lernen möchte. Maltwhisky.de ist eine Bereicherung für mich, die hilft, sich besser zurechtzufinden.
Danke.
Danke für Eure sehr interessanten Beiträge zu den Whiskyfässern.
Das ist das erste Mal, dass ich das Thema so genau erklärt fand.
Ich gratuliere dazu.
Patrick
Sehr spannender Artikel. Konnte vieles lernen. Danke
Darf sich denn das Finish von der Lagerung unterscheiden? Ich habe einen Tullibardine 228 zuhause stehen, der 12 Monate in Rotburgunderfässern gelagert wurde. Ich meine auch, dass es Whiskys gibt, die in Bordeauxfässern ein Finish erhalten.
Ist mit den Regeln gemeint, dass schottische Whiskys die Mehrheit der Lagerzeit nicht in Weinfässern lagern dürfen?
Hallo Alex,
vielen Dank für die Frage. Sowohl für Reifung und Finish dürfen Eichenholzfässer von Weinen verwendet werden. Rotwein- oder Weißweinfässer unterliegen keinen Beschränkungen. Ein Whisky kann also auch vollständig in einem Weinfass gelagert werden – häufiger ist aber ein Finish, da die Aromen des Weins die des Whiskys nicht überlagern sollen.
Lediglich Fässer von Weinen aus Steinfrüchten sind für die Whisky-Reifung nicht erlaubt.
Viele Grüße
Samuel von MaltWhisky.de