Yamazaki im Koishikawa Kōrakuen in Tokio (Foto: Malt Whisky)
Musste ich erst nach Tokio fliegen und in den Koishikawa Kōrakuen gehen, um den Yamazaki Single Malt schätzen zu lernen? Nein. Aber in dem traumhaften Landschaftsgarten, der zu den drei schönsten Japans gehört, fällt es schwer, sich nicht in den Yamazaki zu verlieben. Und das obwohl der ein NAS-Whisky ist und ich mir von einem süßen Malt beim ersten Date lieber erst mal den Ausweis zeigen lasse…
Ein Single Malt aus Japans ältester Destillerie
Die Yamazaki-Destillerie liegt nicht in Tokio, sondern im kleinen Ort Yamazaki zwischen Kyoto und Osaka. Wir hatten schon über unseren Besuch dort berichtet. Die Brennerei wurde im Jahr 1923 gegründet und ist damit die älteste Destillerie Japans. Weniger als 100 Jahre ist das her – im Land von Sushi und Geishas hat man erst spät mit der Whisky-Herstellung angefangen.

Schottisches Wissen und schottische Wurzeln
Masataka Taketsuru kam aus einer Familie von Sake-Brauern. Im Jahr 1918 reiste er nach Schottland, studierte organische Chemie in der Universität Glasgow und ging in der Longmorn-Destillerie in Strathspey in die Lehre. Er lernte seine spätere Frau Jessie Roberta “Rita” Cowan, kennen. Eine Liebesgeschichte mit Hindernissen: Beide Familien wollten das junge Glück verhindern. So kitschig es klingt, die Liebe der beiden war stärker und so kehrte Taketsuru mit ihr im November 1920 nach Japan zurück. Mit im Gepäck jede Menge praktisches Wissen über den Betrieb einer Whisky-Destillerie. Nur drei Jahre später war Yamazaki geboren.

Yamazaki gibt es in Japan überall
Die japanische Destillerie ist vor allem für ihre gereiften Single Malts wie den Yamazaki 12 Jahre oder den Yamazaki 18 Jahre bekannt. Der Yamazaki (NAS) ist so etwas wie die Einstiegsqualität der vielgerühmten Brennerei. In Japan ist er weit verbreitet: Es gibt in praktisch jedem Mini-Supermarkt, sei es SevenEleven, FamilyMart oder Lawson’s. Interessant ist die kompakte Flasche mit nur 180 ml. Sie hilft vermutlich dabei, den Preis auch für den gelegentlichen Feierabendgenießer attraktiv zu halten: Rund 1250 Yen, umgerechnet etwas weniger als 10 Euro kostet das Vergnügen.
Die niedliche Flasche lockt mit japanischem Schriftzeichen und den klar gesetzten Lettern. Sie ist leicht rauchbraun getönt, was sie sehr hochwertig erscheinen lässt. Ein Dreh am Verschluss und schon tauche ich ein die Aromen des fernöstlichen Single Malts.

Unser Tasting des Yamazaki Single Malt (NAS)
Wie riecht er?
Ein milder, lieblicher und zugleich voller Duft. Ich rieche Honig und reife Birnen, aber auch Getreide und Blütennektar. Süßer Griesbrei mit Himbeeren. Eine feine Würze trägt den Whisky im Mittelteil, er wirkt strukturiert und gut durchkomponiert. Dann Pflaumen und eine Ahnung von Holz. Schließt man die Augen und atmet tief ein, steht man für einen winzigen Moment im Warehouse von Yamazaki. Ganz schwer das Alter dieses Whiskys zu schätzen. Er ist jung, aber nicht zu jung.
Wie schmeckt er?
Der volle, ausgewogene Charakter findet sich auch im Mund wieder. Ist das die vielbeschworene japanische Harmonie? Ich schmecke Birnen mit Schale, Honigbonbons und viel Getreide. Bis in den Abgang hinein ist der Whisky malzig und geprägt von den getreidigen Noten. Dennoch nicht scharf, aber durchaus mit leichter Bitterkeit. Wie eine bittere Wurzel auf der man kaut. Im Mittelteil hatte ich mir noch eine Spur mehr Aromen aus dem Nosing erhofft. Das jüngere Alter der enthaltenen Malts zeigt sich am Gaumen deutlicher. Den Abgang beschließt der Yamazaki Single Malt mit hellen Holznoten, hat etwas von einem Eisstiel, den man abschleckt.
Aktualisiert am 1.06.2023 um 04:02 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API