Inhaltsverzeichnis
Unterschied Nr. 1: Die Rohstoffe
Sowohl Cachaça, als auch Rum werden aus Zuckerrohr hergestellt. Doch während der Cachaça aus dem gepressten Saft oder Sirup hergestellt wird, verwendet man für die Destillation von Rum überwiegend Melasse. Die entsteht als Nebenprodukt der Zuckerherstellung und ist weithin verfügbar. Die Melasse sorgt für das süßliche und karamellige Aroma des Rums. Demgegenüber sind Brände aus Zuckerrohrsaft häufig trockener, fruchtiger und würziger.
Also ist Rum nur aus Melasse und Cachaça nur aus Zuckerrohrsaft? Nicht ganz, denn es gibt eine Ausnahme: Rhum Agricole aus den französischen Übersee-Départements und Karibik-Inseln Martinique, Guadeloupe und La Réunion wird auch aus dem Saft hergestellt. Diese Rum-Variante ist dem Cachaça ähnlicher als einem Melasse-Rum.
Unterschied Nr. 2: Die Herkunft
Cachaça ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung: Nur Zuckerrohrbrand aus Brasilien darf sich so nennen. Er muss die Cachaça-Regularien einhalten, die aber nicht sonderlich streng sind. So muss der Alkoholgehalt zwischen 38 und 48 % liegen. Zucker darf zugegeben werden, nur bei mehr als 6 g pro Liter muss dies angegeben werden. Bis zu 30 g Zucker pro Liter sind erlaubt. Bei Rum ist jeglicher Zuckerzusatz verboten, wobei sich dies nicht immer komplett überprüfen lässt. Die Art der Destillation und Lagerdauer ist nicht vorgeschrieben. Insgesamt gibt es eine Vielzahl an qualitativ völlig unterschiedlichen Cachaças, von denen viele hierzulande nicht erhältlich sind.
Unterschied Nr. 3: Die Herstellung
Der nächste wichtige Unterschied zwischen Cachaça und Rum liegt in der Herstellung. Da der Zuckerrohrsaft direkt verarbeitet wird, beginnt die Arbeit auf der Plantage.
Zum Ernten schlägt man das Zuckerrohr per Hand oder mit einer Maschine kurz oberhalb des Bodens ab. Die Blätter und die grüne Spitze der Pflanze werden entfernt, da für die Cachaça-Herstellung nur das Rohr benötigt wird. Zurück im Betrieb wird das Zuckerrohr mit Hilfe von Walzen ausgepresst – der Saft fließt in einen Gärbottich. Nicht aller Zucker lässt sich aus der Pflanze herausholen, aber dieser Schritt ist Handwerk und keine ganz exakte Wissenschaft. Die Reste der Pflanze kann man zum Befeuern der Brennkessel einsetzen (siehe auch das Foto).
Der Zuckerrohrsaft wird nun häufig ohne Zusatz von Hefen vergoren. Dabei helfen die natürlichen Hefepilze, die auf jeder Zuckerrohrpflanze zu finden sind. Denn Hefen lieben Zucker! Die Vergärung läuft aufgrund des heißen Klimas überaus stürmisch ab. Nach weniger als 24 Stunden ist sie bereits abgeschlossen. Der entstandene “Wein” aus dem Zuckerrohrsaft hat bereits einen Alkoholgehalt von 15-18 %.
Jetzt geht das schwach alkoholische Gemisch in die Brennblase: Hier wird es unter starker Hitze ein- bis zweimal gebrannt. Faustregel ist hierbei: Je öfter man destilliert, desto milder wird der Brand – es gehen aber auch würzige und herbe Aromen verloren. Durch das Brennen errreicht die Spirituose einen Alkoholgehalt von 38 bis 48 %. Liegt er etwas höher, kann man den Cachaça mit Wasser auf die gewünschte Trinkstärke herunterverdünnen. Die besseren Cachaça-Sorten kommen nun zur Reifung für mehrere Monate oder Jahre ins Holzfass – die günstigen Varianten werden praktisch unverändert direkt verkauft. Mehr als 20 Holzsorten können für die Fasslagerung zum Einsatz kommen, darunter auch viele Tropenhölzer. Rum wird demgegenüber fast ausschließlich in Eichenholz gelagert.
Unterschied Nr. 4: Das Image
Wer einmal durch Brasilien fährt, wird auf Schritt und Tritt über den günstigen Cachaça stolpern. Es soll bis zu 30.000 Brennereien geben, die den Rum unter teilweise einfachsten Verhältnissen herstellen. Häufig ist der günstige Rausch für ein paar Reals oder Pesos das Ziel. In Brasilien sollen jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Liter Cachaça gebrannt werden. Ein Großteil davon wird direkt im Land bzw. in Südamerika konsumiert und tritt niemals die Reise über den Ozean zu uns an.
Da Cachaça fast ausschließlich in Cocktails wie der Caipirinha serviert wird, hat er nie so ganz den Sprung in die Genießer-Regale geschafft. Denn dort stehen ja auch schon hunderte Rums aus der Karibik und Südamerika und haben den Geschmack geprägt. Das kernigere, ländlichere Aroma des Cachaça hat es schwer, sich gegen die ausgewogene Melange aus Vanille, Karamell und tropischen Früchten durchzusetzen, die viele Karibik-Rums bieten. Das schließt aber nicht aus, dass es nicht doch der eine oder andere Genießer-Cachaça schafft, sich gegen die etablierte Rum-Riege zu behaupten und auch bei uns fester Bestandteil einer gut ausgestatteten Bar zu werden.
Welche bekannten Cachaça-Marken gibt es?
Zu den bekanntesten Marken in Deutschland gehören Pitú (TeamSpirit), Janeiro (Pernod Ricard), Sagatiba (Campari), Cachaça 51 (Vertrieb durch Schlumberger) Canario und Nêga Fulô (beide im Vertrieb durch Borco).
Aktualisiert am 11.12.2023 um 10:09 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
6 Kommentare
Ein guter, ausgewogener Artikel, für den ich herzlich danke.
Aus persönlichen Gründen bin ich dem Cachaça ziemlich zugetan und habe einen gewissen Überblick sowie immer den einfachen, feinen , raffinierten weißen Rohrzucker von União zuhause.
Weiterhin bin ich aus persönlichen Gründen immer wieder mit dem etwa zu Unrecht kritisierten Pitú aktiv. Der ist zwar nicht die Spitzenklasse, aber recht solide und muss sich vor anderen Massen-Cachaças – dem „51“, dem Ypióca Prata, dem Nêga Fulô und anderen z. B. nämlich – wahrlich nicht verstecken.
Geschmacklich sehr fein sind nach meiner Erfahrung insbesondere der oben genannte Nêga Fulô sowie der Sagatiba, Espirito das Minas, Brasilla (süßer mit 6 g% Zucker), Delicana Silber, um nur die zu nennen.
Ich persönlich mag grundsätzlich die kristallklaren Cachaças lieber als die gereiften, aber das ist natürlich Geschmackssache. Mir sagt dieser unverwechselbare frisch-süßlich-kantige Geschmack des jüngeren Cachaça viel mehr zu. Beim „Maturidado“ finde ich insbesondere den Dreijährigen von Pitú eher flach und irgendwie zu rauchig.
Leider sind Cachaças wie gerade der in Deutschland sehr viel verkaufte Pitú sehr niedrige Qualität.
Wer in Minas Gerais und auch einigen anderen Bundesstaaten Brasiliens sucht findet viele sehr edle Cachaças.
Dass Cachaça nur für den billigen Rausch ist, gilt in Brasilien vor allem für die Marke Pitú.
Auch dass Cachaça fast nur in Cocktails landet ist ein Klischee der Touristen-Strandbars, dass nicht 1:1 auf Regionen mit mehr Cachaça-Kultur anzuwenden ist…
In Mínas Geraís gibt es ähnlich viele gute und mäßige, nur eben wohl zahlenmäßig mehr Cachaças als in Pernambuco (der Heimat von Pitú). Und auch hier sei eine Lanze für Pitú gebrochen: er ist aus meiner Sicht obere Mittelklasse. Niedrige Qualität haben wohl die Hausbrände, die nur selten oder nie den Weg aus Brasilien finden.
(Ich hatte mal das zweifelhafte Vergnügen, einen privat importierten Cachaça ohne Namen zusammen mit den brasilianischen „Importeuren“ (befreundete Privatpersonen) zu verkosten. Ich konnte den pur, wenn überhaupt, nur mit viel(!) Eis trinken; von Genuss war nie die Rede. In einer Caipirinha ging‘s gerade so…)
Die französische Insel La Réunion in die Karibik zu verlegen hat bereits die Fa. Rum & Co. versucht und ich hab’s ihnen versucht auszutreiben. Rhum agricole gibt’s z.B. auch aus Franz. Guayana, Haiti und Mauritius. Letztere Insel liegt ebenfalls im Indischen Ozean. Trotzdem weiß ich leider auch ned alles.
Aber einiges:
skål, slàinte, à votre santé, to your health, zum Wohl, und den ganzen Rest muss ich noch lernen.
Prost!
Hallo!
Vielen Dank für die freundlichen Hinweise. Die Insel La Réunion liegt natürlich weiterhin vor Madagaskar im Indischen Ozean. Der entsprechende Satz wurde geändert.
LG
Samuel
Respekt. Echt tolle Informationen die man hier bekommt. Vielen Dank.