»Eine Reise ist ein Trunk aus der Quelle des Lebens.«
– Christian Friedrich Hebbel
Wie recht der deutsche Lyriker und Dramatiker Christian Friedrich Hebbel doch hat: Nichts ist schließlich erquickender, als auf einer Reise neue Menschen kennen zu lernen und sich an fremden Orten einfach einmal treiben zu lassen. Und während die Erlebnisse selbst schon ein Schluck aus der “Quelle des Lebens” sein können, so spricht doch nichts dagegen, eine flüssige Kostbarkeit im Reisegepäck mitzuführen.
Kleine Gewissensfrage an dieser Stelle: Wenn du nur einen Whisky mit auf eine einsame Insel nehmen könntest, welcher wäre das?
Ich habe selber eine Weile überlegt. Natürlich sollte der Whisky etwas besonderes sein, eine Abfüllung die man nicht alle Tage genießt. Ich mag gerne rauchige Whiskys, also würde ich vermutlich einen Single Malt von Islay einpacken. Die jungen Abfüllungen von der Whiskyinsel haben natürlich am meisten Torfpower. Die reiferen Malts bestechen dafür mit einer größeren Vielschichtigkeit. Bei ihnen gibt es immer wieder neue Aromen und Nuancen zu entdecken. Das erscheint mir genau das Richtige für lange Abende auf einer einsamen Insel zu sein. Man blickt in den Sternenhimmel, hat den alten Islay-Malt im Glas und erschließt sich fernab aller Hektik der Zivilisation diese einzigartigen Geruchs- und Geschmacksnoten.

Den Laphroaig 27 Jahre probieren wir zum ersten Mal
Ich könnte jetzt die Augen schließen und mich auf diese Insel träumen. Aber ich wollte doch eigentlich eine Rezension schreiben oder besser gleich zwei: Denn gleich zwei alte Islay-Whiskys schicken sich an, das virtuelle oder reale Reisegepäck zu bereichern: Laphroaig 25 Jahre und Laphroaig 27 Jahre. Ersteren haben wir dieses Jahr schon einmal im Glas gehabt und für schlichtweg exzellent befunden.
Doch ist der 27-jährige Laphroaig vielleicht sogar noch eine Spur besser? Welcher Whisky kommt mit auf die Trauminsel? Das wollen wir in unserem Vergleichs-Tasting der beiden raren Abfüllungen herausfinden.

Laphroaig 25 Jahre verkostet
Wie riecht er?
Der Laphroaig 25 empfängt uns mit dem Duft von geräuchertem Schinken. Eine pikante und salzige Note steigt uns aus dem Nosing-Glas entgegen. Dazu eine süße Note, die bei jüngeren Laphroaigs nicht zu finden ist. Bananenkuchen, Ananas und Karamellbonbons. Hinten wieder ordentlich verbranntes Holz, ein rauchiger Abgang mit einem Hauch Seegras. Ein starker Auftakt!
Wie schmeckt er?

25 Jahre und kein bisschen müde: Kräftiger Rauch begleitet den Auftritt des alten Laphroaigs. Es folgen süße Noten, die an Honigschinken, Birnen und Honigmelone erinnern. Dunkle Trockenfrüchte ergänzen das Sujet. Die Süße bleibt dabei dezent, gleitet nie in Richtung Rummelplatz und Zuckerwatte ab. Stark ist er auch bei den mineralischen Noten. Kieselig und salzig bringt er die gebotene Ernsthaftigkeit auf die Zunge. Ein feines Prickeln ist die Folge.
Im Abgang zum einen typische Islay-Aromen von verbranntem Holz, Rauch und Torf – zum anderen auch eine Würzigkeit, die an Pfefferkuchen erinnert. Dieses Finish ist ein weiteres Highlight des Laphroaig 25 Jahre, es kommt ohne die Man-liebt-sie-oder-man-hasst-sie-Medizinschrank-Note des allseits bekannten 10-jährigen aus. Stattdessen sind die Noten feiner nuanciert, das rauchige Aroma bleibt minutenlang im Mund zurück und sorgt dafür, dass dieser Whisky noch lange in der Erinnerung verbleibt.
Laphroaig 27 Jahre verkostet
Wie riecht er?

Für einen Laphroaig ein fast schon zurückhaltender Auftritt: Der Rauch ist dennoch von Beginn an da. Er erinnert an ein erloschenes Lagerfeuer, sehr fein und strukturiert. Warme und süße Aromen treten hinzu. Sehr deutlich Aprikosen, aber auch weiße Trauben, Birnen, eine Spur Kokos und Honig sind zu erkennen. Es ist eine malzige, ausgeprägte Süße, die hier als Gegengewicht zum dezenten Rauch angelegt ist. Eine ordentliche Prise Meersalz und Eichenholz schaffen den Rahmen für den Auftritt dieses gediegenen Laphroaig-Seniors.
Wie schmeckt er?
Auch hier spielt sich der Rauch nicht in den Vordergrund. Er ist vorhanden, aber er lässt den süßen Aromen von Aprikosen, Birnen und Honig charmant den Vortritt. Hinten schwingt er allerdings doch permanent mit. Eine rauchig-torfige Grundnote, die dem Malt Struktur und Halt gibt. Herbe Zitronenschale, eine Spur Grapefruit und eine trockene Holznote auf der Zunge tragen die gewünschte Ernsthaftigkeit bei. Ein ungewohnt weicher und eleganter Laphroaig, der fein durchkomponiert ist.
Fazit: Laphroaig 25 oder 27 – die Qual der Wahl
Man würde nicht vermuten, dass zwei Jahre bei einem Whisky so einen Unterschied machen können. Doch die beiden Laphroaigs haben eine unterschiedliche Reifung erfahren. Es sind also nicht diesselben Fässer, die beim 27-jährigen einfach nur zwei Jahre länger lagerten, sondern andere Fässer, die von John Campbell und seinem Team zur Vermählung ausgewählt wurden: Der Laphroaig 25 Jahre reifte in Ex-Bourbonfässern und Second Fill Oloroso Sherry-Casks – der Laphroaig 27 Jahre hingegen in First Fill-Bourbonfässern und den deutlich kleineren Quarter Casks.
Auch beim Alkoholgehalt zeigen sich Unterschiede: Kräftige 48,7 % sind es beim 25er. Der 27-jährige wird mit Fassstärke abgefüllt. Kurioserweise bedeutet das weniger Alkohol im Whiksy. Denn nach 27 Jahren im Holzfass sind dank Angels’ Share nur noch 41,7 % erhalten geblieben. Man könnte also auch sagen: Die beiden Laphroaigs stammen zwar aus derselben Familie, sind aber wie zwei Brüder mit ihren Stärken ganz unterschiedlich ausgeprägt.
Der Laphroaig 25 Jahre ist etwas ungestümer (sofern man das von einem Malt dieses Alters noch sagen kann), zugleich kräftiger und rauchiger. Der Laphroaig 27 Jahre bringt mehr Eleganz und Harmonie ins Spiel. Beides sind exzellente reife Islay Single Malts. Ich persönlich fand den 25-jährigen noch eine Spur spannender im Tasting, aber das ist meine persönliche Meinung und man könnte es sicher auch genau andersherum sehen.
Der Laphroaig 25 Jahre ist bei gut sortierten Händlern für rund 370 Euro erhältlich. Für den Laphroaig 27 Jahre könnt ihr einen rosafarbenen Schein auf den Tisch legen – rund 500 Euro werden für die Abfüllung aufgerufen.