Durch die Whiskywelt verläuft ein Graben, so tief wie die San Andreas-Spalte:Auf der einen Seite stehen die Single Malts. Everybody´s Darling aller Genießer, sie gelten als fein, edel und erhalten deshalb die größte Aufmerksamkeit. Dabei machen sie nur gut 10 % der Scotch Whiskys aus. Auf der anderen Seite lungern die Whisky-Blends herum. Dem Vernehmen nach raue Kerle, die man schon für wenige Euros im Supermarkt anheuern kann. Sie versprechen den billigen Rausch und lassen vermeintlich die Finessen eines guten Single Malts vermissen.
Soweit das immer noch weit verbreitete Bild von Single Malts und Blends. Doch so Schwarz und Weiß ist die Whiskywelt zum Glück nicht: Denn es gibt auch edle und hochwertige Scotch Blends. Und deren Herstellung ist alles andere als einfach. Unser Redakteur Samuel ist selbst für einen Tag zum Master Blender geworden. Und lernte dabei, wie schnell man sich beim Mixen verschiedener Sorten seinen Whisky versauen kann…
Der Weg zum eigenen Whisky Blend
Ein schöner Sommermorgen in Berlin und ich checke ein – und zwar ins Dewar’s Hotel. Das ist kein richtiges Hotel, sondern der Titel eines Events der großen Spirituosenmarke. Rund 1.200 km Luftlinie entfernt wird in der Highland-Destillerie Aberfeldy praktisch Tag und Nacht frischer Malt Whisky für die Dewar’s Blends gebrannt. Auch aus anderen Brennereien werden Malts zusammengetragen.
Ein paar haben es auf den Tisch im Dewar’s Hotel geschafft. Sie stehen aufgeteilt in logische Gruppen wie Grain, Floral, Fruity, Cereal und Smoky vor uns. Bei der Einführung erfahre ich: Bevor ich mit dem Blending meines eigenen Whiskys anfange, sollte ich mir überlegen, welchen Geschmack oder Charakter der fertige Blend haben soll. Damit ich ungefähr weiß, worauf ich mich bei den Whiskys einlassen probiere ich jeweils einen kleinen Schluck. Ein richtiger Master Blender tut dies eher selten, er verlässt sich fast nur auf seine Nase, die viel empfindsamer als die Zunge ist.
Schnell wird klar, dass ich für das Whisky-Blending eine Reihe ziemlich ordentlicher Malts zur Verfügung habe. Ich könnte mir glatt einen davon greifen und mich gemütlich in einen Sessel zurückziehen. Doch Single Malts genießen ist das eine, Blending das andere – und ich will Blenden: Doch welchen Geschmack soll meine eigene Abfüllung bekommen? Angesichts der Uhrzeit entscheide ich mich schließlich für einen “Frühstücks-Blend” und lege los.

Trial and Error: Meine ersten Blending-Versuche
Die Grundlage beim Frühstück? Ganz klar Getreideprodukte, also gebe ich mutig Grain-Whisky in die Phiole. Wie wäre es mit einem Müsli? Der Cereal-Whisky schmeckt schön nach Haferflocken und Keksen. Vielleicht noch ein paar Früchte obendrauf? Ein fruchtiger Malt bringt den Geschmack von Äpfeln und Birnen ins Glas.
Aber ich mag auch rauchigen Whisky. Warum also nicht noch ein Schuss vom rauchigen Malt dazu? Nach dem nächsten Testschluck weiß ich, warum ich das besser nicht gemacht hätte! Der Blend ist total versaut und rumpelt nur noch unbeholfen über meine Zunge. Auch meinen Mitstreitern am Blending Table geht es nicht anders und so ist es gut, dass in der Mitte des Tisches ein Auffanggefäß für die zahllosen Fehlversuche steht. Das ist zwar auf den ersten Blick schade um den Whisky, doch was soll man mit einem nicht schmeckenden Whisky-Blend? Ich lerne: Nur wer es mit dem Whisky-Blending und der Qualität ernst nimmt, kommt zu einem guten Ergebnis. Dazu gehört auch, sich Fehler beim Blending einzugestehen. Trial and error.

Große Aufgabe für die Master Blender
Das Whisky Blending ist also gar nicht so leicht und mir wird im Schnelldurchlauf klar, welche schwierige Aufgabe Master Blender wie Richard Paterson haben, um konsequent und durchgehend für eine gleichbleibend hohe Qualität ihrer Blends zu sorgen. Was schon im kleinen Blending mit fünf Whiskyproben schwierig ist, wird im großen Stil mit 40 verschiedenen Whiskys aus hunderten unterschiedlicher Whiskyfässer zur Mammutaufgabe. Ein Master Blender muss neben einem guten Riecher, sprich einer trainierten Nase, auch ein sehr gutes Gedächtnis für Aromen haben.
Beim Blenden und Probieren vergeht die Zeit schnell und so ist die Stunde, die wir zur Verfügung haben, bald abgelaufen. Jetzt schnell noch einen Versuch starten. Alles in die Waagschale bzw. ins Whiskyglas werfen. Beziehungsweise vielleicht nicht gleich alles. Bis zum Schuss rauchigen Whisky lief es doch eigentlich auch ganz gut… Wieder nehme ich den Grain als Grundlage in den Messbecher und gebe dann erneut getreidigen Cereal-Whisky sowie fruchtigen Whisky hinzu. Hinzu kommt eine ordentliche Portion floraler Whisky mit dem blumigen Geschmack von Honig. Was der Biene schmeckt, kann ja auch im Whisky nicht falsch sein oder?

Wie der Rauch in den eigenen Blend kommt
Und der Rauch? Auch der soll nicht fehlen. Unter fachkundiger Anleitung lerne ich, wie man einen feinen Rauch-Effekt in seinen Blend bekommt: Hierzu spült man den Messbecher nur kurz mit rauchigem Whisky aus und gibt dann einen anderen Whisky hinein. Das genügt völlig für eine feine rauchige Note im Blend. Wie das wohl beim Blending im großen Stil gelöst wird? Vermutlich kommt dort nur ein kleines Fass des rauchiger Whiskys auf einen riesigen Bottich milder Malts.
Bei mir kommt am Ende jedenfalls tatsächlich ein ganz gut balancierter Whisky dabei heraus: Sam’s Breakfast Cereals, mein erster eigener Blend!