Grain Whisky wird mitunter so behandelt, als wäre er der schmutzige kleine Bruder des Malt Whiskys: Die Grains sorgen dafür, dass Scotch Blends günstig bleiben und fallen im besten Fall nicht groß auf. Doch dieses Bild hat sich in den letzten Jahren gewandelt: Selbstbewusst bringen Destillerien neue Single Grain-Abfüllungen heraus. Wir erklären 6 Dinge, die jeder Genießer über Grain Whisky wissen sollte und geben Empfehlungen für gute Flaschen.
Beliebte Grain Whiskys im Überblick:
Aktualisiert am 22.09.2023 um 04:33 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Inhaltsverzeichnis
- Beliebte Grain Whiskys im Überblick:
- Grain Whisky besteht aus verschiedenen Getreidesorten
- So wird Grain-Whisky gebrannt:
- Grain Whisky steckt in fast allen Scotch Blends
- Viele Grain-Whisky-Marken sind unbekannt
- Grain Whisky wird überall auf der Welt hergestellt
- Single Grain Whisky stammt aus nur einer Destillerie
- Single Grain ist eine der ursprünglichsten Whisky-Sorten
Grain Whisky besteht aus verschiedenen Getreidesorten
Im Gegensatz zu Malt Whiskys werden Grain Whiskys aus allen möglichen Getreidesorten hergestellt. Besonders häufig sind dies Weizen oder Mais (beide günstiger als Gerste), aber auch Hafer und Roggen können eingesetzt werden. Fast immer kommt noch ein kleiner Anteil (z.B. 5 %) gemälzter Gerste hinzu, die wichtige Enzyme enthält und so die Gärung unterstützt. Denn die natürlichen Enzyme wandeln die Stärke in den Getreidekörnern in Zucker um. Die genaue Getreidemischung in Grain Whiskys bleibt fast immer ein Geheimnis des Herstellers. Teilweise werden aber die enthaltenen Sorten genannt.
Die Mischung des Getreides hat einen Einfluss auf den Geschmack des Grain Whiskys, der jedoch aufgrund der unterschiedlichen Herstellungsweise geringer ausfällt als bei Malt Whiskys.
So wird Grain-Whisky gebrannt:
Neben den Getreiden ist es vor allem das Brennverfahren, welches den größten Unterschied zwischen Malt Whisky und Grain Whisky ausmacht. Die Herstellung von Grain-Whisky wird wie folgt:
Für die Herstellung von Grain Whisky kommt eine kontinuierliche Säulendestillationsanlage (auch column still, patent still oder coffey still genannt) zum Einsatz. Mit ihr kann schneller eine größere Menge Alkohol produziert werden. Im Vergleich zum Malt Whisky, welcher ausschließlich in kupfernen Brennblasen (pot stills) gebrannt wird, ist die Herstellung von Grain Whisky in diesen riesigen Brennanlagen deutlich effizienter. Große Anlagen sind dabei mehrere Stockwerke hoch, wie man gut an diesem Modell aus der japanischen Nikka-Destillerie sehen kann:

Column Stills bestehen aus zwei miteinander verbundenen Säulen (z.B. aus Kupfer oder Edelstahl). Die erste Säule wird als Analyzer bezeichnet, in welchem heißer Dampf durch Lochbleche und verschiedene Ebenen aufsteigt und der kühlere Wash absteigt. Die alkoholischen Dämpfe steigen nach oben auf und werden so in die zweite Säule, den sogenannten Rectifier überführt, wo sie kondensieren.
In diesem kontinuierlichen Brennverfahren zirkulieren die alkoholischen Dämpfe, bis sie die gewünschte alkoholische Stärke erreicht ist. Das Maximum liegt dabei bei einem Alkoholgehalt von bis zu 96 %. Unerwünschte Fuselalkohole kondensieren vor dem gewünschten Ethanol und können so einfacher als beim Pot Still-Verfahren abgetrennt werden. Da kontinuierlich und in höherer Stärke gebrannt werden kann, ist die Herstellung von Whisky in Column Stills deutlich preisgünstiger.
Brände aus kontinuierlichen Brennverfahren sind in der Regel reiner und dadurch leichter im Körper und weniger prägnant im Geschmack. Im Vergleich zu in Pot Stills gebranntem Whisky sind Grain Whiskys aus Column Stills geschmacklich deutlich näher am Neutralalkohol. Auch nach der Lagerung in Eichenholzfässern sind Grain Whiskys daher weniger charakterstark als Malts. Das macht sie zum idealen Begleiter in geblendeten Whiskys.
Grain Whisky steckt in fast allen Scotch Blends
Ein Scotch Blend ist eine Mischung aus verschiedenen Single Malts und Grain Whisky. Der Geschmack des Blends wird dabei fast ausschließlich von den Malts geprägt. Die Grains sind mehr oder weniger günstige Zugabe und sorgen allenfalls dafür, dass der Geschmack etwas leichter und milder (man könnte auch sagen unscheinbarer) wird.
Als Faustregel kann man sagen: Je günstiger ein Blend ist, umso mehr Grain Whisky ist in der Mischung enthalten. Der genaue Grain-Anteil im Blend wird von den Herstellern nicht verraten. Überhaupt wird lieber über die vielen Malts geredet, die den Blend so schön vielschichtig und interessant machen. Der Grain wird meistens nicht mal erwähnt. Bei günstigen Discounter-Blends kann man von einem Grain-Anteil von bis zu 80 % und mehr ausgehen. Selbst höherwertige Blends bestehen teilweise noch zu 50 % aus Grain Whisky, sind aber besser abgestimmt und enthalten eben auch alte und geschmacksintensivere Malt Whiskys.
Dennoch muss auch der Grain Whisky in Scotch Blends für mindestens drei Jahre in Eichenholzfässern gelagert werden, um sich Whisky nennen zu dürfen. Bei einer höheren Altersangabe von zehn oder zwölf Jahren ist auch der Grain Whisky für diese Zeit im Fass gelagert worden.
Nicht zu verwechseln sind Scotch Blends übrigens mit Blended Malts, welche aus Single Malts unterschiedlicher Destillerien komponiert werden.
Viele Grain-Whisky-Marken sind unbekannt
Grain-Whisky-Destillerien produzieren hauptsächlich für Blends und brennen ihren Whisky weitestgehend “im Verborgenen”. Daher sind nur in wenigen Einzelfällen Abfüllungen aus diesen Destillerien als Single Grain Whiskys erhältlich und die Whisky-Marken bei durchschnittlichen Whisky-Fans im Vergleich zu Malt-Destillerien weitestgehend unbekannt. Lediglich die unabhängige Destillerie Loch Lomond bringt in größerer Zahl regelmäßig eigene Whiskys heraus.
Den etwas über 100 aktiven schottischen Whisky-Brennereien stehen übrigens aktuell nur 8 große Grain-Destillerien gegenüber. Da insbesondere für Blends (die bei weitem meistverkaufte Whisky-Sorte) große Mengen Grain-Whisky benötigt werden, kann man sich vorstellen, wie enorm der Ausstoß dieser industriellen Destillerien ist. In ihnen entstehen jedes Jahr Millionen von Litern für wichtige Scotch Blends wie Johnnie Walker, Chivas Regal, Famous Grouse oder Ballantine’s. Sie befinden sich in den Händen der großen Spirituosen-Konzerne (die meist auch einige Malt-Destillerien besitzen).
Folgende Grain-Destillerien sind derzeit in Schottland aktiv:
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- Cameronbridge (Diageo)
- Girvan (William Grants & Sons)
- Glen Turner (La Martiniquaise)
- Invergordon (Emperador Inc.)
- Loch Lomond (Loch Lomond Distillers)
- North British (Diageo / The Edrington Group)
- Reivers (Mossburn)
- Strathclyde (Pernod Ricard)
Grain Whisky wird überall auf der Welt hergestellt
Bei Grain Whisky denken viele zuerst an die schon erwähnten Scotch Blends. Doch es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Herstellern, die sich darum bemühen, das schlechte Image des Grains aufzuwerten. Stolz präsentieren sie neue Abfüllungen, die im Regal ebenbürtig neben anderen Whiskys derselben Destillerie stehen. Einige Beispiele:
- Haig Club (Schottland)
- Kilbeggan Single Grain (Irland)
- Koval Four Grain (USA)
- Nikka Coffey Grain (Japan)
- Suntory Chita (Japan)
Häufig setzen die Destillerien bei ihren internationalen Grain Whiskys auf unterschiedliche Getreidearten, die in Kombination den Geschmack prägen sollen. So wird der Koval Four Grain aus Chicago zum Beispiel aus Hafer, gemälzter Gerste, Roggen und Weizen hergestellt.
Auch die als Party-Spirituose beliebten Moonshines aus den USA sind häufig Grain Whiskeys und werden nach dem gleichen Prinzip hergestellt. Teilweise werden nach dem Brennen allerdings noch Aromen zugegeben, was bei reinen Single Grain Whiskys eher unüblich ist.
Single Grain Whisky stammt aus nur einer Destillerie
In Anlehnung an die wohl bekannteste schottische Whisky-Sorte Single Malt Whisky wird häufig der Begriff Single Grain Whisky verwendet. Dabei handelt es sich nicht – wie man vielleicht vermuten könnte – um einen Whisky aus nur einer Getreidesorte. Es wird wie oben schon erwähnt eine Getreidemischung zum Brennen verwendet. Vielmehr steht das “single” ebenso wie bei Single Malt für die Herstellung in nur einer Destillerie. Der Single Grain Whisky stammt fast immer aus verschiedenen Fässern, die vor der Abfüllung miteinander vermählt werden. Auf diese Weise entsteht eine größere Konsistenz in Qualität und Geschmack, damit auch der Grain zum Genuss wird.
Single Grain ist eine der ursprünglichsten Whisky-Sorten
Wer die Zutaten für Whisky in den Blick nimmt, kommt nicht ohne einen Blick in die Geschichte aus: Denn Whisky bzw. Whiskey wurde vermutlich erstmals im 15. Jahrhundert in Schottland und Irland gebrannt. Die erste urkundliche Erwähnung ist datiert auf das Jahr 1494.
In der Entstehungszeit dieser ersten Whiskys macht sich noch kein Schotte oder Ire einen Gedanken darüber, ob er nun gerade Malt Whisky oder Grain Whisky erzeugt oder trinkt. Gebrannt wurde damals zum einen, um die Ernte in flüssiger Form haltbar zu machen, aber auch weil man den Rausch schätzte. Leben und Arbeit waren hart und der Whisky half, die Mühen des Alltags erträglicher zu machen.
Whisky wurde aus dem Getreide gebrannt, welches in großem Überfluss vorhanden waren: Robuster Gerste! In gemälztem Zustand eignet sie sich ideal zum Brennen von Malt Whisky.
1 Kommentar
Ein sehr aufschlußreicher und sachkundiger Artikel – Respekt und danke.