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Welche Aufgaben hat ein Master Blender?
Es ist der Master Blender, der unter den zahlreichen Whiskyfässern in den Warehouses den Überblick behält. Neben dem eigentlichen Blenden von Whiskys ist ein Master Blender dafür verantwortlich, die reifenden Whiskys zu überwachen und zu entwickeln. Hierzu gehört auch die Whiskyfässer regelmäßig stichprobenartig zu überprüfen. Hierbei muss er unter anderem entscheiden, ob ein Whisky bereits reif für die Abfüllung ist oder von einer längeren Lagerung weiter profitieren wird oder sogar für ein Finish in ein anderes Whiskyfass umgelagert werden soll.
Dabei muss ein Master Blender jedoch auch stets den Blick in die Zukunft richten. Schließlich müssen die Whisky-Bestände auf Jahrzehnte im Voraus geplant und Entwicklungen frühzeitig angeschoben werden. Whisky, der nicht 10, 15 oder 20 Jahre vorher destilliert und eingelagert wurde, fehlt später. Ein gutes Fass-Management in den Warehouses ist also das A und O.

Bei der Kontrolle des Whiskys in den Warehouses sieht das Tasting eines Master Blenders etwas anders aus als beim Genießer zu Hause. Beim Tasting im Warehouse wird der Whisky mit einem Valinch direkt aus dem Fass geholt oder dem Master Blender in seinem Tasting Room als Probe zur Verfügung gestellt. Der Whisky wird jedoch vom Master Blender in der Regel nicht getrunken, sondern ausschließlich mit der Nase beurteilt.
Falls doch eine Kostprobe mit dem Mund erfolgt, wird der Whisky meist nicht geschluckt sondern ausgespuckt. Was für den Whisky-Genießer ein Sakrileg wäre, ist angesichts der vielen notwendigen Verkostungen für den Master Blender auf lange Sicht wohl auch gesünder.
Die wichtigste Aufgabe des Master Blenders ist das eigentliche Blenden des Whiskys. Das Blenden meint hierbei jedoch nicht nur Scotch Blends, die eine Mischung aus Single Malts verschiedener Destillerien und Grain-Whiskys sind. Auch Single Malts, die aus einer Destillerie stammen werden aus mehreren Whiskyfässern geblendet. Die größte Herausforderung und Verantwortung des Master Blenders besteht darin, dass er aus immer wieder anderen Whiskyfässern einen über Jahre möglichst exakt gleichen Geschmack und Charakter einer Abfüllung kreieren muss. Darüber hinaus ist er jedoch auch für die Entwicklung von neuen Abfüllungen zuständig. Wie meistert ein Master Distiller diese Aufgabe?
Wie geht ein Master Blender beim Blenden eines Whiskys vor?
Vor dem Blenden von Whisky muss der Master Blender im wahrsten Sinne des Wortes erst mal Ordnung schaffen. Je nach benötigtem Geschmacksprofil und abzufüllender Menge wählt er eine zwei- oder dreistellige Zahl von Whiskyfässern unterschiedlicher Charakteristik aus. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Batch. Diese Whiskyfässer werden nach verschiedenen Geruchs- bzw. Geschmacksrichtungen, wie zum Beispiel fruchtig, floral getreidig rauchig, etc. sortiert.

Im kleineren Maßstab baut der Master Blender aus diesen Fässern dann sozusagen “im Reagenzglas” den Blend oder Single Malt mit dem gewünschten Aromenprofil zusammen. Dabei wird er häufig vom Master Distiller und weiteren erfahrenen Mitarbeitern unterstützt. Bei diesem Sensorik-Panel wird jeder Schritt genau dokumentiert. Denn aus der Mischung im kleinen Maßstab wird später im Verhältnis die endgültige Abfüllung geblendet. Natürlich beginnt der Master Blender hier nicht vom Punkt 0. Auf Grund seiner Erfahrungen und auf der Basis von überliefertem Wissen hat bereits ein ungefähres Rezept mit einer Zusammensetzung, die gut funktioniert und harmoniert. Im Detail geht es also etwas mehr um die Feinabstimmung der Mischung.
Beim Mischen von Blends, die aus Malt- und Grain-Whiskys von mehr 40 verschiedenen Destillerien stammen können, helfen dem Master Blender sogenannten “Lead-Whiskys”. Dies sind Whiskys, die eine besondere Rolle im Blend einnehmen und dementsprechend in größerer Menge enthalten sind. Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel Strathislay-Whisky, der für Chivas Regal von großer Bedeutung ist.
Wie wird man Master Blender?
Mehr noch als der Master Distiller lernt ein Master Blender sein Handwerk in der Regel über viele Jahre in der Praxis. Ein Abschluss in Chemie, Mikrobiologie oder ähnlichem ist für einen Master Blender mit Sicherheit von Vorteil. Doch am Wichtigsten ist neben einem gewissen Maß an Talent (bzw. einer guten Nase) Neugierde und Wissen über Whisky sowie ganz einfach probieren, probieren, probieren.
Erst mit jahrelanger Erfahrung erhalten selbst die besten Master Blender das nötige Rüstzeug, um die entscheidenden Nuancen im Whisky zu erkennen und sie beim Blenden gekonnt miteinander zu kombinieren.
Bekannte Master Blender im Kurzportät
Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die konstante Charakteristik und den über Jahre möglichst einheitlichen Geschmack des Whiskys, sind gute Master Blender sehr begehrt. Sie bekleiden ihre Posten nicht selten über viele Jahre.
Schließlich sitzen sie an der entscheidenden Stelle, um den Ruf einer Destillerie für Jahrzehnte zu prägen. Auffällig ist: Neben vielen männlichen Master Blendern sind auch immer mehr Frauen in dieser Funktion bei namhaften Destillerien tätig. Haben sie am Ende sogar den besseren Riecher für guten Whisky? Tatsächlich gibt es in der Wissenschaft Hinweise darauf, dass Frauen über einen besseren Geruchssinn als Männer verfügen. Ein Umstand, der beim Nosing von Whisky nur nützlich sein kann. Einige besonders bekannte Master Blender stellen wir euch hier vor:

Richard Paterson (Dalmore)
Eine der schillerndsten Whisky-Persönlichkeiten ist ohne Frage Richard Paterson. Wer schon mal eines der sehr unterhaltsamen Tastings mit “The Nose” besucht hat, wird dies ohne Zweifel bestätigen können. Bemerkenswert ist, dass Richard Paterson schon im jungen Alter von 26 Jahren zum Master Blender bei Whyte & Mackay wurde und es seitdem bereits fast 50 Jahre geblieben ist. Zu den Whiskys, die unter der Leitung des Master Blender Richard Paterson entstehen, zählen die Single Malts von Dalmore, Jura und Fettercairn. Eine der vielen Anekdoten über Richard “The Nose” Paterson ist, dass er seine Nase für einige Zeit sogar für mehr als 2 Millionen Euro versichert hatte. Kein Wunder, wenn die Nase das wichtigste Werkzeug eines Master Blenders ist…
Dr. Jim Beveridge (Johnnie Walker)
Nur wenige Master Blender sind für so viel Whisky verantwortlich, wie Dr. Jim Beveridge. Zusammen mit seinem Team in Schottland betreut er in Schottland mehr als 10 Millionen Whiskyfässer und somit vermutlich mehr als jeder andere Master Blender. Die Verantwortung ist groß: Immerhin sind die Johnnie Walker Whiskys die weltweit mit Abstand am häufigsten verkauften Scotch Blends. Jede Flasche des Whiskys soll in jedem dieser Länder immer möglichst gleich schmecken. Auch seine Amtszeit von annähernd vier Jahrzehnten ist beeindruckend und macht deutlich, wie wichtig die Konsistenz in der Position des Master Blenders ist. Für seine Verdienste rund um Scotch Whisky wurde Dr. Jim Beveridge im Jahr 2019 von Queen Elisabeth II zum Ritter (OBE) geschlagen.

Stephanie MacLeod (Dewar’s und Aberfeldy)
Auch ungewöhnliche Wege können zum Whisky führen, denn ursprünglich hatte Stephanie MacLeod wenig mit Whisky zu tun. Erst nach dem Studium an der Universität von Strathclyde entdeckte sie ihre große Leidenschaft, aber auch ihr Talent für guten Whisky. Hier war sie zunächst für die Erstellung und Prüfung der Sensorik Panels zuständig. Als die Stelle des Master Blenders frei wurde musste man nicht lange überlegen, um ihr die Stelle anzubieten. Im Jahr 2006 wurde Stephanie MacLeod zur Master Blenderin ernannt und ist seitdem für bekannte Abfüllungen, wie den Aberfeldy 12 Jahre verantwortlich, welcher zu den besten Single Malt Whiskys für Einsteiger zählt.
Dr. Rachel Barrie (BenRiach, GlenDronach)
Die Master Blenderin Rachel Barrie gilt als eine der Pionierin unter den weiblichen Master Blendern. Die Namen in ihrer Vita, wie zum Beispiel die Highland-Destillerie Glenmorangie, oder die Islay-Brennereien Laphroaig und Bowmore, aber auch Glen Garioch können sich durchaus sehen lassen. Rachel Barrie hat einen naturwissenschaftlichen Hintergrund, studierte Chemie in Edinburgh und erhielt im Jahr 2018 die Ehrendoktorwürde verliehen. Aktuell betreut sie unter anderem die Whiskyfässer und Single Malts von BenRiach, GlenDronach und Glenglassaugh. Alle drei Destillerien wurden zuletzt von der umtriebigen Walker-Familie (u.a auch Alistair Walker mit den Infrequent Flyers Whiskys) wieder aus der Versenkung gehoben.

Dr. Bill Lumsden (Ardbeg und Glenmorangie)
Ein weiteres echtes Original ist Dr. Bill Lumsden, welcher die Abfüllungen von Glenmorangie und Ardbeg betreut. Die korrekte Bezeichnung seines Postens ist übrigens “Director of Distilling, Whisky Creation & Whisky Stocks” – beinhaltet also deutlich mehr Aufgaben als, die eines reinen Master Blenders. Hierbei kommt ihm zugute, dass er sowohl einen Abschluss in Biochemie sowie einen Doktor in mikrobieller Physiologie und Fermentationswissenschaft hat.
Bekannt ist Dr. Bill Lumsden auch für seine Experimentierfreudigkeit. Seien es ungewöhnliche russische Eichenholzfässer im Ardbeg Kelpie oder die Verwendung von wilden Hefestämmen im Glenmorangie Spios. Auch kontroverse und flotte Sprüche hat Dr. Bill Lumsden immer gerne auf den Lippen. So zum Beispiel, dass das Alter eines Whiskys für ihn eigentlich ganz unwichtig ist.
David Stewart (Balvenie und Glenfiddich)
Der Malt Master und Master Blender David Stewart ist einer der Wegbereiter für moderne Single Malt Whiskys. Als Master Blender für Balvenie und Glenfiddich war er in den 1980er-Jahren einer der ersten Blender, der mit der Kombination von in verschiedenen Fässern gereiften Whiskys sowie Finishings experimentierte. Abfüllungen, wie der Balvenie Double Wood 12 Jahre sind mittlerweile moderne Klassiker und das Finishing von Whiskys wird auch von vielen anderen Master Blendern eingesetzt.
1 Kommentar
Es ist schon bemerkenswert zu sehen, welche aufwendige kreative Arbeit vor der Erzeugung eines hervorragenden Blends steht. Vor der Geschmacks-und Geruchs-Leistung der Master-Blender kann man nur den Hut – das Nosing-Glas – ziehen.
Die unterschiedlichen Grund-Whiskys und Single Malts aus den unterschiedlichen Provenienzen zu dem angestrebten Kompositionsergebnis zusammenzuführen bedarf einer langen großen Erfahrung.
Das Ergebnis, so wird es vom Käufer und genießenden Kenner erwartet, soll über die Jahre immer gleich schmecken. Das erinnert dabei aber auch an viele Instand-Lebensmittel (wie z.B. Nescafé etc.), die immer gleich schmecken müssen. Nun als ich vor rund fünfzig Jahren neben anderen Alkoholika auf meine ersten Whiskys (Ballantines/Chivas & Co.) traf, gab es außer diesen Blends im Handel keine Single Malts oder sie waren kaum bekannt.
Erst mit meinem ersten professionell geleiteten Tasting über schottische Whiskys wurde ich zum Puristen für Single Malts. Das heißt nicht, dass ich nicht doch den einen oder anderen Blend in meiner kleinen Sammlung integriere und genieße.
Blends führen mich oft auf die Entdeckungsreise in andere Whisky-Länder. So wirken die irischen Blends (größere Herstellungsmengen als Single Malts) durch ihre besondere Destillationsprozesse: dreifache Destillation von Mischungen aus gemälzter und ungemälzter Gerste. So entstehen auf diese Art und Weise eigenständige Single Malts.
Bei Herstellung von japanischen hochwertigen Blensds werden nur Single Malts aus der eigenen Destille gemischt und keine Whisky aus anderen Destillen oder gar Schottland zugekauft. In der einzelnen Destille werden Unmengen unterschiedlicher Single Malts produziert, um aus ihnen einen typischen Blend zu komponieren. Japan hat so seinen langen Weg des Kopierens von schottischen Vorbildern zur Whisky-Eigenständigkeit verlassen.
Letzendlich bleibt es dem individuellen Geschmack überlassen: Single Malt oder Blend. Bei mir gehören Blends auch dazu – ich schätze den Vergleich mit einem hochwertigen Wein-Cuveé. Er muss mir schmecken.