“Ich habe manchen Kratzer abgekriegt, zu sagen, es war halb so schlimm, es wär’ gelogen. Ich habe längst nicht immer nur gesiegt, die Pose hat darüber weggetrogen.” – Curd Jürgens in ’60 Jahre und kein bisschen weise’
Laphroaig ist ein Whisky, der den rauen Charme kultiviert hat. Ein Whisky mit Kratzer sozusagen. Das sieht man schon an der Flasche: Grünes Glas, ein Etikett ohne Schnörkel oder typografische Spielereien. Und der Geschmack erst: Torfig, rauchig, medizinisch knüppelt zum Beispiel der Laphroaig 10 seine Aromen raus. Ein Malt, der nicht jedem gefallen will. “Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn” – dieser Slogan verkörpert idealtypisch das raue, kratzige Image der Islay-Destillerie.
Nun also der Laphroaig 18 Jahre: Acht Jahre älter, acht Jahre mehr Zeit im Bourbonfass – auch acht Jahre näher an der Weisheit? In Whisky-Blogs wird dem Senior gerne mal eine gewisse Altersmilde attestiert. Gepaart mit der Vermutung: Da wäre noch mehr gegangen. Was uns direkt zu der Frage führt, was wir eigentlich von einem 18 Jahre alten Single Malt erwarten: Zum Beispiel komplexe, vielschichtige und intensive Aromen, der Geschmack von Reife (häufig in Form von dunklen Aromen wie Rosinen oder gebohnertem Holz) und ganz klar eine Steigerung zu jüngeren Whiskys derselben Destillerie. Wir trinken einen 18-jährigen schließlich nicht, weil er so alt und teuer ist, sondern weil er mehr verspricht. Eine Krönung des Genusses. Kann der Laphroaig 18 Jahre dieses Versprechen einlösen?
Unser Tasting des Laphroaig 18 Jahre
Wie riecht er?
Die Überraschung gleich nach dem Einschenken: Dieser Whisky ist sehr hell im Glas. Fast haben wir geglaubt, dass die Destillerie den Farbstoff vergessen hat (ist aber drin). Wieder ein Beleg dafür, dass man an der Farbe rein gar nichts ableiten kann. Vom Geruch ist der Laphroaig 18 weniger rauchig als erwartet. Reife Früchte wie Birnen und Aprikosen auf Vanille-Karamell-Pudding. Dann die kleine Hafenrundfahrt: Salz, Algen, Meeresluft und Torf. Aber gedämpfter als beim Laphroaig 10. Die Fahrt endet an einem “Chippie”, einer Fish-and-Chips-Bude, wie man sie in jedem noch so kleinen Dorf in Schottland finden kann. Ein üppiger, fettiger Geruch nach Butter und Bratfett. Dazu feuchtes Gras, helle kräuterige Noten alá Petersilie und Estragon. Irgendwie auch säuerlich. Mit zunehmender Standzeit riecht der “Laphi” weniger angenehm: Nasser Aschenbecher, kalter Rauch, ein aufreibender, unruhiger Geruch. Nicht zum Wohlfühlen, aber doch komplex und vielschichtig.
Wie schmeckt er?
Eindeutig ein Laphroaig! Torf und Rauch sind deutlich intensiver, als vom Geruch her erwartet, aber schwächer als beim Laphroaig 10. Allerdings fehlen die medizinischen Noten komplett. Aber ein variabler Whisky: Im Mittelteil relativ süß wie eine Ananas (positiv) oder Süßstoff (naja). Dann frisch nach Minze und Menthos-Drops. Trocken, fordernd und stürmisch fordert der Laphroaig 18 unsere Aufmerksamkeit. Kein gemütlicher Whisky, sondern ein heißblütiger Ritt, eine wilde Romanze auf Seegras. Hinten trocken mit viel Holz, dazu kalter Rauch und Aschenbecher. Puuh, erst mal das Glas absetzen, den Gaumen relaxen.
Lässt man ihn etwas atmen, entspannt sich der Laphroaig 18, wirkt runder. Wie ein alter Dieselmotor, der sich im Winter erst mal warmlaufen muss und auf die Distanz punktet. Vielleicht zieht er seine Aromen dabei etwas zu geradlinig durch, der Malt wirkt dadurch weniger komplex als andere 18-jährige und in schwachen Momenten fast ein wenig eindimensional. Ein “gezähmter Wilder” sozusagen. Zugleich haben wir aber auch das Gefühl: Von diesem Whisky hätten wir mehr erwartet. Ich bin der letzte, der jeden Whisky in ein Sherryfass packen möchte, aber vermutlich würde ein ausgefeilteres Finish diesem Single Malt gut tun.
Aufschließen bringt nichts
Ein paar Tropfen Wasser können bei vielen Whiskys kleine Wunder bewirken, was den Geschmack angeht. Beim Laphroaig 18 bringt das “Aufschließen” dagegen fast gar nichts: Die Aromen sind etwas breiter, aber auch flacher. Der 18-jährige verliert an Struktur. Der Geschmack wandelt sich in Richtung Vanille-Puddingschnecke (vermutlich ein Hinweis auf die Reifung im Ex-Bourbon-Fass). Gleichzeitig schmeckt er aber schwammig, unpräzise und irgendwie seifig. Der Laphroaig hat in diesem Zustand nicht mehr die Power, um durchzuziehen und neue Aromen zu entfalten.
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Aktualisiert am 6.06.2023 um 00:04 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Hinweis: Der beliebte Laphroaig 18 Jahre wurde mittlerweile leider eingestellt. Die Abfüllung ist nur noch in Restbeständen erhältlich und wird zu Sammlerpreisen angeboten. Als gute Alternative bietet sich die limitierte Sonderabfüllung Laphroaig 16 Jahre an, welche uns im Tasting mit süßen Noten und gleichzeitig geballter Torfpower überzeugen konnte.
3 Kommentare
Ich bin durch meinen Sohn zum Laphroaig W. gekommen, was für ein Erlebnis. Da muss der Bengel seinem Alten erst etwas lernen, toll!
Das heißt ich bin allein von dem, für mich, Duft schon überzeugt, einfach lecker und dann der Geschmack, absolut überzeugend!
Sicher nicht für jeden, aber ich mag es. Gut das es den Whisky gibt.
Herzlichen Gruß, der Leo
Ich habe vor 7 Jahren bei whisky.de für einen Laphroaig 18 Jahre unglaubliche 59,90 EUR bezahlt. Heutiger Preis: 198 EUR! Ist das nicht krank?
Hallo Jacob,
für rund 60 Euro war der Laphroaig 18 Jahre damals ja ein richtiges Schnäppchen! Beim jetzigen Preis sollte man bedenken, dass der Whisky leider nicht mehr hergestellt wird und deshalb nur noch wenige Flaschen verfügbar sind, die jetzt zu Sammlerpreisen angeboten werden.
Wir empfehlen als Alternative gerne den Laphroaig 16 Jahre, der limitiert, aber zur Zeit noch verfügbar ist.
Viele Grüße
Lukas vom Malt Whisky Magazin