Während der Silent Season im Winter reinigen viele Destillerien ihr komplettes Equipment. Auch bei Clynelish: So reinigte man unter anderem den Tank für den Vor- und Nachlauf, den so genannten feints receiver. Erstaunt stellten die Brennmeister fest, dass anschließend der Whisky anders schmeckte. Der wachsige Charakter von Clynelish war weitgehend verschwunden. Zum Glück kehrte er nach weiteren Brennvorgängen bald wieder zurück und man identifizierte die Ursache: So sorgen ölige Rückstände in der Anlage für den besonderen Stil und die charakteristischen Aromen der Clynelish-Malts.
Wer Clynelish sagt, muss auch Brora sagen: Die Geschichte der beiden Brennereien ist eng miteinander verbunden. Die heutige Brora-Destillerie wurde im Jahr 1819 unter dem Namen Clynelish gegründet. Im Jahr 1967 wurde eine zweite Brennerei daneben gebaut – fortan gab es Clynelish A und Clynelish B. Bis in die 1980er-Jahre produzierten die Destillerien nebeneinander Whiskys, wobei Brora auf getorfte Gerste und Clynelish auf ungetorfte Gerste setzte.

Die Whiskys: Lange Zeit produzierte Clynelish praktisch ausschließlich für Scotch Blends wie Johnnie Walker. Auch heute ist die Auswahl an Single Malts sehr überschaubar und so ist mit dem Clynelish 14 Jahre nur eine Abfüllung ständig verfügbar. Im Shop der Brennerei gibt es zusätzlich noch den Clynelish 16 Jahre Four Corners of Scotland.
Was steckt drin, wo Clynelish 14 Jahre draufsteht?
Das Brennen: In drei bauchigen Brennblasen-Paaren werden die Single Malts destilliert. Eine Besonderheit sind dabei die Feints Receiver, in welchen sich ölige Rückstände ansammeln. Sie tragen zum besonderen wachsigen Charakter des Clynelish 14 Jahre bei. Bei der Reinigung der Anlage geht Clynelish weniger rigide vor, als andere Brennereien: Denn die Fette sollen ihren Weg ganz bewusst in den Whisky finden und ihn prägen.
Der Charakter: Mit seinem wachsigen Stil soll Clynelish dichter am Whisky-Geschmack der 1960er Jahre sein. Ein direkter Vergleich ist aber schwierig, da Whiskys aus dieser Zeit kaum verfügbar sind.
Die Fässer: Der Clynelish 14 Jahre reift nach dem Brennen in amerikanischen Bourbon-Barrels. Die Destillerie setzt bewusst auf diese Fässer, da sie viel Raum für den Destillerie-Charakter lassen.
Die Abfüllung: Erfreulicherweise wird der Clynelish 14 Jahre mit stärkeren 46 % Alkohol abgefüllt, was Raum für zusätzliche Aromen bietet. Der Single Malt wird kühlgefiltert und mit Farbstoff nachgetönt.

Unser Tasting des Clynelish 14 Jahre
Wie riecht er?
Ein voller, kräftiger Duft zeichnet den Clynelish 14 Jahre aus. Süße und säuerliche Noten halten sich die Waage. Wir denken an Lemon Pie und grünen Apfel, an Honigmelone und frisches Gras. Im Mittelteil geben breite Getreidenoten gepaart mit Kerzenwachs den Ton an. Dazu Meersalz und mineralische Nuancen, die an feuchten Sand erinnern. Der Abgang ist trocken und steuert röstige Eichenholzaromen bei. Ein runder, überaus vielschichtiger Duft!
Wie schmeckt er?
Das Mundgefühl des Clynelish 14 Jahre ist wachsig, ölig und anschmiegsam. Die Aromen sind vielfältig, aber offenbaren sich erst nach und nach: Milde Noten erinnern an Crème brûlée und Getreide. Dazu grüner Apfel und Limettenschale. Eine ordentliche Prise Meersalz sorgt für einen würzigen Eindruck. Der Abgang ist geprägt von trockenen Eichenholznoten, welche die Reife des Highland-Malts unterstreichen.
Aktualisiert am 28.03.2023 um 07:52 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Transparenz ist uns wichtig: Wir haben den Clynelish 14 Jahre aus unserem Redaktionsbudget erworben und bezahlt. Unterstütze unsere unabhängige Arbeit und spendiere uns ein virtuelles Dram!
2 Kommentare
Hinsichtlich dem leckeren Geschmack teile ich eure Wertung absolut. Doch 87 Punkte für Preis-Leistung scheinen mir zu hoch, insbesondere wenn man den Clynelish nicht im Angebot findet sondern den regulären Preis zahlen muss! Ganz generell ist das Preis-Leistung der schottischen Single Malts in den letzten Jahren erheblich schlechter geworden. Nicht weil die Qualität nachgelasen hätte, sondern ausschließlich wegen der überdurchschnittlich hohen Preissteigerungen.
Wie sieht eigentlich eure Einteilung aus, wie kommt ihr bei P-L zu den Punktvergaben?
Hallo Bernd,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Es stimmt, dass viele Single Malts in den letzten Jahren im Preis gestiegen sind. Der Clynelish 14 Jahre ist uns in diesem Sinne aber nicht negativ aufgefallen – bei anderen Whiskys sind die Preissprünge doch viel größer gewesen.
Wir bewerten die Preis-Leistung von Single Malts immer innerhalb ihrer Altersklasse und da bekommt man beim Clynelish 14 Jahre viel Genuss und eine zum Alter passende Tiefe für aktuell rund 45 Euro – wir finden die Abfüllung ist immer noch ein guter Deal!
Viele Grüße
Lukas vom MALT WHISKY Magazin