Die japanische Whisky-Krise dauert an: Die Lager mit alten Malts sind praktisch leer gefegt. Die großen Hersteller reagieren darauf mit neuen Blends – denn bei dem muss man nicht verraten, was drinsteckt und wie alt die enthaltenen Malt Whiskys sind. Nach dem Suntory Toki stellen wir heute den Ensō vor, dessen genaue Herkunft im Unklaren bleibt. Was steckt dahinter und kann der Neuzugang aus Nippon im Tasting überzeugen?
Im Vergleich zur schottischen Whisky-Industrie ist die Zahl der japanischen Whisky-Destillerien ziemlich überschaubar: Große Namen wie Yamazaki, Hakushu, Yoichi oder Myagikyo prägen das Bild. Jede der genannten Brennereien gehört entweder zu Suntory oder zu Nikka, beides riesige Mischkonzerne, denen man im alltäglichen Leben in Japan auf Schritt und Tritt begegnet. Kleinere Destillerien haben es in diesem Umfeld nicht leicht.
Vorsicht vor falschen japanischen Whiskys
Der anhaltende Boom japanischer Whiskys bei gleichzeitiger Knappheit älterer Qualitäten sorgt nun aber dafür, dass auch unbekannte Marken und Destillerien auf den internationalen Markt strömen. Schon warnen Experten wie Dave Broom vor “falschen Japanern“. Denn nach japanischem Recht reicht es, wenn ein Whisky im Land weiterverarbeitet wurde. Und so importieren findige Geschäftemacher einfach Scotch oder Canadian Whiskeys, blenden sie im Land zu einer neuen Kreation und verkaufen sie anschließend als japanische Whiskys mit schönem Aufschlag weiter. Das japanische Blog Nomunication.jp hat eine Infografik zum Thema “Japanese Whisky – real or fake?” veröffentlicht, in der man nachlesen kann, welche Marken tatsächlich echten Whisky aus Japan enthalten.

Der Enso Whisky stammt aus Japan – aber woher genau?
Um es gleich vorwegzunehmen: So schlimm ist es beim Enso wohl nicht. Der deutsche Importeur Sierra Madre hat uns auf Nachfrage versichert, dass jeder enthaltene Tropfen des Enso Japanese Whiskys auch in Japan hergestellt wurde. Dennoch bleibt vieles nebulös: Es werden keine genauen Destillerien genannt, auch keine Regionen. Der Blend wird in Kiyokawa, einem Vorort von Tokio, gemischt. Googelt man den Firmennamen des Herstellers “Kiyokawa Co. Ltd.” landet man auf einer Webseite mit Garnrollen und Nähzubehör. “Create a new flow toward a rich life”, verspricht der Text. Von Whisky keine Spur. Vielleicht sind wir im japanischen Internet aber auch einfach falsch abgebogen…
Nur der Name eines weiteren Blends taucht in Verbindung mit der Region Kiyokawa immer wieder auf: Kensei Japanese Whisky, gelagert in kleinen Eichenholzfässern. Ist er ein enger Verwandter des Enso? Wurde er vielleicht sogar in derselben Anlage hergestellt? Beide Marken gehören laut Informationen im Netz der Firma Fraternity Spirits (bekannt für Tequila Corralejo). Auch Ikigai und Nobushi Japanese Whisky sind demnach Marken des Unternehmens. Enso scheint die erste Marke zu sein, die nun auch hierzulande erhältlich ist.

Blends sind eine Stärke der japanischen Whisky-Destillerien
Blended Whiskys nehmen in Japan gewissermaßen eine Sonderstellung ein: Sie werden nicht wie in Schottland aus bis zu 40 oder sogar noch mehr Malts (sowie Grain Whiskys) geblendet, sondern häufig konzernintern hergestellt. Ein Austausch zwischen den Destillerien findet nicht statt. Vielmehr stellt jeder Konzern in seinen Destillerien verschiedenen Whisky-Stile her, die er ausschließlich für seine Blends verwendet.
Viele dieser Abfüllungen sind sehr gut, einige legendär: Man denke nur an Hibiki 17 Jahre, Hibiki 21 Jahre, Suntory Old oder Nikka from the Barrel. Häufig gelingt den Japanern das Kunststück, einen Blend wirklich absolut harmonisch zu komponieren. Die Aromen des Whiskys sind fein gegeneinander ausbalanciert, keine strenge Note stört das Kunstwerk, welches sich im Glas entfaltet.
Kunst im bzw. auf dem Glas, das versucht auch der Ensō-Blend: Ein runder Kringel ziert die Flasche. Und der hat eine bestimmte Bedeutung: Enso ist nämlich das japanische Wort für “Kreis”. Im Zen, einer Strömung des Buddhismus, wird ein Enso mit einem einzelnen Pinselstrich gezeichnet und soll hierbei den Geist und Charakter seines Malers offenbaren.
Wir hingegen öffnen in diesem Moment den japanischen Enso-Blend (knack knack, es ist ein Schraubverschluss) und sind gespannt, ob dieser Japaner für uns eine Offenbarung ist…

Unser Tasting des Enso Blended Japanese Whisky
Wie riecht er?
Ein intensiver, betörender Duft von reifen Pflaumen steigt uns in die Nase. Der Enso erinnert im ersten Moment an einen Obstler und legt in ähnlicher Richtung nach: Wir riechen süße Kirschen und Marmelade, Dosenpfirsiche in Sirup. Ein süßlicher, bisweilen ins Florale tendierender Duft. Er ist so intensiv, dass man fast vermuten könnte, dass der Whisky aromatisiert wurde. Nuancen von Vanille und Zimt werden von einer alkoholischen und jungen Note hinweggefegt. Für einen Whisky definitiv ein sehr untypischer Geruch.
Wie schmeckt er?
Vorne ist sofort die Süße aus dem Nosing wieder da. Doch die Fassade kippt schnell: Dahinter lauert beim Enso der Geschmack von jungem, bitteren Alkohol. Unreif und unrund schiebt er sich durch den Mund. Zu schmecken sind Apfelschalen, Griespudding und Rum-Rosinen. Der Abgang ganz leicht holzig. Alles in allem aber eher wie ein Obstbrand, dabei flach und unkomplex.
6 Kommentare
Der lokale EDEKA hatte das Zeug in der Vitrine, also habe ich das mal getestet ohne mir vorher die Reviews anzusehen. Ergebnis: Das schmeckt am ehesten nach einem Trester-Schnaps und leider nicht nach einem besonders guten – das klingt jetzt böse aber es erinnerte mich an den 6,50 € Grappa vom Penny, den ich mal zu verkosten das Missvergnügen hatte.
Woran es nicht so sehr erinnerte war Whisky, im Nosing-Glas noch ganz interessant aber im Geschmack eher Käsefuß mit dem Abgang von Desinfektionsmittel und Pinselreiniger. Vor allem – auch wenn der Enso nur 6,50 € gekostet hätte – das Leben ist zu kurz und Hirnzellen zu wertvoll um sich beides mit derart seltsamen Sprit zu dezimieren. Ich wüsste nicht mal wo man das Zeug als Longdrink reinkippen könnte, also werde ich es einfach irgendwo an einem Postkasten auf die Straße stellen.
Nachtrag: Ich muß mein vernichtendes Urteil ein bischen revidieren: Der Enso braucht wahrscheinlich ordentlich Belüftung. Heute (2 Tage nach Öffnung) noch mal getestet war der Geschmack deutlich weniger penetrant und das Mundgefühl weicher. Die spritige Schärfe war zwar noch da, aber nicht mehr so fies “chemisch” und billig. Das macht ihn insgesamt etwas trinkbarer, ändert aber natürlich nichts daran, daß man ähnliche Blend-Genüsse auch für 15€ bekommt.
Greife selten zu Blends, dieser kam zufällig zu mir. Ohne Vorurteile zu Provenienz fand ich das Tröpfchen ganz erquicklich.
Haben das Fläschchen zu dritt schnell gelehrt, haben den eigenen Geschmack gerne geschätzt.
Beim Abgreifen im Supermarkt sollte man sich die Marke merken. Sicher nicht für die Ewigkeit, aber gar nicht so schlecht, wie oft dargestellt.
Bin erst seit sehr kurzem auf die Welt des Whiskys gestossen. Da ich mich insbesondere auch für Whisky aus Japan interessiere, habe ich bei einem Großverteiler den Enso (letzte Flasche im Regal) entdeckt und einfach mal blind gekauft. Nun schmeckte mir dieser Enso leider überhaupt nicht! In der Nase erinnerte er mich eher an einen schlechten Birnenbrand (Williams), im Gaumen empfand ich ihn als schrecklich bitter.
Da wollte einfach keine Freude aufkommen. Fast wäre ich seinetwegen wieder aus der Whisky-Welt ausgestiegen.
Evtl. taugt er ja als Highball mit viel Wasser und Eis, oder als Mix mit Cola – aber pur im Nosing Glas ist er fast nicht genießbar. Übrigens ist er mittlerweile auch nicht mehr im Sortiment (des sonst für seine gute Auswahl bekannten) Großverteilers…
Vielen Dank für deinen Kommentar! Deine Eindrücke kann ich durchaus nachvollziehen – der Enso ist leider wirklich kein besonders gutes Beispiel für einen japanischen Whisky.
Hier findest Du empfehlenswerte japanische Single Malts und Blends:
https://www.maltwhisky.de/beste-japanische-whiskys/
Viele Grüße
Lukas vom Malt Whisky Magazin
Hallo Malt Whisky-Blogger!
Schön dass ihr euch dem Thema Whisky, Rum und weiterem in bester und hochwertiger Form annehmt. Ich, Martin Glock – Eigner von alleswhisky.de, bin gerade auf Recherche in Sachen “Japanese Whisky. Da bin ich über Umwege auf euren Artikel zum Enso gestossen. Und ich gebe euch im Schnellüberflug eurer Bewertung vollkommen Recht, hier läuft langsam etwas vollkommen schief. Denn ich konnte den Enso auch schon verkosten und war entsetzt über die Qualität. Diese Spirituose verdient in keinster Weise den Namen Whisky! Denn er schmeckt einfach nur schrecklich. Das geht doch nicht einen Japanese Whisky in dieser Qualität für 39,90 Euro zu verkaufen, eher 12,90 Euro.[…]
Liebe Grüße
Martin Glock
alleswhisky.de