“Die Verpackung ist wirklich schön. Also der Whisky darin ist auch gut, aber die Holzkiste gefällt mir besonders. Viele günstige Whiskys haben ja überhaupt keine schöne Verpackung. Diese Holzkiste hingegen wirkt sehr edel…”
Der junge Mann ist aufrichtig begeistert. Mit seinen Händen streicht er behutsam über das Holz. Master Distiller John Campbell nickt hilflos.
Es ist schon eine Crux: Da verwendet man nur beste Zutaten für die Herstellung des Whiskys, balanciert den Torfgehalt genau aus, lässt den Malt für 30 Jahre behutsam im Fass reifen. 30 Jahre, fast ein Drittel Jahrhundert, von 1985 bis ins Jahr 2015. Dieser Whisky hat den Zusammenbruch der Sowjetunion miterlebt und den Fall der Mauer, hat die Modesünden der 90er Jahre ertragen und die Aufbruchstimmung des Dotcom-Zeitalters, er hat Krisen getrotzt und jedes Jahr seinen Tribut an Angels’ Share gezahlt. Er hat die Aromen von zwei unterschiedlichen Ex-Bourbon-Fässern in sich aufgesogen, hat hundert Stürme über Islay erlebt und tausend Regenschauer auf das Dach des Lagerhauses prasseln gehört. Dieser Whisky könnte der Stoff für Legenden sein. Und jetzt interessiert sich jemand nur für die zugegeben recht schmucke Holzkiste, in der er liegt und für den beigelegten Werbeflyer der “Friends of Laphroaig”.
Master Distiller John Campbell hat ihn selbst noch nicht probiert
Doch an diesem Abend soll es in der urigen Laphroaig Lounge des Whisky-Sammlers und Händlers Werner Hertwig in Berlin-Schöneberg nicht nur um die Verpackung gehen, sondern auch und vor allem um den Inhalt. Das Objekt der Begierde: der neue Laphroaig 30 Jahre. Den hat Master Distiller John Campbell selbst noch nicht probiert, wie er zur Verblüffung der Anwesenden ganz offen eingesteht. Also na gut, so ganz stimmt das nicht – ein ein Vorserien-Sample habe er schon verkostet und zudem die verschiedenen Malts für die neue Abfüllung ausgewählt. Aber dennoch schmecke der finale Whisky aus der Flasche halt immer noch mal anders.

Spätzünder: Eigentlich sollte die Abfüllung zum 200-jährigen Jubiläum erscheinen
Und noch eine Sache verrät uns John Campbell exklusiv: Eigentlich sollte der 30-jährige schon letztes Jahr zum 200-jährigen Jubiläum der Destillerie erscheinen. Doch dann war mit dem Laphroaig 32 Jahre schon ein ähnlich alter Malt gerade fertig geworden. Sicher wollte man den 30er nicht in direkte Konkurrenz zu ihm setzen. Wichtigster Unterschied: Für den Laphroaig 32 wurden auch Ex-Sherry-Fässer verwendet – der 30er erhielt seine “Double Maturation” hingegen in zwei Ex-Bourbon-Casks. Der Alkoholgehalt ist erhöht und liegt bei 53,5 %, der Whisky wird weder kältefiltriert noch mit Farbstoff versehen.
Nun hat es also ein Jahr länger gedauert, bis die 10.000 Flaschen vom neuen Laphroaig 30 ausgeliefert werden. Rund 2.500 gehen in die USA, der Rest fast ausschließlich nach Europa und natürlich nach Deutschland. Hier ist die Fan-Gemeinde von Laphroaig am Größten. Die Asiaten hingegen können laut Campbell mit Laphroaig eher wenig anfangen. Vielleicht ist er zu rau, zu ungehobelt, zu fremdartig im Geschmack? Gut für uns möchte man sagen, denn so sind die Chancen größer, dass auch ein paar deutsche Sammler ihre Hände auf die neue Edition legen können.

Die Seltenheit hat ihren Preis
Gut 1.000 Euro soll der Laphroaig 30 Jahre kosten. Wir bewegen uns hier in völlig irrationalen Sammler-Sphären, der Preis ist weitgehend entkoppelt von Inhalt und Geschmack zu betrachten. Hier geht es um die Seltenheit und das besondere Erlebnis, einen so alten Whisky im Glas zu haben. Wer es sich leisten kann, erwartet zu Recht ein besonderes Geschmackserlebnis. Besonders interessant ist für uns, ob der neue 30-jährige dieses Versprechen einlösen kann.
Unser Tasting des Laphroaig 30 Jahre
Wie riecht er?
Ein sehr voller, reifer Duft. Herbstlich und intensiv nach vergorenen Früchten, sowie nach reifen Kirschen und Erdbeeren. Dazu der unvergleichliche Geruch von Rum-Rosinen in einem Elsässer Gugelhupf. Auch nussige Noten prägen den Malt: Walnüsse, dazu Ahornsirup und würziger Waldhonig. Hinten zeugt eine ordentliche Portion Holz vom hohen Alter des Whiskys. Zudem wirkt der Laphroaig 30 Jahre erdig, mineralisch und trocken. Und immer wenn man denkt, man hätte ihn komplett erfasst, kommt noch ein Aroma um die Ecke. So in unserem Tasting ein Hauch Minze und ein Stück gut abgehangener rauchiger Schinken. Überhaupt der Rauch: Er schwebt über dem Malt, ist aber weitaus dezenter als etwa beim Laphroaig 25 Jahre.
Wie schmeckt er?
Ein starker Auftritt im Geruch verheißt häufig auch ein Geschmacksfeuerwerk auf der Zunge. Dieser Islay-Whisky tritt breitbeinig auf: Ungemein vollmundig und mit intensiven Noten beansprucht der ‘Laphi 30’ ordentlich Raum für sich. Und breitet dennoch ein ganzes Kaleidoskop an Aromen für uns aus: Von süßen Aprikosen und Feigen mit Honig über Trockenfrüchte geht es zu herben Noten von Zitrusfrüchten und Grapefruit, die Schalen inklusive. Nicht zu vergessen die beerigen Noten, die uns an Johannisbeere erinnern. Im Abgang pfeffrig scharf mit viel Rauch und Asche. Das überrascht, bauen sich doch bei vielen Islay-Malts über die Jahre gerade die Rauch- und Torfaromen ab, wird der Whisky immer weicher. Der Laphroaig 30 Jahre ist auch weich, hat sich aber seinen eigenen Charakter bewahrt. Im zweiten und dritten Schluck wird er zunehmend trocken und mineralisch, wir schmecken Lebkuchengewürz und dunkles Karamell, dazu verdammt viel Holz im Abgang. Der Geschmack von Asche und Holz bleibt minutenlang im Mund zurück. Starke Sache!
Da es sich um einen Sammler-Whisky handelt, verzichten wir auf die Bewertung der Preis-Leistung.
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1 Kommentar
Wow. Wenn man 1000 Euro für einen Whisky ausgeben kann, muss der Laphroaig schon eine gewaltige Versuchung sein.