Die Ardbeg-Fans mussten in den letzten Jahren schon einiges mitmachen: Der Ardbeg Cove musste in den Hamburger Hafen geschmuggelt werden, der Ardbeg Kelpie wurde vom gleichnamigen Seeungeheuer in der Tiefe festgehalten und jetzt das: Ardbeg macht einen auf Flower Power und setzt auf die Kraft von feuchtem Torf und freier Liebe (vielleicht auch umgekehrt). Das Ergebnis nennt sich Ardbeg Grooves und soll die weltweite Fangemeinde ab morgen als limitiertes Committee Release rocken. Geht die schräge Hippie-Nummer auf oder haben die Ardbeg-Macher zu lange am Kiln geschnuppert?
Als letztes Jahr die Etiketten des Ardbeg Grooves in der Datenbank der amerikanischen TTB auftauchten (für alle in den USA vertriebenen Whiskys muss vorab das Etikett beim “Alcohol & Tobacco Tax and Trade Bureau” zur Prüfung eingereicht werden), dachten viele Ardbeg-Fans noch an einen Scherz: Denn das Etikett mit dem rot-orangenen Sixties-Schriftzug “Grooves” wirkte sogar nicht wie ein typisches Design der Islay-Destillerie. Und es wäre natürlich auch ein genialer Gag, einfach irgendein schräges Etikett einzureichen und sich dann zu freuen, wenn es in Whisky-Blogs und Foren heiß diskutiert wird. Doch anscheinend war die Hippie-Nummer tatsächlich ernst gemeint und so drückte uns der ausgesprochen verzottelt aussehende Paketbote diese Woche eine Probe des brandneuen Ardbeg Grooves in die Hand.
Tiefe Rillen und eine schräge Flower-Power-Story
Der Whisky sei inspiriert “durch den alternativen Lebensstil” und soll “den unorthodoxen Geist der bunten Flower-Power-Zeit” aufgreifen. Klingt reichlich schräg? Finden wir auch. Deshalb vielleicht erst mal die Fakten zum Whisky: Der Ardbeg Grooves wurde für unbestimmte Zeit in ehemaligen Weinfässern gereift. Die Fässer wurden zuvor intensiv verkohlt, um tiefe Rillen (sogenannte Grooves) in die Innenseite des Holzes zu bekommen. Anschließend wurden die Ardbeg-Fans mit einer möglichst blöden Drumherum-Geschichte verkohlt. Ach ne…hoppla, das wollte ich an dieser Stelle ja noch gar nicht schreiben…aber ein bisschen fragt man sich ja schon, was die Jungs bei Ardbeg geraucht haben, als sie diese Idee hatten.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von giphy.com zu laden.
Islay ist nicht Woodstock

Ich meine Schmuggler vor der Küste von Islay – das kaufe ich ihnen ab. Ein Seeungeheuer im Stil von Nessi – meinetwegen. Aber eine Ardbeg-Kommune mit dem Geist von Flower Power und Revolte? Das ist einfach weit hergeholt: Islay ist doch nicht Woodstock, der typische Ardbeg-Fan rebelliert höchstens wenn der Uigeadail in der Stammkneipe mal wieder alle ist und der Whisky aus Weinfässern hat mit der ganzen Hippie-Nummer einfach rein gar nichts zu tun. Zumal es bis auf eine vage Aussage von Destillerie-Manager Mickey Heads, dass es auf Islay zu dieser Zeit “ein Postamt, eine Billardhalle und zwei Chöre” gegeben habe (hey das ist ja echt richtig Flower Power und Hippiestyle, sogar ein Postamt gabs da!), einfach keinerlei historischen Beleg etwa in Form von Fotos aus dieser Zeit zu geben scheint. Und dass die Generation der 68er nun ausgerechnet Ardbeg süffeln soll, erscheint auch nicht eben gerade naheliegend.
Abgedriftete Tasting Notes
Auch beim Lesen der offiziellen Tasting Notes beschleicht einen das Gefühl, dass die Ardbeg-Leute beim Schreiben noch etwas high waren: “Ein kraftvoll-salziges Mundgefühl driftet in süße Schwingungen von Melassesirup, Vanille-Popcorn, gesalzenen Früchten wie Pfirsich mit Ruß und Teer.” Der Whisky sei “gewürzt mit einem Schleier aus Äpfeln und geräucherten Birnen.”
Passend dazu mal dieses legendäre Video von Afroman:
Wir driften derweil auch mal – und zwar ganz unverblümt und unverschleiert in Richtung Tasting und sind gespannt, was der Ardbeg Grooves mit seinen 51,6 % alkoholischen Schwingungen tatsächlich auf der Pfanne hat!
Unser Tasting des Ardbeg Grooves
Wie riecht er?
Der neue Ardbeg groovt mit dem üppigen Aroma von Butterstreuseln ins Bild. Ein buttriges, cremiges Aroma, welches an Kuchenteig erinnert. Dazu Griesbrei mit Birnen. In der Folge pikant mit geräucherter Paprika und einer Spur Chili. Dahinter rauchige Schwaden, die schwerer als beim Ardbeg 10 Jahre wirken. Insgesamt eher süß und recht wuchtig vom Charakter. Mit ein paar Wassertropfen kommen dann doch noch einige schwere florale Noten (Lavendel, Tulpen) zum Vorschein. Interessanterweise ist vom Weinfass wenig zu riechen, ob diese Aromen alle weggebrannt wurden?
Wie schmeckt er?
Let’s stomp on the ground: Mit seinem schweren und wuchtigen Charakter fordert der Ardbeg Grooves im Mund sofort viel Raum ein. Sehr trocken, rauchig und und mit viel Kohle und Asche. Das hier ist Power, nicht Flower! Ein ernster und intensiver Geschmack, auf den man sich erst einmal einstellen muss. Trotz Wartezeit an der Luft und Zugabe von ein paar Tropfen Wasser lassen sich die Aromen Zeit. Wir schmecken das süßlich-verbrannte Aroma von Paprika, die zu lange auf dem Grill war. Dazu würzig-pfeffrige Noten mit einer Spur Schärfe wie von Senf. Ansonsten nimmt das Salz viel Raum ein. Selten haben wir einen so salzigen Whisky verkostet. Um im neuen Ardbeg-Stil zu bleiben: “Wir driften durch Wogen aus weißem Salz einen Vulkan hinunter, der uns pausenlos Asche und Rauch ins Gesicht hustet.” Nur für Blumen ist da kein Platz mehr…
Aktualisiert am 11.12.2023 um 23:09 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
3 Kommentare
Danke!
Danke dafür, dass ihr den Ardbeg Grooves kritischer betrachtet als all eure Fachkollegen. Na klar ist man happy, wenn man ein Sample zugesendet bekommt. Es kommt von LVMH, da kann man schon stolz drauf sein und sich geehrt fühlen. Doch auch Influencer und Meinungsblogs haben eine Verantwortung vor dem Verbraucher. Und dieser kommt ihr nach, deshalb danke ich euch an dieser Stelle sehr. Euer Schlussstatement: “Vergesst das Marketing, genießt den Whisky!” könnte treffender nicht sein. Ardbeg zelebriert fast 3 Monate im Voraus das freudige Ereignis des kommenden Ardbeg Days. Und dafür wird ordentlich die Werbetrommel gerührt und stark emotionalisiert (Label, Beschreibung, Marketing). Doch wer ist bereit 280,-EUR für eine solche Abfüllung hinzulegen, wenn man keine Fakten hat (z.B. Fässerzusammenstellung oder grobe Reifezeit)?
280 Euro? Wo kommt der Preis denn her?
Meines Wissens kostet der Ardbeg Grooves auf der offiziellen Webseite 89 Pfund plus 10 Pfund Versand. Das sind umgerechnet 103,70 Euro plus 11,65 Euro = 115,35 Euro nach heutigem Wechselkurs. 280 Euro wären aber auch steil übertrieben für einen No-Age-Whisky…
Viele Grüße
Lukas vom Alkoblog