Der Regen hatte gerade aufgehört, als wir Caol Ila an einem kalten Morgen Ende März 2015 erreichten. Die Destillerie ist riesig – und nicht gerade eine Schönheit: Die Betongebäude aus den 1970er Jahren sind ergraut, die raue Witterung hat ersten Rost auf dem Caol-Ila-Schriftzug erblühen lassen. Und doch befindet sich in den schmucklosen Hallen mit Wellblechdach in einer versteckten Bucht nördlich des Fährhafens von Port Askaig nicht nur die größte Destillerie von Islay, sondern auch eine mit verdammt spannenden Whiskys: Wie zum Beispiel dem Caol Ila 25 Jahre.
Caol Ila brennt viele rauchige Malts für Blends
Wer gerne Blends von Johnnie Walker trinkt, der hatte höchstwahrscheinlich auch schon einmal einen Malt von Caol Ila im Glas. Denn der Destillerie-Koloss stellt viele der 6,5 Mio. Liter pro Jahr ausschließlich für Blends von Diageo her. So sollen zum Beispiel 25 % des Johnnie Walker Green Label aus Caol Ila bestehen. Da die meisten anderen Destillerien auf Islay deutlich kleiner sind und dank eines ausgefeilten Marketings (man denke an Ardbeg, Laphroaig oder Bruichladdich) ihre Whiskys direkt als Single Malts verhökern können, bleibt für Blends oder unabhängige Abfüllungen häufig nur Caol Ila übrig. So hat es der Koloss von Islay in viele unserer Whiskygläser geschafft, als rauchige Spuren in Blends haben wir ihn wahrgenommen – ohne auch nur zu ahnen, dass es sich um einen Caol Ila gehandelt hat.

Eine der unterschätztesten Destillerien in Schottland
Was uns Caol Ila sofort sympathisch gemacht hat: Es gibt überhaupt kein Marketing-Getöse, es wird nicht jedes Jahr ein Kindergeburtstag für Erwachsene veranstaltet, man muss die Marke nicht lieben oder hassen – Caol Ila ist einfach da. Wenn wir so genauer überlegen, können wir uns überhaupt an keine Werbekampagne für den Koloss von Islay erinnern. Diageo führt die Marke klar in der zweiten Reihe und ohne große Ambitionen, dass zu ändern. Das hat auch dazu geführt, dass viele Whisky-Genießer Caol Ila übersehen. Zu Unrecht, wie wir finden: Aus unserer Sicht ist Caol Ila eine der unterschätztesten schottischen Whisky-Destillerien mit spannenden Single Malts, die noch dazu überaus bezahlbar sind.
Eine kurze Geschichte von Caol Ila
Die Destillerie wurde 1846 von Hector Henderson gegründet, dem bereits die Camlachie-Destillerie in Glasgow gehörte. Die Lage in einer kleinen Bucht war günstig. So konnte der Whisky direkt auf dem Pier von Caol Ila auf Dampfschiffe verladen werden. Wie bei vielen schottischen Brennereien gab es mehrere Eigentümerwechsel, die Brennblasen erkalteten von 1930 bis 1937 und von 1942 bis 1945, was aus heutiger Sicht natürlich gar keine so lange Zeitspanne ist. Im Jahr 1972 wurden alle Gebäude außer der Lagerhäuser abgerissen und neu aufgebaut. Zwei Jahre später wurden gleich sechs neue Brennblasen installiert, welche seitdem den Whisky von Caol Ila liefern. Schon damals war die Islay-Destillerie ein “Workhorse” und sollte möglichst viele rauchige Malts für Blends wie die schon erwähnte Johnnie-Walker-Reihe liefern.

Der Caol Ila 25 ist ein erstaunlich günstiger Islay-Malt
Das erste was beim Caol Ila 25 Jahre auffällt, ist nicht das schlichte, aber elegante Etikett: Es ist der Preis. Denn der 25 Jahre alte Islay-Malt kostet nur rund 125 Euro. Damit ist er deutlich günstiger als zum Beispiel Bowmore 25 Jahre (230 Euro), Bunnahabhain 25 Jahre (rund 250 Euro) oder Laphroaig 25 Jahre (rund 280 Euro). Nur wenn man auf Rauch und Torf verzichten kann, findet man mit Abfüllungen wie Glenfarclas 25 Jahre für rund 100 Euro noch günstigere Single Malts in dieser Altersklasse.
Woran liegt es, dass der Caol Ila 25 Jahre so günstig ist? Die Vermutung liegt nahe, dass die Größe der Destillerie hier für deutliche Preisvorteile sorgt. Es ist nicht bekannt, wie viele Fässer Caol Ila auf Lager hat. Ohnehin wird der meiste Whisky nicht vor Ort auf Islay in Warehouses geparkt, sondern direkt in Tanklastwagen gepumpt und in verschiedenen Diageo-eigenen Lagerhäusern in Fässer umgefüllt. Das spart Kosten und minimiert das Risiko, falls es einmal zu einem Unfall oder einer Naturkatastrophe an einem Standort kommt.

Beim Caol Ila 25 sind es übrigens Fässer aus amerikanischer und europäischer Eiche, welche mit dem Scotch wiederbefüllt werden. Also kein Sherry in diesem alten Islay-Malt und auch keine Experimente mit exotischen Weinfässern oder ähnlichem. Die Erfahrung zeigt aber, dass dies bei einem solide produzierten Whisky auch gar nicht immer nötig ist.
Ein weiterer Grund für den Preis am unteren Rand der Skala: Caol Ila ist wie oben bereits beschrieben einfach keine Marke mit besonderem Prestige. Wer zu den Kollegen von Ardbeg hinüberschielt, wird feststellen, dass dort für so manchen NAS-Whisky der gleiche Preis wie für den Caol Ila 25 Jahre aufgerufen werden. Umso spannender ist natürlich, was nun drinsteckt in der elegant gestalteten Flasche. Der Blick aufs Etikett offenbart neben ein paar Tasting-Notes auch einen Alkoholgehalt von 43 %.
Leider “nur” 43 % Alkoholgehalt
Für die meisten Whisky-Einsteiger ist es relativ egal, mit welchem Alkoholgehalt ein Single Malt abgefüllt wird – häufig sind es die standardmäßigen 40 %. Wir freuen uns mittlerweile schon, wenn ein Whisky etwas mehr ABV geladen hat. Denn zusätzliche Prozente eröffnen den Raum dafür, durch Zugabe von einigen Tropfen Wasser die gewünschte Trinkstärke selbst einzustellen. Der Caol Ila 25 Jahre bietet mit seinen 43 % da leider nur eher begrenzte Möglichkeiten. Am besten probiert man ihn also unverdünnt. So wie wir es jetzt tun: Let’s taste!

Unser Tasting des Caol Ila 25 Jahre
Wie riecht er?
Der Duft des Caol Ila 25 Jahre ist süß und weich, dabei zugleich von elegantem Rauch durchzogen. Getrocknete Aprikosen und Mangostreifen werden begleitet von Waldhonig und Grießpudding mit Vanilleschoten. Im Mittelteil sind erdige Noten und eine Spur Leder zu erkennen. Breite, gut eingebundene Rauchnoten begleiten den langen Abgang.
Wie schmeckt er?
Der Caol Ila 25 Jahre eröffnet die Verkostung mit einem wunderbar weichen Mundgefühl. Feine, vielschichtige Raucharomen tänzeln über die Zunge und breiten sich im Mund aus. Wir schmecken frische Aprikosen und Pfirsiche, dazu Honig und Milchschokolade mit Karamellsplittern. Auch ein Kaiserschmarren mit Rosinen kommt in den Sinn. Der Mittelteil wird zunehmend wärmend und trocken mit Orangenschale und ledrigen Nuancen. Im leicht kohligen Abgang übernehmen trockener Holzrauch und dezent erdige Torfnoten das Ruder. Grandios!
Aktualisiert am 21.09.2023 um 19:43 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
Caol Ila 25 Jahre bei MySpirits bestellen…
Wir haben den Caol Ila 25 Jahre im Rahmen unserer Tasting-Kooperation mit MySpirits zur Verfügung gestellt bekommen. Dies hatte keinen Einfluss auf unseren Test oder die Bewertung.
2 Kommentare
Hi Leute, ich bin gerade über Euren Bericht gestolpert. Alles in allem ein guter Bericht, aber ich bin doch schon überrascht, was man in einen Whisky alles reininterpretieren kann.
Ich bin ein absoluter Fan von Caol Ila, und habe den 18er und den 25er schon jahrelang und immer wieder im Regal stehen und genieße die edlen Tropfen. Aber ein “Geruch von S-Bahn-Bremse und etwas Schmieröl” ist mir in Bezug auf Whisky bisher noch nicht untergekommen.
Das erinnert mich sehr an mein erstes Tasting des Octomore 8.3 mit seinen 61,2% und mehr als 250 ppm Rauch. Und in einem Vorab-Kommentar haben ich da gelesen “ein leichter Anflug von süßen Früchten und ein Hauch von Leder”. Wie riechen ein alter Lederkoffer und eine dunkel lackierte Wandtäfelung? War der Koffer mal nass, ist die Lackierung frisch? Ich vermisse in den ganzen Beschreibungen auch mal Ausführungen für den “Nicht-Profi-Gaumen”.
Ich trinke Whisky immer in der Original-Abfüllung und unverdünnt, auch den Octomore 8.3. Ein echter Genuss, wenn man so viel Rauch mag. Aber einen Anflug von oder einen Hauch von konnte ich beim besten Willen nicht feststellen. Der Whisky ist Rauch pur und sehr kräftig, aber problemlos unverdünnt trinkbar.
Aber ich bin weiter bei Euch, lese die Kommentare gerne, auch wenn ich manchmal schmunzeln muss und immer wieder feststelle, wie unbedeutend meine Nase und mein Gaumen ist.
Es lebe das Schottische Nationalgetränk. Ich liebe es.
Bitte mal überlegen, ob das Wort “spannend” immer das Richtige ist. Ich weiss, das ist gerade en Vogue, aber meistens ist doch eher “interessant” der treffendere Begriff!
Ansonsten ein interessanter Artikel.