Glenfarclas ist eine der wenigen verbliebenen Whisky-Destillerien in Familienbesitz. Gegründet im Jahr 1836 hat mittlerweile die sechste Generation der Familie Grant das Ruder übernommen. Die Whiskys folgen einem traditionellen Stil und reifen besonders häufig in spanischen Sherryfässern. Für regelmäßige Verwirrung sorgt, dass die Brennerei ihre Whiskys selbst als Highland-Malts bezeichnet. Die Glenfarclas-Destillerie liegt jedoch in der Whiskyregion Speyside.
Der klassische Einstieg in die Whiskys erfolgt über Glenfarclas 10 Jahre und Glenfarclas 12 Jahre. Der hier vorgestellte Glenfarclas 15 Jahre bildet den beliebten Mittelpunkt der Range, die auch mit alten Spezialitäten wie dem exzellenten Glenfarclas 21 Jahre und dem ebenfalls empfehlenswerten Glenfarclas 25 Jahre aufwarten kann.
Optisch wirken die Glenfarclas-Whiskys mit ihrem cremefarbenen Etikett eher unscheinbar und fast ein wenig angestaubt. Die Marke setzt wenig auf Marketing und möchte stattdessen mit Inhalten (sprich: guten Whiskys) überzeugen. Die Beliebtheit der Brennerei unter Whisky-Genießern beweist, dass ihr das seit Jahren sehr gut gelingt.

Was steckt drin, wo Glenfarclas 15 Jahre draufsteht?
Die Gerste: Der Glenfarclas 15 Jahre wird aus ungetorfter Gerste hergestellt, die von den Großmälzereien Muntons und Simpsons zugeliefert wird.
Die Destillation: Im Stillhouse der Brennerei stehen insgesamt sechs kupferne Brennblasen, welche direkt mit Gas befeuert werden. Das direkte Befeuern der Stills hat in Schottland heute Seltenheitswert. Fast alle Destillerien haben auf die indirekte Befeuerung durch Wasserdampf umgestellt.
Die Fässer: Für die Reifung des Glenfarclas 15 Jahre werden Sherry-Casks verwendet, wobei es sich höchstwahrscheinlich um Oloroso-Sherry-Casks handelt. Glenfarclas arbeitet seit 25 Jahren mit der spanischen Bodega José y Miguel Martin zusammen, welche die Fässer mit dem Jerez-Wein vorbefüllt. Der Glenfarclas 15 Jahre reift ebenso wie die weiteren Malts der Destillerie ganz traditionell in Dunnage-Warehouses. Auf dem Gelände der Brennerei können auf diese Weise aktuell rund 96.000 Eichenholzfässer mit Whisky gereift werden.
Die Abfüllung: Der Glenfarclas 15 Jahre wird mit etwas stärkeren 46 % Alkohol abgefüllt, welches sich positiv auf das Geschmackserlebnis auswirkt. Er kommt naturbelassen, das heißt unfiltriert und ungefärbt in die Flasche.

Unser Tasting des Glenfarclas 15 Jahre
Wie riecht er?
Eine würzige leicht säuerliche Note durchzieht den Glenfarclas 15 Jahre. Sie wird von einem leicht trockenen Sherrygeruch ergänzt. Wir riechen Sahnekaramell, Orangenschalen, Kiwi und Spekulatius sowie eine Spur grünen Apfel. Ein Whisky, der schon in der Nase Spaß macht.
Wie schmeckt er?
Im Mund präsentiert sich der Glenfarclas 15 Jahre zunächst mild, lässt dann jedoch auch die würzigen Sherryaromen stärker zur Geltung kommen. Wir schmecken Malz, Orangenschalen, Datteln und Rosinen. Dann kommen Noten von heller Schokolade mit Nüssen, Eichenholznoten, sowie einer Spur schwarzem Pfeffer. Der Single Malt ist im Mund angenehm komplex und ausbalanciert.
Aktualisiert am 6.06.2023 um 02:36 Uhr | Affiliate Links | Foto: Amazon PA API
4 Kommentare
Hallo,
vielen Dank für den angenehm beschriebenen Review. Ich habe eine grundsätzliche Frage, welche mir Mr. Google auch nach kurzer Recherche nicht beantworten konnte:
Warum kann Glenfarclas ihre Abfüllungen so günstig anbieten? Selbst der 25 Jahre alte Whisky ist in seiner Altersklasse nahezu Spitzenreiter, was den Preis angeht. Dazu auch noch non-chill filtered und natural colour.
Beachtet man die Logik der restlichen Whisky-Industrie, so könnte Glenfarclas seine Abfüllungen doch ohne weiteres zu einem höheren Preis verkaufen? Hat das was mit Familienbesitz und Marketingausgaben zu tun?
Freue mich auf euren Input!
Viele Grüße,
Arthur
Das hängt zum Teil mit dem Mikroklima der Brennerei zusammen. Im Industrieschnitt verdunstet 2% des Fassvolumens pro Jahr. Bei Glenfarclas sind es nur 0,05% und damit gibt es einfach mehr “alten” Whisky und stabilere Preise.
Grüße
Hi Arthur,
Glenfarclas ist meines Wissens seit 1865 ununterbrochen in Betrieb. Sie verfügen auch hierdurch über einen der höchsten Bestände befüllter Whiskycasks aller schottischen Destillen und haben somit auch die entsprechenden Mengen, die verkauft werden wollen. Denke aber auch, dass der Familienbesitz und damit ggfs. auch ein etwas anderer Blick unter Renditegesichtspunkten Einfluss auf die Preisgestaltung hat.
Einen interessanten Einblick zu Glenfarclas findest du auch unter folgendem Link: http://www.maltmaniacs.net/e-pistles/e-pistle-1807-an-interview-with-george-grant/
Hallo Arthur,
vielen Dank erst einmal für deinen Kommentar. Die bereits erwähnten Fassbestände sind sicher ein wichtiger Punkt mit Blick auf die Preisgestaltung.
Hinzu kommt denke ich, dass Glenfarclas ein ziemlich traditionelles Profil hat: Sie machen ihre Age-Statements – und die auch wirklich exzellent – aber sie experimentieren eher wenig mit ungewöhnlichen Fässern. Diese Experimente sind häufig spannend für uns Genießer, aber eben auch kostspielig, nicht alle Fässer werden gut genug für eine Abfüllung, manche Sonderabfüllungen verkaufen sich schlecht usw.
Anders als die meisten anderen Destillerien investiert Glenfarclas auch eher wenig in Marketing: Flaschen und Etiketten sind zum Beispiel seit Jahren die gleichen, sie fahren keine teuren Werbekampagnen etc.
Und last but not least ist die Kombination aus ehrlichen sherrybetonten Whiskys und einem guten Preis-Genuss-Verhältnis doch genau das, wofür so viele Fans die Marke lieben. Es würde Glenfarclas schwer fallen, die Preise plötzlich stark zu erhöhen, weil diese gewissermaßen Teil der Marke sind – zum Glück für uns!
Viele Grüße
Lukas vom Malt Whisky Magazin