Ardbeg hatte in den letzten Jahren immer mit einem Dilemma zu kämpfen: Die Whiskys waren einfach zu beliebt und gleichzeitig der Lagerbestand an alten Fässern zu gering, um ältere Abfüllungen beständig verfügbar herauszubringen. Wir erinnern uns an den Ardbeg Traigh Banh 19 Jahre, der ein sehr gelungener Whisky war, aber leider auch sofort vergriffen. Aktuell gibt es ihn nur noch mit Sammleraufschlag.

Längere Zeit hatte sich die Islay-Brennerei auch deshalb fast komplett auf Abfüllungen ohne Altersangabe verlegt: Von Ardbeg Uigeadail über Ardbeg Corryvreckan bis zu Ardbeg An Oa – stets musste man rätseln, wie alt der enthaltene Whisky denn nun tatsächlich ist. Gleiches galt für die jährlichen Sonderabfüllungen wie etwa der jüngst vorgestellte Ardbeg Blaaack.
Der Ardbeg 10 Jahre als großer Klassiker der Destillerie war der einzige ständig verfügbare Single Malt mit Age-Statement. Und der bekommt jetzt einen kleinen Bruder: Den Ardbeg Wee Beastie 5 Jahre.
Was steckt drin, wo Ardbeg Wee Beastie draufsteht?
Wenn die Schotten „Wee“ sagen, dann meinen sie etwas Kleines: „A wee dram“ ist ein kleiner Schluck (wobei der je nach Situation auch schon mal etwas größer ausfallen kann). Und Wee Beastie eben ein kleines „Tierchen“ bzw. passender wohl eher „Biest“.
Das lässt sich in diesem Fall wohl durchaus auf das Age-Statement beziehen: Mit 5 Jahren ist der Ardbeg Wee Beastie eher kurz gereift. Trotz seines jungen Alters hat der Islay-Whisky gleich zwei verschiedene Fassarten von innen gesehen: Der Ardbeg Wee Beastie reifte mindestens 5 Jahre lang sowohl in amerikanischen Ex-Bourbon-Barrels, als auch in Oloroso-Sherryfässern aus Andalusien.
Das prägendste Merkmal eines torfigen Single Malts ist natürlich der Peat-Gehalt. Ardbeg macht für den Wee Beastie hier keine Angabe, aber es steht zu vermuten, dass die Destillerie-typischen 50-65 ppm in der Gerste auch hier zum Einsatz kamen. Damit ist man bei Ardbeg etwas kräftiger unterwegs als bei seinen Nachbarn auf Islay.

Eine neue Standardabfüllung mit einem mutigen Age-Statement
Es ist schon mutig, einen Whisky mit einem so niedrigen Alter auf dem Etikett herauszubringen. Schnell ist der Vergleich zu älteren Abfüllungen da. Aber unsere Erfahrung zeigt, dass gerade Islay-Malts schon in jungen Jahren dank ihrer kräftigen Torfaromen häufig viel zu bieten haben.
Man denke nur an den großartigen Lagavulin 8 Jahre. Der ist halb so alt wie die Standardabfüllung mit 16 Jahren. Gut möglich, dass sich Ardbeg von seinem Erfolg für den Wee Beastie 5 Jahre hat inspirieren lassen – auch hier ist der kleine Bruder halb so alt wie der große Klassiker Ardbeg 10 Jahre…
Wie für Ardbeg-Whiskys üblich wird auch der Wee Beastie 5 Jahre nicht kühlgefiltert. Die eher blasse Farbe deutet zudem auf Natural Colour hin. Der junge Islay-Malt kommt mit etwas kräftigeren 47,4 % Alkohol in die typische Ardbeg-Flasche.
Und wir sind jetzt gespannt wie Bolle, ob der Wee Beastie wirklich so ein „Zungenkribbler“ ist, wie Whisky-Creator Dr. Bill Lumsden in der offiziellen Vorstellung des Neuzugangs verspricht.

Unser Tasting des Ardbeg Wee Beastie 5 Jahre
Wie riecht er?
Das Monsterchen von Ardbeg schmökert sofort los: Ein kräftig rauchiger und torfiger Auftakt mit frischen Nuancen steigt uns in die Nase. Süß-säuerliche Noten halten sich die Waage. Wir riechen Balsamico und Birnensaft, dazu Kochschinken und Tannennadeln. Weißer und schwarzer Pfeffer treffen auf salziges Salmiak-Lakritz. Auch sonst ist der Wee Beastie 5 Jahre bei den mineralischen Noten stark: Sie erinnern uns in ihrer Trockenheit an Steinstaub, aber auch an Teer. Immer wieder scheint das junge Alter durch, der Whisky noch einiges an New Make-Charakter. Spannend!
Wie schmeckt er?
Der trocken-mineralische Charakter ist im Geschmack noch ausgeprägter: Der Ardbeg Wee Beastie 5 Jahre schmeckt nach Felsen und Steinstaub, dazu markant nach Torf. Spuren von Kiefernharz lockern die Szenerie auf, dazu etwas herbe Zitronenschale. Von den Sherryfässern ist dagegen eher wenig zu schmecken. Ein dunkler, torfgeschwängerter Geschmack bleibt nach dem Abgang im Mund zurück.
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4 Kommentare
Ardbeg Wee Beastie muss man mögen oder nicht. Mir schmeckt er, aber nicht immer, da zu sehr nach Teer.
Dazwischen lieber mal einen Laphroaig (z.B. Quarter Cask oder 10 Jahre). Den bevorzugt meine Frau – ich liebe ihn auch, der ist nicht ganz so aggressiv und abgerundeter.
Familie Meier (seit 08/2020 Whisky-Fans)
Als Fan von Ardbeg, da allerdings vor allem vom “Uigeadail”, werde ich den bestimmt mal probieren. Allerdings kann ich kaum glauben, dass der genauso viel wie der 10-jährige kosten soll. Denn ich glaube kaum, dass er besser als sein doppelt so alter Bruder munden wird. Das täte mich sehr wundern. Von daher muß er sich preislich eigentlich etwas nach unten absetzen um erfolgreich zu sein.
Bei Lagavulin war merkwürdigerweise anfänglich der 8-jährige sogar teurer als der phänomenale und preisgekrönte 16-jährige. Da hat es sich aber inzwischen eingependelt und man bekommt den jüngeren günstiger. Lag wohl an der Verfügbarkeit am Anfang.
Hallo Bernd,
der Ardbeg Wee Beastie 5 Jahre ist in jedem Fall ein Dram oder zwei wert. Bei stark getorften Islay-Whiskys spielt das Alter in meinen Augen tatsächlich keine ganz so große Rolle wie bei anderen Abfüllungen – eben weil diese Malts von ihren kraftvollen und wuchtigen Rauch- und Torfaromen leben, die in jüngeren Jahren häufig noch intensiver sind!
Lass uns gerne wissen, wenn Du den Ardbeg Wee Beastie probiert hast – wir sind gespannt, wie er Dir gefällt!
Viele Grüße
Lukas vom Malt Whisky Magazin
@Bernd:
Oftmals ist das Alter in Bezug auf Islay Whiskys leicht überschätzt. Der Wee Beastie schmeckt völlig anders als der Ten oder die anderen Ardbegs und passt wunderbar ins Portfolio der Brennerei weil er etwas wilder wirkt als die anderen.
Gerade durch die kürzere Lagerzeit von 5 Jahren ist viel mehr Torfrauch-Geschmack enthalten. Nicht immer hat der Preis etwas mit dem Alter zu schaffen, siehe Ardbeg Uigeadail/Corryvreckan welches beide NAS-Whiskys sind oder auch viele Japan-Whiskys die inzwischen als NAS daherkommen aber Preis eines 12-18-jährigen Single Malts aufweisen können.